The King’s Choice
In der Nacht zum 9. April 1940 begann die Invasion Norwegens und Dänemarks. Die Besetzung Norwegens dauerte bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges, ihr Einfluss ist auch heute noch manchmal spürbar. Die Frauen, die sich während der Besetzung mit deutschen Männern einließen und auch ihre Kinder erfuhren starke und schmerzhafte soziale Sanktionen, und wer als Deutscher in Norwegen lebt, konnte womöglich noch bis gut in die 1990er Jahre gelegentlich die Wut mancher Norweger, die eigentlich sehr weltoffene Menschen sind, zu spüren bekommen. Um zu verstehen, warum diese Freiheitsberaubung für das Land besonders schwerwiegend war, muss man etwas über die norwegische Geschichte wissen.
Es ist ein zwar flächentechnisch sehr weitläufiges, aber in Bezug auf die Bevölkerung eher kleines Land, das heute knapp über 5250000 Einwohner zählt. Von 1537 bis 1814 war Norwegen Dänemark untergeordnet. Direkt im Anschluss, von 1814 bis 1905, befand sich das Land in einer Union mit Schweden. König Haakon VII, geboren als Prinz Carl von Dänemark, wurde als Vertreter der konstitutionellen Monarchie des Landes eingesetzt und kam mit seiner Frau Maud und seinem Sohn Olav, der sich später großer Beliebtheit im Volk erfreute, auf dem Arm ins Land. Die Okkupation traf Norwegen also nach gerade 40 Jahren als völlig eigenständiger Staat. Genau hier setzt „The King’s Choice“an, ein Film der der norwegischen Königsfamilie in den Tagen nach der Besetzung folgt, als König Haakon VII (Jesper Christensen) und seine Familie aus Oslo fliehen müssen. Die Situation ist brenzlig, die Neutralitätspolitik hat nicht den erwünschten Schutz gebracht und Vidkun Quisling, Gründer der faschistischen Partei Nasjonal Samling, verübt einen Staatsstreich und ruft eine vorläufige Regierung aus. Der König muss nun entscheiden, ob er vor den Deutschen kapituliert, oder ob er einen Krieg riskiert.
Sensible Aufarbeitung
Der norwegische Originaltitel gibt dem Zuschauer hier gleich etwas mehr Aufschluss, denn „Kongens nei“bedeutet „Das Nein des Königs“. Der Weg bis zu diesem „Nein“, hinter dem das Land bis heute steht, ist sehr mitreißend geschildert. Zwar ist der Film von Regisseur Erik Poppe sehr schön und ansprechend gefilmt, besonders die Kampfszenen sind auf ihre schlichte Art imposant. Aber was die Darbietung der Schauspieler selbst angeht, ist es gerade der Mangel an Pomp, der Eindruck schindet. Während der alternde Haakon VII als ein von Schmerzen geplagter und vom Leben gezeichneter Mann gezeigt wird, wird Olav (Anders Baasmo Christiansen) als leidenschaftlicher und engagierter Prinz dargestellt, der mit seinem Volk Widerstand üben will. Sie machen in den wenigen Tagen, die in diesem Film gezeigt werden, eine ziemliche Entwicklung durch, machen so manche Schritte aufeinander zu. Aber dabei kommt „The King’s Choice“ohne Pathos aus, ist eher schlicht und ruhig, aber deutlich in seinem emotionalen Ausdruck. Gerade das aber erlaubt es, einen starken Bezug zu den Figuren aufzubauen, die dem deutschen Zuschauer vielleicht fremd sind, aber in Norwegen noch heute eine Rolle spielen. Die beiden Männer reden darüber, dass Olav ein anderer König sein will als sein Vater. Er wurde später so beliebt und volksnah dass er bis heute als Volkskönig gilt. Harald, den heutigen König, trifft man im Film als ganz kleinen Jungen. Und Quisling, den man nie sieht, sondern nur als Radioaufnahme hört, ist bis heute in Norwegen der Inbegriff eines Verräters. Unterstrichen wird die Handlung von einem dezenten, aber wirkungsvollen Score. Er passt zu einem spannenden und stilsicheren Geschichtsfilm, der sich voll auf die Wirkung seines Stoffs und seiner Charakterzeichnungen verlässt und damit goldrichtig liegt.