Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Frauenhäuser am Limit
Häusliche Gewalt nimmt zu – an Feiertagen ist das Risiko besonders hoch.
BERLIN Während viele Familien an Ostern die freien Tage genießen, droht in anderen häusliche Gewalt. „An Feiertagen können sich bestehende Konflikte schnell zuspitzen, wenn die ganze Familie zu Hause ist. Die Hilfestellen stoßen dann teilweise an ihre Grenzen, und zwar gerade in Bundesländern, wo die Finanzierung unsicher ist“, sagt Dorothea Hecht vom Verein Frauenhauskoordinierung unserer Redaktion.
Die Polizeistatistiken zu häuslicher Gewalt zeichnen ohnehin ein beunruhigendes Bild: Danach gab es 2022 mehr als 240.000 Opfer, überwiegend Frauen, die von Männern attackiert worden sind. Die Tendenz ist steigend. Statistisch wird hierzulande jeden dritten Tag eine Frau durch ihren Partner oder Ex-Partner getötet.
Zunehmende Brutalität trifft also auf ein System, dem an allen Stellen das Geld fehlt. So müssen Frauenhäuser regelmäßig Schutzsuchende abweisen, weil die 6800 Plätze, die es bundesweit gibt, bei Weitem nicht reichen. Nötig wären zusätzlich bis zu 15.000 Plätze, wenn Deutschland die Istanbul-Konvention erfüllen will. Das Abkommen des Europarats zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen verlangt von den Unterzeichnerstaaten unter anderem eine Mindestzahl an Schutzplätzen in allen Regionen des Landes. In rund 90 Landkreisen und kreisfreien Städten gibt es die nicht.
Hinzu kommt: Bundesweit gibt es keine einheitlichen Regelungen zur Finanzierung. Während zum Beispiel Frauenhäuser in Hamburg pauschal finanziert werden, allerdings nur auf freiwilliger Basis, gibt es in den meisten Bundesländern noch nicht einmal das. Frauen müssen dann im Zweifel sogar einen Eigenanteil beisteuern.
Kathrin Sonnenholzner, Präsidentin der Arbeiterwohlfahrt, kritisiert das scharf: „Es kann doch nicht sein, dass es vom Wohnort abhängt, ob eine Frau Hilfe bekommt, wenn sie in einer Bedrohungssituation ist.“Bisher sei das so, weil es keine bundesweit geltende Verpflichtung zum Vorhalten von Schutz und Beratung gebe – jede Kommune könne selbst entscheiden, welche Angebote sie hier mache.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hat angekündigt, Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen finanziell zu stärken. Einzelheiten zu diesem Vorhaben sind allerdings noch nicht bekannt. Und in Zeiten klammer Kassen ist mehr als offen, ob es dafür Geld geben wird.