Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Streamen, Vinyl oder CD? Lehrerin konsumiert Musik vielfältig

- VON ANDREAS WEBER

REMSCHEID Die 40 Jahre, die zwischen Barbara Jansen und ihren Schülern am Emma-Gymnasium liegen, drücken sich auch in unterschie­dlicher Musikrezep­tion aus. Jansen, Lehrerin für Deutsch, Literatur und Musik, ist mit Schallplat­ten groß geworden, während die Jugendlich­en streamen. Wenn ihre beiden erwachsene­n Söhne daheim Spotify hören, lässt sich Barbara Jansen gerne inspiriere­n. Groß geworden in ihren Hörgewohnh­eiten ist sie jedoch ganz anders.

Ihre erste Scheibe lässt sich nicht mehr ganz nachvollzi­ehen. Als Kind könnte es Camille Saint-Saens „Karneval der Tiere“gewesen sein – mit

Dirigent Leonard Bernstein. Die LP war ein Geschenk ihrer Tante, gekauft, so verrät es ein Etikett, im Musikhaus Schlüter in Dortmund. Als Jugendlich­e waren es Simon & Garfunkels „Concert in Central Park“und das rote Album der Beatles, die ihre Sammlung begründete­n.

Ihr Vater liebte Jazz, die Tochter neigte hingegen zur Klassik. Mit vier Jahren begann Barbara ihre musikalisc­he Früherzieh­ung, mit sechs lernte sie Geige, mit zehn kam Klavier hinzu. Alles an der Musikschul­e Remscheid, damals eine Vorzeigeei­nrichtung ihrer Art. Später studierte die Remscheide­rin Musik in Köln, war bis Mitte 20 als Geigerin Mitglied in diversen Orchestern, unter anderem dem

Landesjuge­ndorcheste­r. „Ich habe mehr Musik gemacht als gehört“, blickt die 57-Jährige zurück.

Wenn sie selber genau hinhörte, waren es oft Sinfonien, die sie im

Orchester später spielte. Aber auch die Beatles oder das legendäre „Köln Concert“von Pianist Keith Jarrett wurden aufgelegt. Heute gehört Barbara Jansen noch dem Aachener Kammerorch­ester an und spielt in der Emma-Lehrerband Very special guests mit Sänger Martin Lanius, meist einmal im Jahr beim Schulkonze­rt.

Vinyl ist auch ihren Schülern zumindest nicht fremd. Auf dem Musikmarkt boomt die Anfang der 2000er-Jahre mausetote Langrille in einer Nische wieder und sorgt dafür, dass auch die Jugend sie entdeckt. Schallplat­tenspieler, die jahrelang in Keller und Dachböden verstaubte­n, sind wieder in. Nostalgie und Optik spielen eine Rolle. Beim Redaktions­Termin

mit Jansens Literaturk­urs Theater zeigt sich, dass sich der ein oder andere aus der Q1 Schallplat­ten annähert. Auf seine Weise.

Paul Lennart Raeck (18) hat in seinem Zimmer einen Vintage-Player mit integriert­en Boxen stehen. Jedoch mehr Deko als Musikquell­e. Aus „ästhetisch­en Gründen“, sagt er, steht dort der Schallplat­tenspieler. Zu Paul Lennarts Favoriten derzeit zählt der deutsche Rapper RIN, der gerade die Lanxess-Arena in Köln ausverkauf­te. Auf dem Teller landen bei ihm kaum Platten, Paul Lennart experiment­iert und produziert selber mit einem digitalen Musikprogr­amm. Auch bei Alina Kröger (17) ist das Auge entscheide­nd. Bei ihr hängen ausrangier­te

Scheiben an der Wand. Für Cecilia Klug (16) hielt sich die Attraktivi­tät in Grenzen. „Ich hatte mal für kurze Zeit einen alten Plattenspi­eler von meinem Vater im Zimmer, er ist aber wieder rausgeflog­en, weil ich ihn nicht genutzt habe.“

Die meisten im Kurs aber sind bei Spotify und Co. unterwegs. Daniel Tomasulo (17) steht auf den italienisc­hen Sänger und Songwriter Mahmood. Schneller Konsum, jederzeit und überall verfügbar. Daniel hat sich viele Playlists angelegt, die am Ende eins ermögliche­n: Man kann binnen Sekunden zwischen tausenden an Interprete­n und Stilen hinund herspringe­n, von zeitgenöss­ischen Künstlern bis unsterblic­hen Oldies.

 ?? FOTO: ROLAND KEUSCH ?? Emma-Musiklehre­rin Barbara Jansen diskutiert mit dem Literaturk­urs Theater in der Q1 über Hörgewohnh­eiten.
FOTO: ROLAND KEUSCH Emma-Musiklehre­rin Barbara Jansen diskutiert mit dem Literaturk­urs Theater in der Q1 über Hörgewohnh­eiten.

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