Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Sorge um Sicherheit bei Fußball-EM
Nach dem Terroranschlag in Moskau wächst das Bedenken um mögliche Angriffe auch in Deutschland. Innenministerin Nancy Faeser sagt, die Kräfte würden zur Europameisterschaft hin gebündelt. Zum Schutz geraten außerdem die deutschen Grenzen ins Visier.
BERLIN Die Stadien bei der am 14. Juni beginnenden Fußball-Europameisterschaft in Deutschland werden voll sein, Zehntausende dürften die Spiele beim PublicViewing verfolgen. Nach dem Terroranschlag von Moskau und einer „akuten“Bedrohung auch hierzulande durch islamistische Terrorgruppen richten sich die Blicke jetzt erneut auf die Sicherheit der EM.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte unserer Redaktion: „Für mich hat die Sicherheit der EURO höchste Priorität.“Der Fokus reiche vom Schutz vor Islamisten und anderen Extremisten bis hin zu Hooligans sowie der Sicherheit der Netze vor Cyberangriffen. „Zur EURO bündeln wir die Kräfte der Sicherheitsbehörden nochmals stärker und stellen uns auf alle möglichen Gefahren ein“, so die Innenministerin. Zugleich betonte Faeser, die Zusammenarbeit mit den Ländern sei „hervorragend“. Insbesondere mit Nordrhein-Westfalen. Denn im „International Police Cooperation Center“in Neuss würden viele Fäden zusammenlaufen.
„Wir werden während des Turniers an allen deutschen Grenzen vorübergehende Grenzkontrollen vornehmen, um mögliche Gewalttäter an der Einreise hindern zu können“, ergänzte Faeser: „Das ist notwendig, um dieses internationale Großereignis bestmöglich zu schützen.“Auch besuche sie die Austragungsorte der EM-Spiele vorher, um mit allen Akteuren über die Sicherheitsmaßnahmen zu sprechen. „Dabei geht es um die Reisewege der Nationalmannschaften, der Gäste und Fans. Es geht um die Sicherheit in den Stadion und FanZonen“, erklärte Faeser. In einem Bericht der Sicherheitsbehörden, der deklariert ist mit „Verschlusssache – nur für den Dienstgebrauch“, wird vom Bürgertelefon und dem Umgang mit den Medien und Pyrotechnik bis zu lebensbedrohlichen Einsatzlagen akribisch aufgelistet, welche Sicherheitsmaßnahmen zu treffen sind. In NRW sind neben dem Innenministerium das Landesamt für zentrale polizeiliche Dienste in Duisburg, das Landesamt für Ausbildung der Polizei sowie das Landeskriminalamtin Düsseldorf mit Umsetzung und Planung betraut.
In NRW liegen den Sicherheitsbehörden derzeit keine Erkenntnisse vor, die auf eine konkrete Gefährdung der Fußball-EM hindeuten. „Die gesamte Veranstaltung unterliegt insoweit einem abstrakten Gefährdungspotential, das solchen internationalen Sportgroßveranstaltungen grundsätzlich innewohnt“, heißt es aus dem NRW-Innenministerium.
„Besonders in diesen Zeiten ist es wichtig, unserer Polizei und den Sicherheitsbehörden mehr Befugnisse an die Hand zu geben. Polizei und Verfassungsschutz können nur vor die Lage kommen, wenn sie Terroristen auch technisch einen Schritt voraus sind“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) unserer Redaktion. „Die Angst davor, dass etwas passiert, darf uns nicht lähmen. Terroristen bekommen, was sie wollen, wenn wir mit Angst durchs Leben gehen. Trotzdem werden wir in diesen Tagen nicht nur wachsam, sondern hellwach sein“, so der Landesinnenminister weiter.
Seitens der Polizei hieß es, man sei gut auf das Turnier vorbereitet. „In der Bundespolizei gibt es eine Urlaubssperre zur EM. So können wir auf größtmögliche personelle Verfügbarkeit zurückgreifen“, betonte Andreas Roßkopf, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) für den Bereich Bundespolizei. Man werde das Turnier mit „maximaler Stärke“schützen. Zugleich erklärte der Gewerkschafter: „Unsere Einsatzkräfte werden auf alle Situationen vorbereitet. Auch die Spezialkräfte sind instruiert im Zusammenspiel mit den Landespolizeien.“
Durch die Fußball-WM 2006 und die G7-Gipfel in Deutschland habe man „beste Erfahrungen mit solchen Einsatzlagen. Wir sind auf alle Szenarien gut vorbereitet“. Der Vize-Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Alexander Poitz, sagte, für die EM gebe es ein ausgefeiltes Sicherheitskonzept, das von gezielten Einreisekontrollen bis zur Drohnenabwehr reiche: „Aber wir sollten auch keinen Terroranschlag herbeireden. Das würde nur den Terroristen nutzen.“
Zur Abwehr eines terroristischen Angriffs rechnet der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Dirk Wiese, auch mit temporären Grenzschließungen. „Im Hinblick auf die in diesem Jahr stattfindenden Sport-Großereignisse FußballEM und Olympische Spiele werden temporäre Grenzschließungen zur verstärkten Kontrolle erforderlich sein“, sagte Wiese unserer Redaktion. Der Innenexperte ergänzte: „Hierauf wird sich bereits seit Monaten intensiv vorbereitet.“Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), betonte auf Nachfrage: „Wir müssen darauf vorbereitet sein, dass volle Fußballstadien und Tausende Menschen bei Public Viewings auch bei der EM in Deutschland potenzielle Terrorziele sind.“Die Politik müsse daher den Sicherheitsbehörden alle Instrumente in die Hand geben, um die Gefahr angemessen im Blick zu behalten.