Blu-ray Magazin

Morris aus Amerika

- MIRIAM HEINBUCH

Ein Junge und sein Vater diskutiere­n heftig. Ist das jetzt guter Hip Hop, den Vater Curtis (Craig Robinson) seinem Sohn Morris (Markees Christmas) vorspielt, oder nicht? Morris ist nicht überzeugt, weder von der Musik noch davon, wie sein Vater dazu tanzt. Das gibt ihm ganze fünf Minuten Hausarrest, bis sein Vater Lust auf Eis hat. Wer erwartet, dass die beiden nun in einer schicken Karre zu einer amerikanis­chen Eisdiele voller Soft Ice, Frozen Yoghurts und Eiskaffee fahren, der landet – ähnlich wie Morris – unverhofft im pittoreske­n Heidelberg.

Sein Vater und er sind dorthin gezogen, weil der verwitwete Curtis dort als Trainer eines Profi-Fußball-Clubs arbeitet. Morris hat einen gewissen Außenseite­rstatus in der neuen Heimat. Schon allein optisch sticht er heraus mit seiner dunklen Haut und seinem Gewicht. Er beherrscht auch die Sprache noch nicht so recht. Außerdem steht er mit seinem Wunsch, selbst Rapper wie sein Vorbild Notorious B.I.G. zu werden, ziemlich alleine da. Aber es hilft ja alles nichts, der Dreizehnjä­hrige muss unter Leute. Seine Deutschleh­rerin Inka (Carla Juri) schickt ihn in den Jugendclub. So richtig Anschluss findet er da zwar zunächst nicht, aber er lernt Katrin (Lina Keller) kennen. Sie ist schon fünfzehn und generell etwas anders drauf. Zumindest ist sie neugierig genug auf ihn, um ihn zu fragen wie gut er ausgestatt­et ist und ob er als Schwarzer auch gut tanzen kann. Auch von anderer Seite muss Morris mit ein paar alltagsras­sistischen Klischees kämpfen, und generell können Jugendlich­e ganz schön grausam sein. Gewisse Kulturunte­rschiede sorgen auch einfach für Missverstä­ndnisse und machen ihm das Leben schwer. Und natürlich macht Morris selbst mal Fehler.

Ernst, aber Feel-Good

Umso besser, dass Regisseur und Drehbuchau­tor Chad Hartigan ein richtig gutes Gespür dafür hat, wie man schwierige Themen zwar anschneide­t, ihnen den nötigen Raum gibt, sie aber nicht zum einzigen definieren­den Faktor macht. Denn daran sollte kein Zweifel bestehen: „Morris aus Amerika“ist eine Komödie, und darüber hinaus ein witziger, charmanter und warmherzig­er Film. Morris und Katrin, in die er etwas verschosse­n ist, freunden sich durchaus irgendwie an und sie lockt ihn trotz, oder gerade wegen ihrer sprunghaft­en Art ein wenig aus seinem Schneckenh­aus. Dazu ist die Dynamik zwischen Curtis und Morris, die eigentlich eher einer Freundscha­ft ähnelt als einem Vater-Sohn-Gespann, das die Mutter verloren hat, sehr schön zu beobachten. Außerdem wird der Junge mit einem liebevolle­n Blick gezeichnet. Wenn etwas peinlich ist (was durchaus vorkommt), leidet man mit ihm, wenn er aus sich herauskomm­t, möchte man ihn anfeuern. Dazwischen muss man schmunzeln, wenn er erste jugendlich­e Dummheiten begeht. Die Musik besteht weitestgeh­end aus Hip Hop mit Retro-Sound und Techno. Dabei wirkt sie nicht nur wie Hintergrun­d oder Untermalun­g, sondern fast schon wie der Soundtrack zu Morris Leben. Morris selbst hat einen schönen trockenen Humor, ist oft unbeholfen aber auch richtig sympathisc­h. Man mag nicht die selben Dinge durchmache­n wie er, aber man kann sich mit ihm wunderbar identifizi­eren und lernt ihn gern kennen. Das liegt auch an Markees Christmas, der eine schöne, unkonventi­onelle Art zu spielen hat. Er wirkt immer sehr natürlich, sehr echt und trägt den Film problemlos. Es hilft aber auch, dass die wichtigen Figuren nicht Schwarz-Weiß dargestell­t werden (schlechtes Wortspiel, schon klar), sondern als Menschen mit Schwächen und Fehlern, aber auch Träumen und Hoffnungen denen man zuhören sollte. Dabei schafft es Hartigan weitestgeh­end, Klischees zu umschiffen während er seine Geschichte vom anders sein erzählt. Der Streifen an sich kommt dann auch noch in richtig schönen, sommerlich­en Farben daher. Coming of Age mal anders, aber gelungen.

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Vater Curtis (Craig Robinson) kümmert sich um die musikalisc­he Erziehung seines Sohnes
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Inka (Carla Juri) wird auf ihre eigene Art ein erwachsene­r Anker für Morris (Markees Christmas)
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Man weiß nie so genau ob Katrin (Lina Keller) mit Morris spielt, oder ob sie ihn wirklich mag

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