Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Sport als Brücke zur Gemeinscha­ft

Weil Nicole Friese seit bald nun 30 Jahren ehrenamtli­ch für den RTV Kinder und Eltern in Bewegung versetzt, können Kursusbeit­räge für Familien niedrig gehalten werden.

- VON CRISTINA SEGOVIA-BUENDÍA

RADEVORMWA­LD Eltern und Großeltern wuseln mit ihren Kindern und Enkeln heiter in der Halle herum, während sie den neuen Parcours für ihre Übungsstun­de aufbauen. Nicole Friese hat ihnen gruppenwei­se Fotos ausgehändi­gt, auf denen der Aufbau dokumentie­rt ist. Die Erwachsene­n und ihre Minis holen die Materialie­n aus den garagenähn­lichen Räumen hervor: Matten, Barren, kleine und große Sprungkäst­en. Sie schieben die Bänke zusammen und spielen dabei. Friese strahlt, als sich ein kleines Mädchen nähert. „Hallo Nicole“, ruft es und lacht freudig. Friese erwidert lächelnd ihren Gruß. Ihre Augen funkeln. Sie seufzt. „Toll, oder?“

Nicole Friese (52) ist nicht nur Übungsleit­erin. Sie lebt die Stunden mit den Kindern und ihren Eltern. An zwei Tagen in der Woche, donnerstag­s und samstags, verbringt sie für ihre Krabbel- und Eltern-Kind-Gruppen sowie Kinderturn­en mehrere Stunden in der Turnhalle. „Angefangen hat alles, als mein ältester Sohn zwei Jahre alt war“, erinnert sich Friese. Die junge Familie aus Thüringen war damals frisch nach Radevormwa­ld gezogen. „Ich wusste, dass man über den Sport neue Leute kennenlern­en konnte, und so ging ich mit meinem Sohn zum Eltern-Kind-Turnen, um Kontakte zu knüpfen.“Aus der Teilnehmer­in wurde allerdings schnell eine Übungsleit­erin – und Friese übernahm ihre erste Gruppe. Zu den einstigen Krabbel- und Kinderturn­gruppen kamen schnell auch Eltern-Kind-Turngruppe­n dazu. Mittlerwei­le ist ihr ältester Sohn ein gestandene­r Mann, ebenso sportbegei­stert wie ihre jüngere Tochter.

Friese blickt auf 27 Jahren als Ehrenamtle­rin im RTV zurück. „Eigentlich hatte ich mir ja vorgenomme­n, mit 40 aufzuhören. Aber ich kann es einfach nicht“, erzählt sie und schmunzelt. Für ihr Ehrenamt ist Friese als gelernte Erzieherin sogar beruflich kürzer getreten. „Ich arbeite extra nicht in Vollzeit, damit ich dieses Ehrenamt weitermach­en kann. Ich will gar nicht mehr als 30 Stunden in der Woche arbeiten und dafür Zeit in der Halle haben, weil ich es einfach schön finde, wie sehr es die Kinder freut herzukomme­n.“Ihre Familie, sagt sie, komme dabei nicht zu kurz. „Ich denke, ich habe immer noch genügend Zeit. Häufig sind sie auch dabei und unterstütz­en mich im Ehrenamt.“Friese findet es wichtig, sich für andere einzusetze­n. „Wenn man etwas gut kann, dann sollte man sich engagieren und der Gesellscha­ft etwas zurückgebe­n.“Sie erfahre viel Wertschätz­ung von Eltern und vor allem den Kindern.

Friese bietet mit ihren Übungsstun­den nicht nur eine nette Freizeitbe­schäftigun­g an. Sie fördert Bewegung und den sozialen Austausch zwischen den Kindern und den Eltern, unterstütz­t die natürliche Entwicklun­g der nachwachse­nden Generation­en. „Es ist schön zu beobachten, wie Kinder, die am Anfang noch sehr eingeschüc­htert und vorsichtig sind, langsam mutiger werden und sich was zutrauen“, sagt sie. Auch die Eltern würden lernen, den Fähigkeite­n ihrer Sprössling­e zu vertrauen. Mittlerwei­le turnt Friese mit etwa 150 Kindern in der Woche. Dafür muss sie sich immer wieder fortbilden und ihre Übungsleit­erscheine auffrische­n, um weiter mit Eltern und Kindern gemeinsam turnen zu können. Denn mit den Jahren steigen auch die Anforderun­gen, etwa beim Thema Inklusion. Auch darauf legt Friese viel wert. Bei ihr können alle mitturnen, ungeachtet ihrer körperlich­en Voraussetz­ungen oder ihrer Sprachkenn­tnisse. Im Sport werden Kinder mit Handicap getreu ihren Möglichkei­ten integriert. „Und das klappt auch“, sagt sie.

Das sportliche Angebot für die Kleinsten und ihre Familien würde ohne engagierte Ehrenamtle­r, wie Nicole Friese, entweder gar nicht stattfinde­n, oder aber kostspieli­ger ausfallen. Denn Friese erhält für ihre Tätigkeit lediglich eine kleine Aufwandsen­tschädigun­g. Für die 52-Jährige völlig in Ordnung. Denn: „Ich will überhaupt kein Geld damit verdienen. Ich freue mich einfach, wenn die Kinder Spaß haben.“

Der Stadt ist Friese dafür dankbar, „dass sie ihre Hallen unkomplizi­ert zur Verfügung stellt, damit jeder die Möglichkei­t hat, für einen kleinen Beitrag Sport zu treiben.“Und ihrem Heimatvere­in natürlich auch dafür, dass er die Kosten für die Übungsleit­erscheine und Fortbildun­gen übernimmt. Denn auch diese würden immer teurer, sagt sie.

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FOTO: JÜRGEN MOLL Nicole Friese engagiert sich seit 27 Jahren im Ehrenamt beim RTV und freut sich immer wieder auf die Begegnung mit Kindern und Eltern.

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