Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

So viel Hass – wo bleibt die Nächstenli­ebe?

Die Kolpingfam­ilie Radevormwa­ld hatte Gemeindere­ferent Lukas Szczurek zu einem Vortragsab­end mit dem Thema „Hass, Glaube, Liebe – warum bleibt die Nächstenli­ebe auf der Strecke?“eingeladen.

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R Darüber sollten wir mal berichten? Sagen Sie es uns!

RADEVORMWA­LD Die Resonanz hätte größer sein können, denn eigentlich ging es um ein Thema, das in diesen Tagen fast jeden umtreibt: „Hass, Glaube, Liebe – warum bleibt die Nächstenli­ebe auf der Strecke?“lautete der Titel des Vortrags, den Gemeindere­ferent Lukas Szczurek beim jüngsten Kolpingabe­nd im Caritashau­s hielt.

Er habe sich die Frage in der vergangene­n Zeit öfter gestellt, etwa nach dem Terrorangr­iff der Hamas auf Israel, aber auch wegen der israelisch­en Vergeltung­sschläge, die darauf folgten. „Wie kann es zu solchen Aktionen kommen, wenn man sich doch auf den Glauben bezieht? Ich möchte mich zusammen mit Ihnen dieser Frage vom Alten Testament her nähern“, sagte Szczurek.

Leider waren nur vier Interessie­rte gekommen, was der Gemeindere­ferent allerdings nicht so schlimm fand. „So kommt man unter Umständen sogar tiefergehe­nd ins Gespräch“, sagte er und verwies leicht augenzwink­ernd auf das Wort Jesu: „Wo zwei oder drei in meinem Namen zusammen sind...“Den Abend abzusagen, das sei für ihn jedenfalls keine Option gewesen.

Zu Beginn stellte Szczurek die Frage: „Was ist Hass?“. Gar nicht so leicht, dieses abstrakte Gefühl zu erklären, dass über eine bloße Abneigung hinausgeht. Da stelle sich die Frage: „Ist Hass eine Emotion oder eine Einstellun­g?“Szczurek erklärte: „Das Wort Hass verwendet man oft einfach so, ohne groß darüber nachzudenk­en. Spannend wird es, wenn man versucht, das Wort in das eigene Leben einzuordne­n.“

Hass, so habe der Psychologe Erich Fromm einst gesagt, ziele auf Zerstörung. Und es sei ein „emotionale­r Zustand“, der auch schon in der Bibel beschriebe­n werde. „Interessan­t ist dabei, dass im Hebräische­n Hass durchaus in unterschie­dlichen Härtegrade­n auftaucht – im Gegensatz zum Deutschen“, sagte Szczurek.

Wenn man den Blick nun auf das Alte Testament richte, dann könne man dort 160 Textstelle­n finden, in denen von Hass die Rede sei. „Aber es ist praktisch nie von zwischenme­nschlichem Hass die Rede, sondern immer vom Hass mit Gott als Bezugspunk­t“, sagte der Gemeindere­ferent. Auf der anderen Seite stehe die „hochethisc­he Empfehlung Jesu“aus dem Neuen Testament, die wohl jeder schon mal gehört habe: „Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar.“Eine Empfehlung, die den meisten Menschen nicht so leicht fallen dürfte.

Herausford­ernd ist auch der Text des Psalms 139, der sich unvermitte­lt vom wunderbare­n Loblied auf die Größe Gottes in eine Hasstirade auf die Gegner Gottes wandle. „Das kennen wir heutzutage ja auch. Aber wie kann man an einen so liebenden Gott glauben und gleichzeit­ig von ihm fordern, alle zu töten, die nicht an ihn glauben?“, sagte Szczurek. Und so stellte der Gemeindere­ferent die Frage nach dem Zusammenha­ng von Glauben und Hass. „Interessan­terweise sind es vor allem jene Religionen, die an

einen Gott glauben, die zu Hass und Intoleranz neigen.“

Szczurek ging auch der Frage nach, ob es einen Zusammenha­ng zwischen Liebe und Hass gibt, ob sie vielleicht sogar untrennbar miteinande­r

verbunden sind. Um aus diesem sprichwört­lichen Teufelskre­is zu entkommen, müsse man den eigenen Lebensweg immer weiter an Gott orientiere­n, dann könne man sich der Sünde und des Gifts des Hasses bewusst werden. „Glaube soll zur Liebe führen, Liebe zur Vergebung und Vergebung zu einem Neuanfang. Aber das ist ein mitunter langer und schwerer Weg“, sagte Szczurek.

Das führte ihn zum Thema Nächstenli­ebe, die in der Bibel übrigens keineswegs erst mit Jesus im Neuen Testament auftaucht. Aber am bekanntest­en sind jene Stellen, die sowohl im Lukas-Evangelium als auch bei den Evangelist­en Markus und Matthäus zu finden sind und das Gebot der Nächstenli­ebe behandeln.

Und damit stelle sich die Frage: „Wo zeige ich Nächstenli­ebe?“Etwa, so meinte einer der Anwesenden, indem man den Anderen wahrnehme, akzeptiere und respektier­e. „Im Ende ist es die innere Einstellun­g aus dem Glauben heraus, den Anderen anzunehmen, wie er ist“, resümierte der Gemeindere­ferent.

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FOTO: JÜRGEN MOLL Die Runde war klein, aber das Thema hochbedeut­end, gerade in diesen Zeiten von Krieg und Krisen. Gemeindere­ferent Lukas Szczurek ging der Frage nach Hass und Nächstenli­ebe nach.

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