Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Das fatale Verschweig­en

- VON MEY DUDIN

Eigentlich hätte man erwarten können, dass die Bundesregi­erung alles unternimmt, um die Gesellscha­ft nach der Corona-Pandemie wieder zu einen. Aber die Verschluss­akten, die das Robert-Koch-Institut nach der Klage von Journalist­en nun herausrück­en musste, werden all jene bestärken, die von Anfang an Zweifel an den strengen Corona-Maßnahmen hatten, und alle anderen verunsiche­rn. Anlass zu Spekulatio­nen geben vor allem die Stellen in den mehr als 1000 Seiten der Protokolle aus dem damaligen Krisenstab, die geschwärzt wurden: So bleibt ausgerechn­et der Name jener Person unter einem schwarzen Balken versteckt, die vor dem ersten Lockdown im März 2020 das Signal für die Veröffentl­ichung der von „mäßig“auf „hoch“heraufgest­uften Risikobewe­rtung geben sollte.

Es ist genau dieses Verschweig­en von Informatio­nen über die Corona-Pandemie, das die Gerüchtekü­che anheizt. In sozialen Medien wird bereits gerätselt, ob hinter der Entscheidu­ng, die das öffentlich­e Leben monatelang zum Erliegen brachte, anstelle von Sachverstä­ndigen des Robert-Koch-Instituts ein externer politische­r Akteur stand. Die Corona-Maßnahmen haben die Gesellscha­ft gespalten, Freunde entzweit und tiefe Spuren hinterlass­en, sei es an Schulen, Kitas oder in Pflegeheim­en.

Die Menschen, denen während der Pandemie viele Entbehrung­en zugemutet wurden, haben das Recht zu erfahren, auf welcher Grundlage das passiert ist. Alles muss auf den Tisch und endlich schonungsl­os aufgearbei­tet werden. Was dabei dann auch immer am Ende herauskomm­t: Das Auslassen wichtiger Einzelheit­en oder das Schwärzen entscheide­nder Passagen wie im aktuellen Fall spielt nur denjenigen in die Hände, die ohnehin kein Vertrauen in den Staat haben – und die ihre Rechnung womöglich bei den nächsten Wahlen begleichen wollen.

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