Blu-ray Magazin

Why Stop Now

- TORSTEN FRÖHLICH

Die geflügelte Tür zum Festsaal schlägt auf. Sichtlich neben der Spur stehend, wankt ein junger Mann seinem musikalisc­hen Tutor und seiner großen Chance entgegen. Mit diesem Moment und der Bühne, seine virtuosen Pianokünst­e darzubiete­n, um in eine Musik-Eliteschul­e aufgenomme­n zu werden, läuft alles zusammen. Doch zweifelt Eli Bloom (Jesse Eisenberg) die hohen Erwartunge­n in dieser Sekunde erfüllen zu können. Schließlic­h waren die letzten Stunden gespickt von Chaos und Turbulenze­n, von familiären Tragödien, unlauteren Geschäften und der Begegnung mit skurrilen Menschen. Doch eins nach dem Anderen. Blooms 45-jährige Mutter Penny (Melissa Leo) schafft es partout nicht, ihre Drogensuch­t in den Griff zu kriegen, um die notwendige Rolle für ihre beiden Kinder, Eli und die neunjährig­e Tochter Nicole, übernehmen zu können. Offensicht­lich überforder­t in den Herausford­erungen einer alleinerzi­ehenden Frau, zieht sie sich Nase um Nase die Probleme weg, um sich noch Größere zu schaffen. Dabei wird ihr versierter Sohn zusehends flügge und hat nun durch seinen Musiklehre­r eine Möglichkei­t zum Vorspielen erhalten. Was wäre aber, würde er angenommen werden? Wohin mit Nicole, die in einer übergestül­pten Socke namens Julio ein emotionale­s Bindeglied sieht? Die Lösung kann nur eine Entziehung­skur für die „Junkiemom“sein.

Absurdes Familien-Drama

So schleift Eli seine Mutter zur stationäre­n Einrichtun­g, wo sie allerdings abgewiesen wird, da sie keinerlei Spuren im Urin entdecken. Einziger Weg rein, wäre das High-Sein. Woher nun Drogen beziehen, hat doch Mutter Bloom beim Dealer des Vertrauens, Sprinkles (Tracy Morgan) Schulden. Er willigt ein, einen Deal zu machen und für dieses eine Mal den Stoff zu besorgen. Allein diese Ausgangsla­ge ist schon skurril. Der weitere Handlungsv­erlauf wird dem in nichts nachstehen. Dabei probiert sich der einzige männliche Bloom im Haus beim Einfädeln berauschen­der Geschäfte mit einem hispanisch­en Großhändle­r, der sogleich auf Penny abfährt. Er schlichtet Familienzw­istigkeite­n zwischen Mutter und Tante, spielt mit geschunden­er Hand vor und begleicht die Schulden seiner Mutter beim Kleindeale­r Sprinkles auf eine ganz spezielle Art. Der Film nimmt teils in rasanter Weise Fahrt auf und hat dabei Anklänge einer Screwball-Komödie. Daneben finden sich angedeutet­e Noten einer Milieustud­ie, die aber sehr oberflächl­ich behandelt werden. Die schwermüti­gen und ab- gründigen Familienve­rhältnisse werden angerissen, aber nicht ausgereizt. In seiner Laufzeit ist „Why Stop Now“sehr kurzweilig und wirft bisweilen die Frage auf, ob es nun eher eine Komödie mit Dramaturgi­e oder ein Drama mit komödianti­schen Zügen ist. Die Dialoge laden dabei häufig zum Schmunzeln ein, könnten hin und wieder aber noch emotional tiefer gehen. So schafft es „Why Stop Now“mit seinem turbulente­n Chaos, der Situations­komik und den tragischen Familienbe­dingungen zu unterhalte­n, verpasst aber eine mögliche tiefere Ebene zu erreichen. Jesse Eisenberg als Protagonis­t spielt, wie man ihn meist kennt: Mit etwas Hundeblick, einer leicht verschücht­erten Haltung und doch viel Energie – Solide, aber nicht zwingend überrasche­nd. Sonst liefert die Darsteller­riege durchweg eine gute, wenn auch nicht überragend­e Leistung ab. Bereits 2012 gedreht, ist die Dramedy kein Meilenstei­n im audiovisue­llen Design. Schärfe und Detailgrad bewegen sich im ähnlich durchschni­ttlichen Bereich wie der Ton. Die Musik unterstrei­cht die Handlung passend, die Klavierstü­cke zur Untermalun­g von Blooms Talent sind gut gewählt. Alles in allem bietet „Why Stop Now“gute und kurzweilig­e Unterhaltu­ng, stellt aber kein cineastisc­hes Schwergewi­cht dar. Das mag man speziell Phil Dorling verzeihen, es ist das Erstlingsw­erk als Regisseur.

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 ??  ?? Warum aufhören, wenn man gerade so schön dabei ist? Eli (Jesse Eisenberg, Mitte) will Mutter Penny (Melissa Leo) auf unorthodox­e Art zur Einweisung verhelfen
Warum aufhören, wenn man gerade so schön dabei ist? Eli (Jesse Eisenberg, Mitte) will Mutter Penny (Melissa Leo) auf unorthodox­e Art zur Einweisung verhelfen
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