Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
So viel Hass – wo bleibt die Nächstenliebe?
Die Kolpingfamilie Radevormwald hatte Gemeindereferent Lukas Szczurek zu einem Vortragsabend mit dem Thema „Hass, Glaube, Liebe – warum bleibt die Nächstenliebe auf der Strecke?“eingeladen.
RADEVORMWALD Die Resonanz hätte größer sein können, denn eigentlich ging es um ein Thema, das in diesen Tagen fast jeden umtreibt: „Hass, Glaube, Liebe – warum bleibt die Nächstenliebe auf der Strecke?“lautete der Titel des Vortrags, den Gemeindereferent Lukas Szczurek beim jüngsten Kolpingabend im Caritashaus hielt.
Er habe sich die Frage in der vergangenen Zeit öfter gestellt, etwa nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel, aber auch wegen der israelischen Vergeltungsschläge, die darauf folgten. „Wie kann es zu solchen Aktionen kommen, wenn man sich doch auf den Glauben bezieht? Ich möchte mich zusammen mit Ihnen dieser Frage vom Alten Testament her nähern“, sagte Szczurek.
Leider waren nur vier Interessierte gekommen, was der Gemeindereferent allerdings nicht so schlimm fand. „So kommt man unter Umständen sogar tiefergehend ins Gespräch“, sagte er und verwies leicht augenzwinkernd auf das Wort Jesu: „Wo zwei oder drei in meinem Namen zusammen sind...“Den Abend abzusagen, das sei für ihn jedenfalls keine Option gewesen.
Zu Beginn stellte Szczurek die Frage: „Was ist Hass?“. Gar nicht so leicht, dieses abstrakte Gefühl zu erklären, dass über eine bloße Abneigung hinausgeht. Da stelle sich die Frage: „Ist Hass eine Emotion oder eine Einstellung?“Szczurek erklärte: „Das Wort Hass verwendet man oft einfach so, ohne groß darüber nachzudenken. Spannend wird es, wenn man versucht, das Wort in das eigene Leben einzuordnen.“
Hass, so habe der Psychologe Erich Fromm einst gesagt, ziele auf Zerstörung. Und es sei ein „emotionaler Zustand“, der auch schon in der Bibel beschrieben werde. „Interessant ist dabei, dass im Hebräischen Hass durchaus in unterschiedlichen Härtegraden auftaucht – im Gegensatz zum Deutschen“, sagte Szczurek.
Wenn man den Blick nun auf das Alte Testament richte, dann könne man dort 160 Textstellen finden, in denen von Hass die Rede sei. „Aber es ist praktisch nie von zwischenmenschlichem Hass die Rede, sondern immer vom Hass mit Gott als Bezugspunkt“, sagte der Gemeindereferent. Auf der anderen Seite stehe die „hochethische Empfehlung Jesu“aus dem Neuen Testament, die wohl jeder schon mal gehört habe: „Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar.“Eine Empfehlung, die den meisten Menschen nicht so leicht fallen dürfte.
Herausfordernd ist auch der Text des Psalms 139, der sich unvermittelt vom wunderbaren Loblied auf die Größe Gottes in eine Hasstirade auf die Gegner Gottes wandle. „Das kennen wir heutzutage ja auch. Aber wie kann man an einen so liebenden Gott glauben und gleichzeitig von ihm fordern, alle zu töten, die nicht an ihn glauben?“, sagte Szczurek. Und so stellte der Gemeindereferent die Frage nach dem Zusammenhang von Glauben und Hass. „Interessanterweise sind es vor allem jene Religionen, die an
einen Gott glauben, die zu Hass und Intoleranz neigen.“
Szczurek ging auch der Frage nach, ob es einen Zusammenhang zwischen Liebe und Hass gibt, ob sie vielleicht sogar untrennbar miteinander
verbunden sind. Um aus diesem sprichwörtlichen Teufelskreis zu entkommen, müsse man den eigenen Lebensweg immer weiter an Gott orientieren, dann könne man sich der Sünde und des Gifts des Hasses bewusst werden. „Glaube soll zur Liebe führen, Liebe zur Vergebung und Vergebung zu einem Neuanfang. Aber das ist ein mitunter langer und schwerer Weg“, sagte Szczurek.
Das führte ihn zum Thema Nächstenliebe, die in der Bibel übrigens keineswegs erst mit Jesus im Neuen Testament auftaucht. Aber am bekanntesten sind jene Stellen, die sowohl im Lukas-Evangelium als auch bei den Evangelisten Markus und Matthäus zu finden sind und das Gebot der Nächstenliebe behandeln.
Und damit stelle sich die Frage: „Wo zeige ich Nächstenliebe?“Etwa, so meinte einer der Anwesenden, indem man den Anderen wahrnehme, akzeptiere und respektiere. „Im Ende ist es die innere Einstellung aus dem Glauben heraus, den Anderen anzunehmen, wie er ist“, resümierte der Gemeindereferent.
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