Blockbuster
John Wick hat eben erst seinen Wagen zurückgeholt, Frieden mit dem russischen Syndikat geschlossen und seine Waffen wieder einbetoniert, als es an der Tür klingelt …
John Wick Kapitel 2, Guardians, Resident Evil: The Final Chapter, Die irre Heldentour des Billy Lynn, Hacksaw Ridge, T2 Trainspotting, Logan, Live By Night, Suburra, Sleepless
Die Vergangenheit holt ihn in der Gestalt von Santino D’Antonio (Riccardo Scamarcio) ein. Ihm hatte John seinerzeit eine so genannte Schuldmünze gegeben, damit er aus dem Geschäft aussteigen kann. Sie verpflichtet John zu einem Gefallen, den er nicht ablehnen darf – denn das sind die obersten zwei Regeln der Assassinen: Niemand wird in den Continental-Hotels ermordet und Schuldmünzen werden beglichen. Nun fordert Santino sein Recht: John soll dessen Schwester Gianna (Claudia Gerini) töten, damit ihr Sitz in der Hohen Kammer der Killer-Gilde an ihn fällt. John macht sich auf den Weg nach Rom, wird dann jedoch hereingelegt und muss sich erneut gegen die Mafia zur Wehr setzen – diesmal die italienische.
Rache wird am besten cool serviert
Man sollte meinen, Rache-Geschichten seien einfach zu erzählen, aber sieht man sich die letzten zehn oder fünfzehn Jahre an, trifft man auf viele gescheiterte oder zumindest überwiegend unbefriedigende Versuche wie „The Punisher“, „Death Sentence“und „Max Payne“, die allesamt ihr Potenzial nicht genutzt hatten. Und dann kam „John Wick“. Der an Handlung nicht unbedingt reichhaltige Film war genau so, wie eine Rache-Geschichte erzählt sein sollte: Einfach, stringent, brutal und – natürlich – cool! Der in edlem Schwarz gekleidete Keanu Reeves in seinen röhrenden, glänzenden Autos und den erstaunlich präzisen Fähigkeiten am Abzug seiner Waffe war genau das, was man als Fan des Genres herbeigesehnt hatte. Es war gerade das Einfache von „John Wick“, das den Film 2014 zu einem Überraschungserfolg werden ließ. Die Regisseure Chad Stahelski und David Leitch waren nie davon ausgegangen, dass der Film eine Fortsetzung nach sich ziehen würde, aber ihre jahrzehntelange Erfahrung als Stuntmen bzw. Stunt-Koordinatoren, unter anderem zusammen mit Keanu Reeves und Laurence Fishburne bei der „Matrix“-Trilogie, zahlte sich aus: „John Wick“war optisch großartig, hielt das Gleichgewicht zwischen Humor und Gewalt, und sparte nicht mit ausgereiften Kampfchoreographien, die dennoch nicht übertrieben wirkten. Auch sieht man „John Wick: Kapitel 2“wieder an, dass Keanu Reeves sechs Monate Kung Fu, Jiu Jitsu, Waffenkunde und Fahrtraining hinter sich hat und daher erneut fast alle Stunts selbst machen konnte – die Bewegungsabläufe sind bei dem inzwischen 52-Jährigen so routiniert, dass sie manchmal beschleunigt wirken, was den Coolness-Faktor noch einmal deutlich steigert. All diese tollen Zutaten hatten schon im ersten Teil großartig zusammengewirkt und auch stilistisch setzt „John Wick 2“auf denselben Mix. Die Mischung funktioniert perfekt – fast zumindest.
