Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Mit dem Tandem über Paris nach Loches
Zehn Tage, 900 Kilometer, Tausende Eindrücke – Christoph Schikore und Thomas Madel sind mit einem Tandem von Wermelskirchen aus in die französische Partnerstadt gefahren. Wie das Duo die Reise erlebte – und welchen Herausforderungen es sich stellen musste.
WERMELSKIRCHEN Christoph Schikore und Thomas Madel kennen sich bereits seit Kindheitstagen. In 35 Jahren Freundschaft haben sie schon viel zusammen erlebt – bis auf eine gemeinsame Reise. Das änderte sich vor genau zwei Wochen: Mit einem Tandem machten sich die Wermelskirchener auf den Weg nach Loches. Etwa 900 Kilometer legte das Duo an zehn Tagen zurück, am vergangenen Donnerstag kam es in der französischen Partnerstadt an.
Die Freunde unternehmen bereits seit einigen Jahren gelegentlich Radtouren. So entstand die Idee, ein Tandem zu kaufen und mit ihm nach Loches zu fahren – genau wie Christoph Schikores Vater Reinhard und Jobst Görne im Jahr 1977. Fündig wurden Madel und Schikore schließlich in Monheim: Sie ergatterten ein recht günstiges Fahrrad mit wenig Technik, installierten einen Nabendynamo und bauten die Schaltung von Fünf- auf Sieben-Gang um.
Mit zehn Kilogramm Gepäck pro Kopf – darunter das Nötigste an Kleidung, Ersatzschläuche für die Reifen und Werkzeug zum Schrauben – starteten die beiden Mitarbeiter der Stadtverwaltung am Rathaus in Wermelskirchen. Die erste Etappe: 120 Kilometer bis nach Aachen. „Wir hatten einen super Start mit einer wunderbaren Verabschiedung durch unsere Kollegen, Freunde und Familien“, sagt der 43 Jahre alte Madel.
In Aachen angekommen, folgte jedoch das erste Problem: Eine Speiche löste sich vom Hinterrad des Tandems. „Wir hatten an alle möglichen Ersatzteile gedacht – Ketten, Schläuche, Fahrradmantel. Doch die Speichen hatten wir nicht wirklich auf dem Schirm“, erklärt Schikore. Sie suchten kurzerhand die Radwerkstatt eines diakonischen Netzwerkes auf. „Die Menschen dort waren sehr freundlich und vor allem hilfsbereit“, sagt Madel. Generell hätten sie während der Reise viel Zuspruch von Außenstehenden erhalten: Autos hätten gehupt, Menschen
applaudiert und gewunken. „Ein Tandem sieht man eben nicht alle Tage.“
Doch bei einer Herausforderung sollte es längst nicht bleiben. So viel vorneweg: Am Ende der Reise zählte das Duo zehn kaputte Speichen und einen unbrauchbaren Schlauch. „Wir hatten nach Aachen zwar kurz Ruhe, am vierten Tag dann aber wieder Ärger mit den Speichen. Beim Fahren hat das Tandem sehr geeiert“, sagt Schikore. Das habe vor allem an den langen Etappen von mehr als 100 Kilometern pro Tag sowie am schweren Gepäck gelegen. „Wir mussten den Ballast reduzieren. Deshalb haben wir knapp fünf Kilogramm Kleidung, Werkzeuge und Ersatzteile weggeworfen“, erklärt der 40 Jahre alte Wermelskirchener.
Die Folge: Dreckige Wäsche etwa musste per Hand gewaschen werden; saubere Kleidung gab es kaum mehr. In Frankreich kehrten die
Freunde zudem ein weiteres Mal in einer Werkstatt ein, dort kauften sie auch Speichen zum Auswechseln. „Wir haben sie danach immer selbst repariert und konnten auch nur noch darüber lachen, wenn sich wieder mal eine Speiche von den Rädern löste“, sagt Madel.
Das Duo ließ sich nicht von den Hürden beirren, es setzte seine Tour wie geplant fort. So fuhren Madel und Schikore am sechsten Tag von Saint-Witz nach Paris – die Belohnung
für die zurückgelegte Hälfte der Reise. Zwei Nächte haben die Wermelskirchener dort verbracht und Sehenswürdigkeiten wie den Eiffelturm, den Louvre und das Pantheon besucht. Abends sind sie durch die Straßen gezogen, gefrühstückt haben sie Croissants und Kaffee. Und: Sie haben sich E-Bikes ausgeliehen. „Eigentlich wollten wir in der Stadt nicht auch noch Fahrrad fahren, jeder hatte uns vor den schlechten Bedingungen in Paris
und Frankreich gewarnt“, erklärt Schikore. „Doch es hat sich viel getan, es gibt gute Radwege. Nur an die Verkehrsregeln halten sich die Pariser nicht unbedingt.“
Von Paris ging es über Moret-Loing-et-Orvanne und Orléans nach Loches. Abends kehrten Madel und Schikore stets in günstige und abgelegene Unterkünfte ein, am nächsten Morgen fuhren sie weiter. „Die ersten fünf Kilometer des Tages waren immer anstrengend, doch man hat sich schnell eingefunden“, sagt Madel. Schließlich sind die beiden ein eingespieltes Team: Es habe keine Streitigkeiten gegeben, die Stimmung sei durchweg positiv gewesen. „Wir vertrauen einander, passen aufeinander auf und kennen einander sehr gut. Das harmoniert und macht einfach Spaß“, erklärt Schikore. Besonders gefallen habe dem Duo die Natur und Stille während der jeweiligen Etappen. „Man ist nur für sich, kann abschalten und fühlt absolute Freiheit. Dieses Gefühl hatte ich noch nie zuvor.“
In Loches traf das Duo noch vor der Delegation aus Wermelskirchen ein. Es kam bei einer französischen Familie unter, dort verbrachte es ein paar weitere Tage. So besuchten Schikore und Madel einige Sehenswürdigkeiten der Stadt und Region, nahmen an Programmpunkten des Städtepartnerschaftsvereins teil – und entspannten sich. „Wir müssen die ganzen Eindrücke und netten Begegnungen erst einmal verarbeiten“, erklärt Madel.
Klar sei aber: Es war nicht ihre einzige und letzte Tour mit dem Tandem. „Wir sind gedanklich schon in Spanien und England. Hätten wir mehr Urlaubstage, würden wir sofort weiterfahren“, sind sich beide einig.