Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Streamen, Vinyl oder CD? Lehrerin konsumiert Musik vielfältig
REMSCHEID Die 40 Jahre, die zwischen Barbara Jansen und ihren Schülern am Emma-Gymnasium liegen, drücken sich auch in unterschiedlicher Musikrezeption aus. Jansen, Lehrerin für Deutsch, Literatur und Musik, ist mit Schallplatten groß geworden, während die Jugendlichen streamen. Wenn ihre beiden erwachsenen Söhne daheim Spotify hören, lässt sich Barbara Jansen gerne inspirieren. Groß geworden in ihren Hörgewohnheiten ist sie jedoch ganz anders.
Ihre erste Scheibe lässt sich nicht mehr ganz nachvollziehen. Als Kind könnte es Camille Saint-Saens „Karneval der Tiere“gewesen sein – mit
Dirigent Leonard Bernstein. Die LP war ein Geschenk ihrer Tante, gekauft, so verrät es ein Etikett, im Musikhaus Schlüter in Dortmund. Als Jugendliche waren es Simon & Garfunkels „Concert in Central Park“und das rote Album der Beatles, die ihre Sammlung begründeten.
Ihr Vater liebte Jazz, die Tochter neigte hingegen zur Klassik. Mit vier Jahren begann Barbara ihre musikalische Früherziehung, mit sechs lernte sie Geige, mit zehn kam Klavier hinzu. Alles an der Musikschule Remscheid, damals eine Vorzeigeeinrichtung ihrer Art. Später studierte die Remscheiderin Musik in Köln, war bis Mitte 20 als Geigerin Mitglied in diversen Orchestern, unter anderem dem
Landesjugendorchester. „Ich habe mehr Musik gemacht als gehört“, blickt die 57-Jährige zurück.
Wenn sie selber genau hinhörte, waren es oft Sinfonien, die sie im
Orchester später spielte. Aber auch die Beatles oder das legendäre „Köln Concert“von Pianist Keith Jarrett wurden aufgelegt. Heute gehört Barbara Jansen noch dem Aachener Kammerorchester an und spielt in der Emma-Lehrerband Very special guests mit Sänger Martin Lanius, meist einmal im Jahr beim Schulkonzert.
Vinyl ist auch ihren Schülern zumindest nicht fremd. Auf dem Musikmarkt boomt die Anfang der 2000er-Jahre mausetote Langrille in einer Nische wieder und sorgt dafür, dass auch die Jugend sie entdeckt. Schallplattenspieler, die jahrelang in Keller und Dachböden verstaubten, sind wieder in. Nostalgie und Optik spielen eine Rolle. Beim RedaktionsTermin
mit Jansens Literaturkurs Theater zeigt sich, dass sich der ein oder andere aus der Q1 Schallplatten annähert. Auf seine Weise.
Paul Lennart Raeck (18) hat in seinem Zimmer einen Vintage-Player mit integrierten Boxen stehen. Jedoch mehr Deko als Musikquelle. Aus „ästhetischen Gründen“, sagt er, steht dort der Schallplattenspieler. Zu Paul Lennarts Favoriten derzeit zählt der deutsche Rapper RIN, der gerade die Lanxess-Arena in Köln ausverkaufte. Auf dem Teller landen bei ihm kaum Platten, Paul Lennart experimentiert und produziert selber mit einem digitalen Musikprogramm. Auch bei Alina Kröger (17) ist das Auge entscheidend. Bei ihr hängen ausrangierte
Scheiben an der Wand. Für Cecilia Klug (16) hielt sich die Attraktivität in Grenzen. „Ich hatte mal für kurze Zeit einen alten Plattenspieler von meinem Vater im Zimmer, er ist aber wieder rausgeflogen, weil ich ihn nicht genutzt habe.“
Die meisten im Kurs aber sind bei Spotify und Co. unterwegs. Daniel Tomasulo (17) steht auf den italienischen Sänger und Songwriter Mahmood. Schneller Konsum, jederzeit und überall verfügbar. Daniel hat sich viele Playlists angelegt, die am Ende eins ermöglichen: Man kann binnen Sekunden zwischen tausenden an Interpreten und Stilen hinund herspringen, von zeitgenössischen Künstlern bis unsterblichen Oldies.