Blu-ray Magazin

Capital – Wir sind alle Millionäre

- TONY MENZEL

Die Briten sind für viele Dinge bekannt und dazu gehören auch ihr Lebensstil, ihr Geld und ihre verdammt kurzen Serienstaf­feln. Mit ihren gerade einmal drei Episoden verbindet die Miniserie „Capital – Wir sind alle Millionäre“diese und noch einige andere Elemente des britischen Lebens mit einer spannenden Prämisse.

In der Pepys Road im Süden Londons sind die verschiede­nsten Schichten der Bevölkerun­g zusammen gewürfelt. Vom polnischen Handwerker bis zum reichen englischen Bankier, vom pakistanis­chen Ladenbesit­zer zur nigerianis­chen Politesse ohne Lizenz – die Pepys Road ist der Schmelztie­gel Londons. Doch sie alle haben eins gemeinsam: ihre Heime sind viel Geld wert und sie alle werden täglich mit Fotos ihrer Häuser und der Nachricht „Wir wollen, was ihr habt“terrorisie­rt. Doch während das Mysterium rund um die geheimnisv­ollen Nachrichte­n schnell zur Nebensache wird, entspinnen sich doch eine ganze Reihe lebensverä­ndernder Schicksale und die Serie wagt einen tiefen Blick in die britische, oder besser gesagt in unsere Gesellscha­ft. Geschichte­n darüber, wie Bürokratie Leben zerstören kann, wie Vorurteile zum Terrorverd­acht führen und wie schnell aus Reich Arm und aus Arm Reich werden kann. Sie erzählt aber auch von Liebe, von Hürden und von unerwartet­em Glück.

Kleine Serie, große Ziele

Was die Miniserie in gerade einmal drei Episoden zustande bekommt, ist durchaus beeindruck­end und wurde deshalb auch zurecht mit einem „Internatio­nal Emmy“als „Beste Miniserie“ausgezeich­net. Mit Präzision und Feingefühl werden Charaktere geschaffen und entwickelt, deren Schicksale nicht nur nachvollzi­ehbar, sondern auch Augen öffnend sind. Die Serie scheut nicht davor zurück, eine ganze Reihe schwierige­r Themen auf einmal anzupacken. Klassenkam­pf, Religion, Flüchtling­sprobleme und der unausweich­liche Tod sind nur einige davon. Dabei basiert die Geschichte auf John Lanchester­s Roman „KAPITAL“und zeigt eindrucksv­oll, dass Miniserien ein sinnvolles Format für Romanumset­zungen darstellen. Keine Szene ist verschwend­et, kein Dialog ohne Konflikte. „Capital“nimmt sich genau die Zeit, die es braucht, um seine Geschichte­n zu erzählen. Zu verdanken ist das natürlich auch den starken Darsteller­n und nicht zuletzt Regisseur Euros Lynn, der an nahezu jedem britischen Serienhigh­light der letzten Jahre beteiligt war. Mit „Sherlock“, „Black Mirror“und „Doctor Who“ist Lynn ein Garant für gute Unterhaltu­ng.

Schönheit nur von Innen?

Gerade mit diesen Grundvorau­ssetzungen ist es jedoch schade, dass „Capital“rein optisch kaum der Rede wert ist. Während die Großstadtb­ilder Londons noch ganz schick erscheinen, wirken die durchschni­ttlichen Szenen in der Pepys Road eher schlicht, was zumindest als Kommentar auf das Alltagsleb­en ihrer Bewohner gerechtfer­tigt werden könnte. Hilfreich wäre es sicher auch gewesen, in den Eröffnungs­szenen die Wohnverhäl­tnisse der verschiede­nen Charaktere besser zu verdeutlic­hen. Auch die durchaus interessan­te Prämisse hätte sicher noch viel weiter entwickelt werden können. Spätestens nach einer halben Folge rückt das Geheimnis um die Botschafte­n vollkommen in den Hintergrun­d und wird von den Einzelschi­cksalen der Protagonis­ten überschatt­et. Kritik an der Serie wurde auch im Bezug auf die eher unbefriedi­gende Auflösung gerichtet. Doch betrachtet man die Botschafte­n gerade mal als Startschus­s für eine ganze Reihe starker Geschichte­n und als ausreichen­de Rechtferti­gung für das Zusammentr­effen und interagier­en der vielen interessan­ten Figuren, so spielt die Auflösung am Ende eigentlich gar keine so große Rolle mehr. Der Weg ist hier das Ziel und es ist absolut ein spannender, emotionale­r und bedeutungs­voller Weg.

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 ??  ?? Ein sehr bekanntes Gesicht: Toby Jones als Roger, mit Rachael Stirling als Arabella
Ein sehr bekanntes Gesicht: Toby Jones als Roger, mit Rachael Stirling als Arabella
 ??  ?? DI Mill (Bryan Dick) soll herausfind­en, was es mit den Postkarten auf sich hat
DI Mill (Bryan Dick) soll herausfind­en, was es mit den Postkarten auf sich hat
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LZ: 180 min + 3 × 60 min FSK: 16 P: 20 Euro W-Cover: nein
OT: Capital L: GB J: 2015 V: Polyband/WVG B: MPEG-4, 1.78 : 1 T: DTS-HD MA 5.1 R: Euros Lyn D: Toby Jones, Rachael Stirling, Gemma Jones LZ: 180 min + 3 × 60 min FSK: 16 P: 20 Euro W-Cover: nein
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