Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
„Angeklagter wollte Polizisten vorführen“– 1000 Euro Strafe
Ein 67-Jähriger Wermelskirchener wurde zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er gegen die Verletzlichkeit des gesprochenen Wortes verstoßen hat.
WERMELSKIRCHEN Dass gegen einen Strafbefehl Widerspruch eingelegt wird, ist nicht ungewöhnlich. Was sich aber vor dem Amtsgericht Wermelskirchen kürzlich in einer Verhandlung abspielte, war dann doch nicht ganz alltäglich. Auffällig war schon zu Beginn das große öffentliche Interesse an der Verhandlung, eine gute Handvoll Menschen war in den Zuschauerraum gekommen.
Als dann kurz einmal unterbrochen wurde, weil die Rechtsanwältin sich mit ihrem Mandanten beraten wollte, stellte einer der Anwesenden der Richterin die Frage: „Welches Recht gilt hier?“Als die
Richterin daraufhin kurz die Strafprozessordnung erwähnte, fuhr der Mann fort: „Sie wissen, dass es ein höchstes Recht gibt, das Menschenrecht.“Das bog die Richterin dann aber direkt ab: „Darüber diskutiere ich mit Ihnen in meinem Gerichtssaal nicht.“
In diese Richtung ging es dann auch im Prozess gegen den 67-jährigen Wermelskirchener. Ihm wurde vorgeworfen, gegen die Verletzlichkeit des gesprochenen Wortes verstoßen zu haben – ein Delikt, das zumindest in Wermelskirchen auch nicht allzuoft angeklagt wurde. Konkret ging es um einen Polizeieinsatz im November 2022, als der Angeklagte Besuch von einem Polizeibeamten
bekam, der eine Geldstrafe einfordern wollte.
Bei seinem Besuch in der Wohnung hatte der Angeklagte den Beamten gefilmt und das auch auf dessen Aufforderung nicht unterlassen. Ein Versehen, so lautete die Aussage des Angeklagten, der nur eine Erklärung verlesen ließ und sich sonst nicht äußern wollte. „Ich habe mit einer neuen Unterwasserkamera herumgespielt, als es klingelte, habe ich sie neben der Tür abgestellt und vergessen, dass sie noch an war“, so hieß es in der Erklärung. Er habe die 30 Euro Geldstrafe auch gehabt, allerdings in Kleingeld, das er in Plastiktüten abgezählt vorliegen habe. „Weil ich mein Konto aufgelöst habe“, wie der Angeklagte sagte.
Soweit, so vielleicht möglich. Wenn da nicht die Aufnahmen gewesen wären, die dem Gericht vorlagen und die auch gezeigt wurden. Und in der ein gänzlich anderes Bild deutlich wurde. Denn hier war der Raum zu sehen, darin der Mann, der nach dem Klingeln an der Tür eine Kamera auf einem Sideboard im Raum abstellte – und sie dann noch auf den Raum ausrichtete.
„Das ist etwas ganz anderes als neben der Tür abstellen‘“, kommentierte die Richterin. Während des Aufenthalts des Beamten sagte der Angeklagte deutlich hörbar: „Meine Wohnung ist videoüberwacht. In meiner Wohnung kann ich machen, was ich will.“Der Beamte bestritt das und sagte, dass der Angeklagte die Kamera ausmachen sollte, weil er nicht gefilmt werden wollte. „Wollen Sie nicht doch mal kurz unter vier Augen mit Ihrem Mandanten sprechen“, fragte die Richterin die Verteidigerin. Ohne Ergebnis. „Er wird sich in keinster Weise mehr äußern“, sagte sie nach der Unterbrechung.
Der Videobeweis, wenn man ihn so nennen wollte, war dann eindeutig. „Die Vertraulichkeit des Wortes ist hier eindeutig verletzt worden. Der Angeklagte wollte den Polizeibeamten vorführen, zu diesem Zweck hat er die Kamera so positioniert, dass die Szene mit dem Kleingeld aufgenommen werden konnte. Niemand muss dulden, dass seine gesprochenen Worte aufgenommen werden“, sagte der Staatsanwalt und forderte 50 Tagessätze zu 20 Euro. Die Verteidigung forderte hingegen einen Freispruch wegen mangelnden Vorsatzes.
Die Richterin sah es hingegen wie der Staatsanwalt. „Ich finde es schade, dass hier nullkommanull Einsicht ist, obwohl deutlich sichtbar ist, dass Sie hier vorsätzlich die Kamera zur Aufnahme ausgerichtet haben. Insofern ist der ursprüngliche Haftbefehl auch zu niedrig angesetzt, so dass hier 50 Tagessätze angemessen erscheinen“, sagte sie.