Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Europa interessiert eher Männer als Frauen
Die EU ist für die Menschen in NRW sehr wichtig, doch die Begeisterung variiert je nach Geschlecht, Alter und Einkommen.
DÜSSELDORF Nordrhein-Westfalen liegt im Zentrum des am stärksten verdichteten Raums der Europäischen Union. Von Amsterdam über Paris und die Gebiete rechts und links des Rheins bis Lyon und Mailand erstreckt sich eine hoch entwickelte Region, die auf andere Teile in der EU stark abstrahlt. Es ist daher nur folgerichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger hier sich intensiv mit Europa beschäftigen. 60 Prozent der Befragten interessieren sich laut NRW-Check stark oder sehr stark für alles, was auf EU-Ebene politisch geschieht. 38 Prozent haben kein Interesse. Bemerkenswert ist, dass es große Unterschiede zwischen stark interessierten Männern (70 Prozent) und etwas weniger neugierigen Frauen (51), aber auch bei den verschiedenen Altersgruppen gibt. Dort sind es vor allem die ganz Jungen (65 Prozent) und die Alten (74), die großes Interesse zeigen.
Erstaunlich ist freilich, dass nur 41 Prozent der Befragten überhaupt wissen, dass im Juni gewählt wird. Bei der zweitjüngsten Gruppe (30 bis 44 Jahre) sind es sogar nur 31 Prozent, bei denen mit einem Haushaltseinkommen von monatlich weniger als 2000 Euro netto lediglich 30 Prozent. Gleichwohl wollen sich 87 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in NRW an der Wahl beteiligen, bei den 18- bis 29-Jährigen sind es sogar 97 Prozent. Die Anhänger der Grünen kommen auf 99 Prozent Wahlbereitschaft, während das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mit 86 Prozent und die AfD mit 85 Prozent die niedrigsten Werte bei den Parteianhängern ausweisen.
Die Stimmung zu Europa ist überwiegend freundlich. Sowohl für Deutschland (bei 53 Prozent überwiegen die Vorteile) als auch für NRW (46) wird der Einfluss der EU mehrheitlich als positiv eingeschätzt. Nur 16 (für Deutschland) beziehungsweise 13 Prozent (für NRW) sehen jeweils die Nachteile als größer an. Nimmt man Deutschland als Maßstab, unterscheiden sich, was die Vorteile betrifft, Männer (59 Prozent) und Frauen (48) deutlich. Junge Leute bis 29 Jahre sehen am stärksten die guten Seiten (84), Beamte (73) sind wesentlich positiver gestimmt als Arbeiter (33). Es gilt auch: Je reicher jemand ist, desto stärker sieht er oder sie die Vorteile. Unter den Parteien begeistern sich die Grünen-Anhänger (87 Prozent) am meisten für Europa, AfD-Wähler (9) haben das schlechteste Bild von der EU. Beim BSW ist das Verhältnis ausgeglichen (34 zu 33 Prozent). Bei den anderen europäisch gesinnten Parteien
CDU, FDP und SPD empfinden knapp zwei Drittel eher Vorteile durch die EU.
Der Einfluss der europäischen Ebene auf das eigene Leben wird hingegen in NRW unterschiedlich eingeschätzt. Insgesamt finden 43 Prozent, dass Entscheidungen der EU den privaten Alltag betreffen, während 46 Prozent eher gegenteiliger Meinung sind. Auch hier unterscheiden sich Männer (56) und Frauen (30) in Bezug auf den EU-Einfluss grundlegend. Nach Altersgruppen sind es eher die Jüngeren bis 29 Jahre (51 Prozent), die einen großen bis sehr großen Einfluss melden. Die Älteren ab 60 Jahren (36) sehen es eher umgekehrt. Sowohl Beamte (59) als auch Selbstständige (69) berichten über starke Auswirkungen der EU auf ihr persönliches Leben.
Bei den übrigen Merkmalen sind es eher die Reicheren mit einem Haushaltsnettoeinkommen von 4000 Euro (51 Prozent) und die AfD-Wähler (62), die EU-Entscheidungen als einschneidend in ihrem Alltag erleben.
Bei der Sonntagsfrage zur Europawahl liegt in NRW ebenfalls die CDU vorne (34), wenn auch nicht so weit wie bei einer möglichen Landtagswahl. Immerhin würde sie ihr Ergebnis von der Europawahl 2019 (27,9 Prozent) deutlich übertreffen. Zweitstärkste Kraft wäre die SPD mit 18 Prozent (2019: 19,2 Prozent) vor den Grünen mit 17 Prozent (23,2) und der AfD mit zwölf Prozent (8,5). Schwach schneiden FDP mit vier (6,7) und Linke mit zwei (4,2) Prozent ab. Das BSW käme bei seiner ersten offiziellen Wahl auf vier Prozent.