Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Kampf unter Wasser gegen den Müll
Conny und Dirk Hövel sind geübte Müll-Taucher. Am liebsten würden die Hückeswagener einen gemeinnützigen Verein gründen, um den Abfall wieder ans Tageslicht zu befördern.
HÜCKESWAGEN Nicht nur an Land ist die Natur mitunter vermüllt, auch und gerade unter Wasser findet sich jede Menge Abfall. Das muss auch Dirk Hövel bei seinen Tauchgängen immer wieder erfahren. „Es ging alles damit los, dass wir bei jedem Tauchgang immer ein Stück Müll aus der Tiefe mitnahmen“, erzählt der 52-Jährige, der an der Peterstraße – neben seiner Kfz-Werkstatt und dem Reisebüro seiner Frau Conny – eine Tauchschule betreibt. Entsprechend viel ist der Hückeswagener unter Wasser unterwegs.
Zirka 100 Tauchgänge hat Hövel allein im vergangenen Jahr absolviert, seine Frau etwas weniger. Auf jeden Fall genug, um einen guten Überblick darüber zu haben, was in den Gewässern so alles herumtreibt: „In den bergischen Talsperren sind das zum Beispiel ganz viele Dinge, die beim Bootsverkehr oder von Wassersportlern verloren wurden“, erzählt Hövel. Vor zwei Jahren hatten sie aus einem Badesee „unendlich viele Schnorchel und Schwimmbrillen und sogar ein Stand-Up-Paddle herausgeholt.
Zu diesem Zeitpunkt hatten Conny und Dirk Hövel, zusammen mit einem harten Kern aus Mitstreitern, unter denen auch ihre Tochter Svenja (22) ist, bereits damit begonnen, gezielte Müll-Tauchgänge zu planen. „Dafür hatten wir uns vorher einiges zusammengebastelt, um den Müll besser aus dem Wasser herausfischen und an die Oberfläche bringen zu können“, erläutert der Taucher. Manches musste nicht erst gebastelt werden, sondern fand sich in den Supermärkten-Ketten: „Gemüsebeutel aus Baumwolle, wie es sie etwa bei Penny gibt, sind ideal, um kleinere Plastikteile einzusammeln.“
Überhaupt nicht klein, sondern gewaltig groß sind dagegen die Mengen an Müll, die bei solchen Tauchgängen zusammenkommen: „Aus dem Teich eines Angelvereins in Marienheide haben wir insgesamt 108 Kilo Müll geholt“, macht Hövel die Dimension deutlich. Und weil das Ehepaar Hövel über ihr Reisebüro auch Tauchreisen in alle Welt vermittelt, wissen sie nicht nur aus eigener Erfahrung, sondern auch von ihren Kunden, dass es anderswo auch nicht besser aussieht: „Inzwischen drohen selbst die schönsten Tauchparadiese zu vermüllen.“
So sei ein Kunde im vorigen Monat
sehr besorgt von einer Tauchreise nach Raja Ampat zurückgekehrt. „Dieses Archipel im Indopazifik gilt eigentlich als Traumdestination für Taucher“, erläutert Hövel. „Unser Kunde sagte uns aber, dass er dieses Jahr dort unter Wasser mehr Müll gesehen hatte als je zuvor.“Auch in Ländern wie Ägypten seien die Verhältnisse
rund um die Korallenriffe schon lange nicht mehr paradiesisch. „Das merkt man vor allem dann, wenn man weiter abseits von den gängigen Spots tauchen geht“, sagt der Hückeswagener. Denn dort seien keine einheimischen Guides unterwegs, die für die Tauchtouristen den Müll entfernten, damit möglichst nichts das Taucherlebnis der ausländischen Gäste störe.
Dabei seien doch alle Freizeittaucher in der Pflicht, etwas gegen den Unterwasser-Müll zu tun, findet Hövel und argumentiert mit eindrucksvollen Zahlen von Recreational Scuba Training Council (RSTC) Europe, einem Zusammenschluss der führenden Tauchsportorganisationen Europas: „2022 gaben 530.000 Deutsche an, in ihrer Freizeit häufig zu tauchen. In Europas Hauptreise-Zielen kommt man auf rund 1,2 Millionen aktive Taucher, und europaweit sind es sogar 14,5 Millionen Menschen, die sich als Wassersport-Touristen bezeichnen“, berichtet Hövel. Wenn jeder Einzelne von ihnen regelmäßig auch nur ein Stück Müll mit an die Oberfläche bringen würde, „wäre das schon ein großer ökologischer Schritt nach vorne“.
Conny und Dirk Hövel wollen auf jeden Fall nicht lockerlassen und sich noch intensiver gegen die Verschmutzung der Seen und Meere engagieren: „Uns schwebt vor, einen gemeinnützigen Verein zu gründen, um den Kreis von Mitstreitern zu erweitern und denjenigen Menschen, die uns mit Spenden unterstützen wollen, eine Spendenquittung ausstellen zu können.“
Bis es so weit ist, macht das Ehepaar weiter wie bisher: „Wann immer wir abtauchen, tauchen wir mit Müll wieder auf und werden auch in dieser Tauchsaison einige besondere Ideen umsetzen“, verspricht der 52-Jährige. So sei man gerade mit der Stadt Dortmund im Gespräch, um im Rahmen der jährlichen Aktion „CleanupDO“, die früher „Dortmund räumt auf“hieß, in den dortigen Seen nach Müll zu tauchen.
Auch die bergischen Gewässer stehen wieder auf der Agenda. „Wer da mitmischen will, kann sich gerne bei uns melden“, ruft Hövel auf. Helfer könne es gar nicht genug geben. Denn beim Kampf gegen den Müll unter Wasser ticke die Uhr besonders schnell: „Wenn da jetzt nicht in kurzer Zeit sehr viel passiert, wird es auch in unseren Seen bald kaum noch Leben geben“, befürchtet er.