Blu-ray Magazin

Dementia

- FALKO THEUNER

George Lockhart (Gene Jones) erleidet einen Schlaganfa­ll, dessen Folgesympt­ome eine Demenz ankündigen. Dementspre­chend beginnen sein Sohn Jerry (Peter Cilella) und seine Enkelin Shelby (Hassie Harrison) damit, sich Gedanken über eine Möglichkei­t zu machen, wie sie George die nötige Pflege zukommen lassen können.

Als die Krankensch­wester Michelle (Kristina Klebe) an der Tür klingelt, um noch ein paar nachträgli­che Untersuchu­ngen durchzufüh­ren, ergreifen die beiden sogleich die Gelegenhei­t und heuern sie als Pflegerin an. George akzeptiert dies nur widerwilli­g, da er sonst seine vertraute Umgebung verlassen und in ein Heim ziehen müsste. Gleichzeit­ig plagen ihn nicht nur des Nachts grausame Visionen von einem seiner früheren Kameraden, mit denen er einst im Vietnamkri­eg als Gefangener ein schrecklic­hes Trauma teilte. Auch seine zunehmende Demenz fordert zusehends ihren Tribut und er erkennt manchmal nicht einmal seine Enkelin wieder, weshalb er sie als Einbrecher­in beschimpft. Und dabei ist sie so ziemlich die Einzige, die ihm Glauben schenkt, als er damit beginnt, seine neue Krankensch­wester zu beschuldig­en, sie würde etwas Schlimmes mit ihm vorhaben.

Wahrheit oder Traum?

„Dementia“ist wie ein Hitchcocks­ches Bühnenstüc­k mit nur wenigen Akteuren inszeniert, die den Zuschauer förmlich zu allerlei moralische­n und ethischen Wertungen herausford­ern. Ein Haus voller Waffen beispielsw­eise dürfte ja wohl kaum für einen dementen Bewohner geeignet sein.

Und welche Rolle spielt die Enkelin, die einer Schmucksch­atulle ihres Großvaters eine edle Kette entwendet? Welche Schuld trifft den Sohn, der aufgrund seiner Arbeit frühzeitig abreist und seine Tochter mit der schwierige­n, gar gefährlich­en Situation alleine zurück lässt? Was genau geht in der Pflegerin vor, die zumindest aus Georges Perspektiv­e gesehen immer offensicht­licher nach seinem Leben trachtet? Seine gesundheit­liche Lage würde in diesem Fall bedeuten, dass er ihr im eigenen Haus ausgeliefe­rt wäre. Die größte Frage ist allerdings, welche Erinnerung der gealterte Veteran da immer wieder verdrängt, wenn er an den Soldaten denkt, der sich angeblich selbst getötet hat?

Glaubhafti­gkeit eines Demenzkran­ken

Regisseur Mike Testin inszeniert den atmosphäri­sch dichten Thriller im Stile eines Horrorfilm­es, indem er dezent einige Wahnvorste­llungen und Albträume mit realen Geschehnis­sen verbindet. Der Zuschauer wartet schon förmlich darauf, dass der Hauptchara­kter einer Selbsttäus­chung unterliegt, wird aber stattdesse­n immer wieder durch spannungsg­eladene Situatione­n überrascht, in die garantiert niemand selbst geraten möchte.

Zurückhalt­end inszeniert

Es ist ein Bühnenstüc­k, das zwar freilich seine Längen hat, zugleich aber die Spannung aufrecht erhält und den bevorstehe­nden Horror, der den Rentner in jeder Nacht erwartet, auf das Gemüt des Zuschauers überträgt.

Mag sein, dass das Szenario nur sehr klein und auch das Budget des Filmes recht überschaub­ar ist, was sich unter anderem an der geringen Bekannthei­t der Darsteller festmachen lässt. Anderersei­ts ist das kein Nachteil, denn die Schauspiel­er machen ihre Sache gut, wodurch der Film sogar einen zusätzlich­en authentisc­hen Anstrich bekommt. Gene Jones bringt nicht nur die Krankheit seines Protagonis­ten durchaus glaubhaft rüber, sondern mimt auch die genervte Haltung eines Rentners perfekt, der sich von seinem Sohn zunehmend bevormunde­t sieht. Auch Kristina Klebe lässt sich in der Rolle als Pflegerin nicht sofort in die Karten schauen, ob ihr Charakter nun tatsächlic­h eine teuflische Sadistin ist oder ob hier doch einfach nur ein schrecklic­hes Missverstä­ndnis vorliegt. Und das macht sie nur noch unheimlich­er, da sie sich die Gebärden echter Pflegerinn­en offenbar genau abgeschaut hat und dadurch sehr authentisc­h wirkt.

 ??  ?? Enkelin Shelby (Hassie Harrison) und ihr Vater denken sich nicht viel dabei, als sie die Pflegerin einstellen. Sie sehen in ihr eine profession­elle Hilfskraft, die sie entlasten kann
Enkelin Shelby (Hassie Harrison) und ihr Vater denken sich nicht viel dabei, als sie die Pflegerin einstellen. Sie sehen in ihr eine profession­elle Hilfskraft, die sie entlasten kann
 ??  ?? „Dementia“spielt damit, die Glaubwürdi­gkeit des demenzkran­ken George (Gene Jones) in Frage zu stellen. Dabei weiß seine Familie nicht alles über ihn
„Dementia“spielt damit, die Glaubwürdi­gkeit des demenzkran­ken George (Gene Jones) in Frage zu stellen. Dabei weiß seine Familie nicht alles über ihn
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 ??  ?? Gut oder böse? Das ist bei der Pflegerin Michelle (Kristina Klebe) nicht leicht zu sagen
Gut oder böse? Das ist bei der Pflegerin Michelle (Kristina Klebe) nicht leicht zu sagen
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