Weniger ist manchmal mehr
„John Wick 2“konnte logischerweise nicht nochmal dieselbe Geschichte erzählen wie der erste Teil. Das Auto holt sich John zu Beginn des Films zurück und den zweiten Hund zu töten wäre barbarisch, aber natürlich liegt der Fokus wieder klar auf dem einsamen, gebrochenen Helden, der es mit einer gewaltigen und gewalttätigen Übermacht aufnehmen muss und dafür Kugeln verteilt, als wären es glänzende Gummibärchen. Praktischerweise trifft John Wick immer, seine Gegner jedoch so gut wie nie (und wenn doch, hält sein
kugelsicherer Anzug die meisten Projektile auf), was ein bisschen Spannung aus den Kampfszenen nimmt. Je nach Zählung meuchelt John Wick zwischen 120 und 130 Menschen, bevor der Abspann beginnt. Dieser Leichenberg erfordert natürlich wieder einiges an körperlicher Anstrengung – und genau hier liegt die Crux von „John Wick 2“: Es ist einfach zu viel Kämpferei. Nachdem John etwa zur Hälfte des Films seinen Auftrag erfüllt und die Schuld beglichen hat, folgen weitere 60 Minuten, die bis auf einige ruhigere Minuten allein durch Schießereien, Verfolgungsjagden und Kampfsequenzen gefüllt wurden. Visuell, dramaturgisch und besonders choreographisch ist das alles wunderbar umgesetzt – aber dennoch wird es zwischendurch etwas öde. Nicht sehr, nur gerade genug, dass man sich als Zuschauer fragt, warum beim ersten Film keine Langeweile aufkam. Zu behaupten, es läge einfach daran, dass in „John Wick“weniger geschossen und gemordet wurde, wäre ein Fehlschluss. Stattdessen liegt es vermutlich an der einfacheren Motivation: Wo John im ersten Film seine Frau und seinen Hund rächt, also vollkommen nachvollziehbar im Recht ist, bringt er sich im zweiten Teil ein Stück weit selbstverschuldet in Schwierigkeiten – immerhin lehnt er es zu Beginn ab, seine Schuld zu bezahlen. Die moralische Grundlage, so pervertiert sie in „John Wick“auch gewesen war, ist absolut simpel gewesen; für den zweiten Teil ist sie es nicht, wenngleich auch nicht unbedingt kompliziert. Was bei „John Wick 2“dagegen wieder sehr gut funktioniert, ist die ausgeprägte visuelle Ästhetik. Wenn unser langhaariger Held mit seinem Hund zu seinen Füßen in der Nacht sitzt und auf sein lichterloh brennendes Haus schaut, fühlt man sich unvermittelt an eine Comicverfilmung erinnert, bei der jede Aufnahme zu einhundert Prozent sitzt. Das Comic zu John Wick kommt übrigens – zumindest in den USA – noch im Laufe des Jahres in den Handel.
Kapitel 3 bereits in Arbeit
Dass es einen dritten Film geben wird, ist inzwischen weitgehend sicher. Im Mai wurde bekannt, dass die Produktion zu „John Wick: Kapitel 3“, wie vermutlich der Titel lauten wird, im Herbst beginnen soll und dass der Autor der ersten beiden Filme wieder das Drehbuch schreiben wird. Regisseur Chad Stahelski erklärte in einem Interview im Rahmen der Blu-ray-Veröffentlichung, dass der nächste Film „anders“aber nicht zwingend spektakulärer werden soll – genaue Ideen verriet der 48-Jährige nicht, aber Originalität ist Stahelski offensichtlich wichtiger, als stumpfe Quantität. Das macht Hoffnung. Vorausgesetzt, die Dreharbeiten können nach schneller Vorproduktionsphase schon im kommenden Herbst beginnen, ist ein Kinostart für den Spätsommer oder Herbst 2018 zumindest denkbar.
„John Wick: Kapitel 2“kommt neben der gewöhnlichen Plastikhüllen-Version auch als limitierte Steelbox-Edition sowie als 4K Ultra-HDBlu-ray auf den Markt. Die Discs unterschieden sich jedoch hinsichtlich des Bonusmaterials nicht voneinander. Dieses ist recht umfänglich und beinhaltet neben verschiedenen kurzen Dokumentationen und einigen mehr oder weniger nützlichen Features auch einen deutsch untertitelten Filmkommentar von Keanu Reeves und dem Regisseur. Bei allen Editionen liegt Dolby Atmos (leider nur) für die englische Tonspur vor; die deutsche Fassung muss mit 7.1 Vorlieb nehmen, was jedoch dem durchschnittlich ausgestatteten Filmliebhaber ohnehin ausreichen dürfte. Das Bild ist klar und rauscht nicht, selten gibt es bei schwierigen Texturen Nachzieheffekte. Der Schwarzwert könnte etwas besser sein – gerade bei einem Film, der fast ausschließlich bei Nacht spielt, sollte Schwarz nicht ins Dunkelgraue tendieren.