Gleißendes Glück
Treffen sich eine religiöse Hausfrau, die ihren Glauben verloren hat, und ein Hirnforscher, der die Welt sachlich-wissenschaftlich sieht, in einer Bar und reden über „Gleißendes Glück“… Was sich wie der Beginn eines schlechten Witzes anhört, ist die interessante Versuchsanordnung des vorliegenden Films, der sich den schweren Fragen des Lebens z.B. über Spiritualität, Liebe, Sehnsucht, Ehe, Glück und Religion widmet. Die religiöse Hausfrau Helene wird von Martina Gedeck gespielt. Stoisch, emotionslos und verschlossen sitzt sie am Tisch, während ihr aufbrausender Ehemann (Johannes Krisch) einen Wutausbruch hat. Es war nur eine kurze Bemerkung von ihr, die das Fass zum Überlaufen brachte, eine Bemerkung wieder zur Kirche gehen zu wollen. Das kann der atheistische Gatte offenbar nicht auf sich sitzen lassen, auch wenn gerade erst ein Bekannter Helenes von der Gartenleiter in den Tod gestürzt ist. Um überhaupt eine Emotion dem hölzernen Gesicht seiner Frau zu entlocken, klemmt er ihre Finger mit Wucht in einer Schublade ein.
Suche nach Gott
Ein Kapitel später trifft sich Helene mit Eduard Gluck (Ulrich Tukur), einem erfolgreichen Hirnforscher, dessen Buch etwas bei Helene bewirkt hat. Sie ist unter einem Vorwand nach Hamburg gereist, um dort den Autor nach einer seiner Vorlesungen zu treffen und sich mit ihm über ihr Problem zu unterhalten: Sie spürt die Liebe Gottes nicht mehr. Ist diese Liebe lediglich eine chemische Reaktion im Gehirn? Wie lässt sich ein spirituelles Erlebnis überhaupt aus Sicht der Psychiatrie wissenschaftlich beschreiben? Sehnen wir uns nach dem Glück oder nach der Sehnsucht nach dem Glück? Eduard scheint irgendetwas in seiner neuen Bekanntschaft zu sehen und verabredet sich zu einem intensiveren Gespräch mit ihr. Doch auch am Abend kommen sie zunächst zu keinem wirklich befriedigenden Ergebnis. Erst der Besuch einer Veranstaltung mit modernem, Finnischen Tanz scheint das Eis zu brechen. Halbnackte Frauen, die unter pendelnden Leuchtstoffröhren für die Kunst mit den Hintern wackeln, scheint tatsächlich gewisse Knoten im Hirn und Hemmungen lösen zu können. Und auch der flüchtige Kommentar Eduards, als sie auf dem abendlichen Weg zum Hotel einen Sex-Shop passieren, deutet bereits an, dass er seine Hirn-Chemie gerne mit Pornographie jeglicher Form in Wallung bringt. Doch auch die härteste Pornografie erweckt in ihm nicht das Gefühl, was er hat, wenn er sich mit Helene trifft, um die Grenzen des wissenschaftlich erklärbaren zu überschreiten und in die Gefilde der Spiritualität vorzudringen. Also ist auch er auf einer Suche nach dem ultimativen Gefühl, was beide auf platonischer Ebene zutiefst miteinander verbindet.
Suche nach dem nächsten Dopamin-Kick
So anregend die Gespräche und nächtlichen Streifzüge der beiden auch sein mögen, so befremdlich und öde wirkt das gefühlskalte Spiel der Hauptdarstellerin. Während Ulrich Tukur den selbstbewussten, durchaus zur menschlichen Emotion fähigen Analytiker spielt, erscheint Martina Gedeck wie eine uneinnehmbare Festung der Emotionslosigkeit. Das gehört natürlich zur Rolle dazu, dennoch ist es unangenehm, da dem Zuschauer die Identifikationsfigur genommen wird. Die Perspektivgeberin scheint keine Perspektive zu haben, was verhindert, dass der Zuschauer überhaupt einen Bezug zum Geschehen erhält. Fast kann man den Ehemann verstehen, wenn er wie ein Derwisch durch die Gegend tobt, ohne auch nur eine Reaktion zu bekommen. Diese Form der passiven Gewalt wird also einer sehr aktiven, brutalen Gewalt gegenüber gestellt, um den Grad des Problems, das sich im Inneren Helenes abspielt, deutlich werden zu lassen. Dementsprechend bleibt das einzig Interessante die Hoffnung auf eine positive Lösung.