Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Wüsts Werte erhöhen den Druck
Die Freude im Lager von Hendrik Wüst dürfte angesichts der neuen Umfragewerte groß sein. Demnach hätte der 48-jährige Ministerpräsident hervorragende Chancen, Kanzler Olaf Scholz auf die Plätze zu verweisen. Beim Chef der Unionsfraktion, Friedrich Merz, ist die Sache mit nur einem Punkt Vorsprung weniger klar. Nun darf man nicht vergessen, dass die Umfrage nur unter Menschen aus Nordrhein-Westfalen gemacht wurde. Aber immerhin lebt ein Fünftel der Wahlberechtigten an Rhein und Ruhr. Ignorieren lässt sich aus CDU-Sicht das Ergebnis des NRW-Checks also nicht. Mit solchen Zahlen im Rücken wird der Druck auf Wüst steigen, seinen Hut in Sachen Kanzlerkandidatur in den Ring zu werfen. Wenn tatsächlich das Diktum gilt, dass derjenige antreten muss, der am besten ankommt, dann führt an ihm offenbar kaum ein Weg vorbei. Dass sich Merz einfach damit abfinden wird, ist aber unwahrscheinlich. Die Wahl 2025 ist seine letzte Chance, nach der Kanzlerschaft zu greifen. Entsprechend spürbar ist die Anspannung. Schon Wüsts erstes leicht angedeutetes Interesse im Sommer 2023 reizte den CDUChef so sehr, dass er sich öffentlich abfällig über die Regierungsmannschaft in Düsseldorf äußerte.
Für die Union ist die Situation durchaus riskant – und alles andere als Neuland. Schließlich war nicht nur das Lachen bei einem Besuch im nordrhein-westfälischen Flutgebiet dafür verantwortlich, dass Armin Laschet am Ende das Rennen um die Kanzlerschaft gegen Olaf Scholz verlor. Das ständige Sperrfeuer des „Kanzlerkandidaten der Herzen“Markus Söder aus Bayern war mindestens genauso kontraproduktiv. Sollten die drei Landtagswahlen im Osten dieses Jahr so krachend für die CDU verloren gehen, wie es derzeit aussieht, wird dies zunehmend zum Problem für Friedrich Merz werden. Und hält der Umfragetrend an, wird Hendrik Wüst sein Glück wagen müssen.