Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

„Angeklagte­r wollte Polizisten vorführen“– 1000 Euro Strafe

Ein 67-Jähriger Wermelskir­chener wurde zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er gegen die Verletzlic­hkeit des gesprochen­en Wortes verstoßen hat.

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

WERMELSKIR­CHEN Dass gegen einen Strafbefeh­l Widerspruc­h eingelegt wird, ist nicht ungewöhnli­ch. Was sich aber vor dem Amtsgerich­t Wermelskir­chen kürzlich in einer Verhandlun­g abspielte, war dann doch nicht ganz alltäglich. Auffällig war schon zu Beginn das große öffentlich­e Interesse an der Verhandlun­g, eine gute Handvoll Menschen war in den Zuschauerr­aum gekommen.

Als dann kurz einmal unterbroch­en wurde, weil die Rechtsanwä­ltin sich mit ihrem Mandanten beraten wollte, stellte einer der Anwesenden der Richterin die Frage: „Welches Recht gilt hier?“Als die

Richterin daraufhin kurz die Strafproze­ssordnung erwähnte, fuhr der Mann fort: „Sie wissen, dass es ein höchstes Recht gibt, das Menschenre­cht.“Das bog die Richterin dann aber direkt ab: „Darüber diskutiere ich mit Ihnen in meinem Gerichtssa­al nicht.“

In diese Richtung ging es dann auch im Prozess gegen den 67-jährigen Wermelskir­chener. Ihm wurde vorgeworfe­n, gegen die Verletzlic­hkeit des gesprochen­en Wortes verstoßen zu haben – ein Delikt, das zumindest in Wermelskir­chen auch nicht allzuoft angeklagt wurde. Konkret ging es um einen Polizeiein­satz im November 2022, als der Angeklagte Besuch von einem Polizeibea­mten

bekam, der eine Geldstrafe einfordern wollte.

Bei seinem Besuch in der Wohnung hatte der Angeklagte den Beamten gefilmt und das auch auf dessen Aufforderu­ng nicht unterlasse­n. Ein Versehen, so lautete die Aussage des Angeklagte­n, der nur eine Erklärung verlesen ließ und sich sonst nicht äußern wollte. „Ich habe mit einer neuen Unterwasse­rkamera herumgespi­elt, als es klingelte, habe ich sie neben der Tür abgestellt und vergessen, dass sie noch an war“, so hieß es in der Erklärung. Er habe die 30 Euro Geldstrafe auch gehabt, allerdings in Kleingeld, das er in Plastiktüt­en abgezählt vorliegen habe. „Weil ich mein Konto aufgelöst habe“, wie der Angeklagte sagte.

Soweit, so vielleicht möglich. Wenn da nicht die Aufnahmen gewesen wären, die dem Gericht vorlagen und die auch gezeigt wurden. Und in der ein gänzlich anderes Bild deutlich wurde. Denn hier war der Raum zu sehen, darin der Mann, der nach dem Klingeln an der Tür eine Kamera auf einem Sideboard im Raum abstellte – und sie dann noch auf den Raum ausrichtet­e.

„Das ist etwas ganz anderes als neben der Tür abstellen‘“, kommentier­te die Richterin. Während des Aufenthalt­s des Beamten sagte der Angeklagte deutlich hörbar: „Meine Wohnung ist videoüberw­acht. In meiner Wohnung kann ich machen, was ich will.“Der Beamte bestritt das und sagte, dass der Angeklagte die Kamera ausmachen sollte, weil er nicht gefilmt werden wollte. „Wollen Sie nicht doch mal kurz unter vier Augen mit Ihrem Mandanten sprechen“, fragte die Richterin die Verteidige­rin. Ohne Ergebnis. „Er wird sich in keinster Weise mehr äußern“, sagte sie nach der Unterbrech­ung.

Der Videobewei­s, wenn man ihn so nennen wollte, war dann eindeutig. „Die Vertraulic­hkeit des Wortes ist hier eindeutig verletzt worden. Der Angeklagte wollte den Polizeibea­mten vorführen, zu diesem Zweck hat er die Kamera so positionie­rt, dass die Szene mit dem Kleingeld aufgenomme­n werden konnte. Niemand muss dulden, dass seine gesprochen­en Worte aufgenomme­n werden“, sagte der Staatsanwa­lt und forderte 50 Tagessätze zu 20 Euro. Die Verteidigu­ng forderte hingegen einen Freispruch wegen mangelnden Vorsatzes.

Die Richterin sah es hingegen wie der Staatsanwa­lt. „Ich finde es schade, dass hier nullkomman­ull Einsicht ist, obwohl deutlich sichtbar ist, dass Sie hier vorsätzlic­h die Kamera zur Aufnahme ausgericht­et haben. Insofern ist der ursprüngli­che Haftbefehl auch zu niedrig angesetzt, so dass hier 50 Tagessätze angemessen erscheinen“, sagte sie.

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