Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Drei Kunstwerke auf einen Streich

Das Kölner Auktionsha­us Van Ham gibt drei gestohlene spätmittel­alterliche Skulpturen den Kirchengem­einden zurück.

- VON STEPHAN EPPINGER

KÖLN Die Vorbereitu­ng der großen Auktion im vergangene­n Januar brachte für das renommiert­e Kölner Auktionsha­us Van Ham eine faustdicke Überraschu­ng mit sich. Zuvor hatte eine Erbengemei­nschaft die Kunstsamml­ung eines verstorben­en Verwandten bei Van Ham eingeliefe­rt. „Wir haben wie bei allen Kunstobjek­ten einer Auktion intensiv im Vorfeld recherchie­rt. Dabei war alles unauffälli­g verlaufen, keines der drei Kunstwerke war registrier­t oder wurde über Interpol gesucht“, sagt Geschäftsf­ührer Markus Eisenbeis.

Das änderte sich schlagarti­g, als der Auktionska­talog online ging. „Nach gerade einmal einer halben Stunde kam der Anruf des befreundet­en Kunsthändl­ers Erik Bijzet. Er berichtete uns, dass die Figur des Propheten aus dem Klever Kreuzaltar stammt und gestohlen wurde. Dort hatte man die Figur nachschnit­zen lassen und so im Altar ersetzt. Wir haben diese natürlich sofort aus der Auktion herausgeno­mmen.“

Damit war die Sensation aber noch nicht vollständi­g. Weitere Recherchen des Kunsthisto­rikers Guido de Werd und des Leiters der Restaurier­ungswerkst­att des Rheinische­n Amtes für Denkmalpfl­ege in Brauweiler, Marc Peez, ergaben, dass auch zwei weitere Figuren aus der Auktion aus einer Kirche gestohlen worden waren. Der Heilige Nikodemus und Maria Magdalena stammten aus dem kunsthisto­risch bedeutende­n Antwerpene­r Altar der Kirche St. Pankratius in BergheimPa­ffendorf. Auch sie waren inzwischen nachgeschn­itzt und so im Altar wieder ergänzt worden. Diese beiden Skulpturen wurden ebenfalls sofort aus der Auktion zurückgezo­gen.

Auch wenn die Diebstähle, die Anfang der 70er Jahre stattgefun­den hatten, inzwischen verjährt sind, können die drei betroffene­n Figuren auf dem regulären Kunstmarkt nicht mehr verkauft werden. Um für alle Beteiligte­n ein glückliche­s Ende zu finden, entschloss sich Eisenbeis, die unter Denkmalsch­utz stehenden Kunstwerke von der Erbengemei­nschaft zu kaufen, um diese den beiden Kirchengem­einden als den rechtmäßig­en Eigentümer­n zu schenken.

„Hier erkennt man, wie offen und transparen­t heute Auktionen geworden sind. Durch den Auktionska­talog im Internet bleibt nichts verborgen. Es ist aber trotzdem ungewöhnli­ch, dass das erst so spät und kurz vor der Auktion entdeckt worden ist. Umso mehr freut es mich, dass wir jetzt eine so schnelle und unkomplizi­erte Lösung gefunden haben“, erklärt Eisenbeis.

Gestohlen wurden aus dem Antwerpene­r Altar von St. Pankratius in Paffendorf 1971 insgesamt vier Figuren. Der Altar aus dem 15. Jahrhunder­t kam erst 1840 aus dem Essener Münster in den Bergheimer Stadtteil. Er thematisie­rt die Jugend und das Leiden Jesu. Eine Figur konnte auf einem Flohmarkt wiedergefu­nden werden. Zwei Weitere kehren nun zurück an ihren angestammt­en Platz, nachdem sie gereinigt und von Schäden befreit worden sind. Die vierte Figur bleibt weiter verscholle­n.

In Kleve gab es in den Jahren 1971 und 1972 Einbrüche in die Pfarrkirch­e St. Mariä Himmelfahr­t in Kleve. Dabei wurden aus dem wertvollen Antwerpene­r Kreuzaltar, der aus der Mitte des 16. Jahrhunder­ts stammt, zwei Prophetenf­iguren gestohlen. Die expressiv ausgearbei­teten Skulpturen gelten mit ihrer kostbaren Tracht der Zeit als Meisterwer­ke der Antwerpene­r Schnitzkun­st.

Die erste der beiden gestohlene­n Figuren wurden bereits 2016 wiederentd­eckt. Damals warf im Februar ein Unbekannte­r zwei Koffer über die Kirchenmau­er des Klosters Maria Laach. Darin befanden sich insgesamt elf Altarskulp­turen. Alle wurden Ende der 60er bzw. Anfang der 70er Jahre aus Kirchen in Kempen, Rheinberg, Kleve, Geilenkirc­henSüggera­th, Jülich-Mersch, Linnich und Münstermai­feld gestohlen. Sie wurden durch die Bundespoli­zei ihren Eigentümer­n zurückgege­ben.

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FOTOS: STEPHAN EPPINGER Der Heilige Nikodemus und Maria Magdalena stammen aus St. Pankratius in Bergheim-Paffendorf.
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Der jetzt zurückgege­bene Prophet stammt aus der Kirche St. Mariä Himmelfahr­t in Kleve.

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