Billy Lynn 3D
Regisseur Ang Lee erforscht mit seinen Filmen gerne die strukturellen, erzählerischen und auch technischen Möglichkeiten des Mediums. „Die irre Heldentour des Billy Lynn“sticht zumindest durch seine grandiose Präsentation heraus. Ansonsten ist Lees neuest
Eines gleich vorne weg: Niemand, der es nicht selbst erlebt hat, kann nachvollziehen, was Soldaten in Kriegsgebieten durchmachen. Vor allem, wenn der Rest der Gesellschaft den Konflikt aus sicherer Entfernung im TV verfolgt. Nirgendwo wird dieser krasse Unterschied zwischen allgemeiner Wahrnehmung und subjektiver Wahrheit so deutlich wie in den USA. Soldaten werden für ihre Dienste dort zurecht respektiert – aber auch immer häufiger zu patriotischen Superstars hochstilisiert. Ging es während des Zweiten Weltkriegs noch darum, mit solchen Veteranen Kriegsanleihen unters Volk zu bringen, werden die heldenhaften Soldaten heute nur noch zu simplen Showzwecken missbraucht. Ang Lee und Drehbuchautor Jean-Christophe Castelli geben mit „Die irre Heldentour des Billy Lynn“ein kurzes Statement zu diesem Trend ab, mehr aber nicht. Die Romanvorlage von Ben Fountain betreibt eine satirische Analyse der falschen und auf Massentauglichkeit getrimmten Heldenverehrung im 21. Jahrhundert. Die Leinwandadaption gibt sich große Mühe, die Gefühlswelt des titelgebenden Soldaten Billy Lynn zu erforschen, greift sonst aber zu kurz.
In The Army Now
Die Handlung des Films dreht sich um den 19-jährigen Soldaten Billy Lynn (Joe Alwyn), der zusammen mit Sergeant Dime (Garrett Hedlund) und anderen Kameraden des Bravo Squad im Irakkrieg 2004 ein schweres Feuergefecht überlebt hat und hochdekoriert in die Heimat zurückkehrt. Die junge Truppe soll auf einer landesweiten Siegestour die durch den Konflikt gespaltene Nation nun mit Patriotismus wieder vereinen. Eine Station ist der Auftritt in einer Football-Halbzeit-Show an Thanksgiving, bei der sich Lynn nicht nur an die grausamen Details des Einsatzes zurück erinnert, sondern gleichzeitig damit umgehen muss, dass ihn dafür zu Hause fast alle als berühmten Kriegshelden feiern. Lee und sein Team konzentrieren sich stark auf die visuelle Inszenierung dieser krassen Gegensätzlichkeit zwischen Hochglanz-Show und harter Kriegsrealität, vergessen dabei aber häufig, einen echten Kommentar darüber abzugeben. Zwar behandelt „Die irre Heldentour des Billy Lynn“seine Geschichte und dessen Charaktere mit dem notwendigen Feingefühl und stellt Lynns persönliche Reaktionen auf die Geschehnisse wunderbar in den Vordergrund. Doch der Film nimmt sich nie so richtig die Zeit, wirklich tief in die Materie und damit in das Schicksal eines Armeeveteranen und seiner Waffenbrüder in der heutigen, mediengetriebenen Gesellschaft einzutauchen. Subplots wie Billys kurze Romanze mit einer Cheerleaderin (Makenzie Leigh) oder die Beziehung zu seiner pazifistischen Schwester (Kristen Stewart) werden stiefmütterlich eingestreut und nicht wirklich zu Ende erzählt. Gemessen an ähnlich gelagerten Geschichten wie Clint Eastwoods „Flags Of Our Father“wirkt Lees Ansatz zu inkonsequent und an vielen Stellen auch etwas unfertig. Die Szenen des Kampfeinsatzes sind da schon realer gestaltet und fangen vor allem das Gefühl von Kameradschaft im Bravo Squad sehr gut ein. Joe Alwyn kommt in seinem Filmdebüt als Billy Lynn noch etwas hölzern rüber, schafft aber dafür den Spagat zwischen jugendlicher Unschuld und kriegsgestählter Härte. Im starken Kontrast dazu steht Garrett Hedlunds zynischer, aber pflichtbewusster Sergeant Dime, der den Irrsinn des Geschehens direkt und pointiert kommentiert. Kristen Stewart liefert trotz gefühlter fünf Minuten Bildschirmzeit eine tolle Darstellung als kritische Kriegsgegnerin ab. „Die irre Heldentour des Billy Lynn“sieht selbst auf dem Standard-Release einfach nur grandios aus. Die Detailschärfe, die brillanten Farben, die beeindruckenden Kontrastwerte – das Bild kratzt an der Grenze zur Perfektion. Zwar wurden die 120 Bilder pro Sekunde (für die 3D-Präsentation jeweils 60 Hertz pro Auge) hier auf die filmtypischen 24 reduziert (die UHD-Version bietet smoothe 60), doch selbst Laien werden an dem flüssigen Look des Films Gefallen finden. In Kombination mit der exzellenten Tiefenwirkung der 3D-Bluray entsteht ein solch immersives Filmerlebnis, dass plakative Ausdrücke wie „Hyperreal“angemessen erscheinen. Minimal weniger beeindruckend ist da die Tonspur, die im Gegensatz zum Dolby-Atmos-Track der UHD-Version einen soliden, aber nicht ganz so spektakulären 5.1-Surround-Sound bietet.