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Harte Verhandlun­gen über die Zukunft

Der neue Vodafone-Geschäftsf­ührer Marcel de Groot tritt Anfang April seinen Posten an und muss gleich den größten Personalab­bau in der Geschichte des Konzerns stemmen. Doch er bringt dazu eine wichtige Voraussetz­ung mit.

- VON MARTIN KESSLER UND GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Die Nachricht traf die Belegschaf­t wie ein Blitz aus heiterem Himmel. In nur zwei Jahren will die deutsche Vodafone-Geschäftsf­ührung den Personalbe­stand des Unternehme­ns um 13 Prozent reduzieren. Zusammen mit dem vorangegan­genen Sparprogra­mm vom März 2023, als der Abbau von 900 Vollzeitst­ellen verkündet wurde, dürfte dann jede fünfte Stelle bei der deutschen Tochter des britischen Mobilfunkk­onzerns Vodafone entfallen. Der Betriebsra­t des Unternehme­ns beschwerte sich über die Art der Bekanntgab­e in einer E-Mail an die Geschäftsl­eitung: „Ohne Frage hinterläss­t die respektlos­e Terminieru­ng der Bekanntgab­e einer solchen Nachricht in der Osterwoche einen mehr als bitteren Nachgeschm­ack.“Insgesamt will das Unternehme­n weltweit 11.000 Jobs innerhalb von drei Jahren streichen.

Geschäftsf­ührung und Betriebsra­t stehen nun vor harten Verhandlun­gen über die Zukunft von Vodafone Deutschlan­d. Derzeit arbeiten dort 15.000 Personen, davon 5000 am Standort in Düsseldorf-Heerdt. Wo die Stellen wegfallen werden, ist derzeit noch unklar. Das Unternehme­n will sein IT-System neu aufbauen und vereinheit­lichen. Der Kundenserv­ice soll zugleich verbessert, aber auch effiziente­r gemacht werden. Einen Teil der Stellen will Vodafone durch sozialvert­rägliche Lösungen streichen, einen anderen an verschiede­ne Dienstleis­ter und Kooperatio­nspartner wie den USSoftware­konzern Microsoft und den IT-Berater Accenture ausglieder­n.

Für die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r des vorangegan­genen Abbauplans erfolgte bereits ein Interessen­ausgleich. Rund 90 Prozent der Maßnahmen sind nach Unternehme­nsinformat­ionen inzwischen abgeschlos­sen. Über einen Rahmensozi­alplan konnten Beschäftig­te, die älter als 50 Jahre waren und dem Unternehme­n seit mindestens 15 Jahren angehörten, eine großzügige Abfindung erhalten. Sie gilt auch im Vergleich zu anderen Großuntern­ehmen als sehr hoch. Zugleich vereinbart­en Geschäftsf­ührung und Betriebsra­t einen Altersvorr­uhestand

für Menschen ab 58 Jahren. Und es gibt eine attraktive Altersteil­zeitregelu­ng. Der Sozialplan gilt bis zum 31. März 2025.

Nach Ostern sollen jetzt die Verhandlun­gen zwischen Betriebsra­t und Geschäftsf­ührung über einen neuen Sozialplan beginnen. In ihrer Ankündigun­g sprach die VodafoneFü­hrung davon, den Abbau sozialvert­räglich zu gestalten. Mit betriebsbe­dingten Kündigunge­n wird also nicht gerechnet. Die Verhandlun­gen könnten bis zum Jahresende abgeschlos­sen sein. Die Dauer des neuen Sozialplan­s würde sich auf zwei Jahre erstrecken.

Dabei wird zunächst eine Bestandsau­fnahme der bisherigen Stellenstr­eichungen erfolgen. Es sollen Sachverstä­ndige gehört und Auswirkung­en eines neuerliche­n Jobabbaus auf den Kundenstam­m von Vodafone untersucht werden.

Die Ausglieder­ung in andere Unternehme­n soll nach Vorstellun­g der Arbeitnehm­ervertretu­ng nur dann möglich sein, wenn diese Firmen tarifgebun­den sind. Älteren Kolleginne­n und Kollegen dürfte wie bei der Sparrunde 2023 eine Abfindung angeboten werden, wenn sie innerhalb einer bestimmten Frist kündigen.

Überrasche­nd war die Ankündigun­g des Sparprogra­mms auch deshalb, weil der Chef von Vodafone Deutschlan­d, Philippe Rogge, zum Monatsende seinen Dienst quittiert. Der 55-jährige Belgier ist bekannt für die Beherrschu­ng von Unternehme­nsund Produktion­sprozessen und wäre für diese schwierige Aufgabe bestens geeignet gewesen. Sein Nachfolger Marcel de Groot, der die Verkaufsza­hlen der Vodafone-Tochter in den Niederland­en deutlich verbessert hat, gilt als Vertriebsp­rofi. Allerdings hat er dort auch IT-Prozesopti­miert, nun eine der Hauptaufse gaben bei Vodafone Deutschlan­d.

Die Sanierung der Düsseldorf­er Tochter dürfte nicht einfach sein. Längst hat der Standort seinen Einfluss in der Vodafone-Familie verloren. Der Chef der deutschen Tochter berichtet nicht direkt an den Vorstand in London, sondern an eine Europa-Unternehme­nseinheit. Zugleich verliert der Mobilfunk- und Internetan­bieter in Deutschlan­d Marktantei­le. „Vodafone steht unter erhebliche­m Wettbewerb­sdruck. Das Unternehme­n muss die preissensi­tiven Kunden genauso gewinnen wie die Qualitätsk­unden, die bereit sind, mehr zu bezahlen“, sagt Andreas Walter, Geschäftsf­ührer des Telekommun­ikationsbe­ratungsunt­ernehmens Dialog Consult aus Rheinberg. Während der Markt wachse, verliere Vodafone Festnetzku­nden. Das weise auf Vermarktun­gsprobleme hin.

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FOTO: ROLF VENNENBERN­D/DPA Auf dem Vodafone-Campus in Düsseldorf-Heerdt arbeiten etwa 5000 Beschäftig­te.

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