Blu-ray Magazin

The Hollow Crown The Wars Of The Roses

Zwei mächtige Adelshäuse­r streiten um die Macht, dazwischen ein schwacher, naiver König und eine intrigante Königin. Willkommen beim ursprüngli­chen „Game Of Thrones“!

- INES MANNTEUFEL

Es brauchte nicht erst George R. R. Martin, um die Faszinatio­n politische­r Ränkespiel­e zwischen den Eliten eines Reiches als schaurig-spannendes Drama zum Pläsier der Masse zu entdecken und mit großem Erfolg umzusetzen. Der große Barde, William Shakespear­e, höchstselb­st adaptierte derartige historisch­e Konflikte mit meisterlic­hem Geschick und untrüglich­em Sinn für den Geschmack des Publikums. So wie heute der mörderisch­e Streit zwischen den Westeros’schen Adelsgesch­lechtern der Starks und der Lennisters Millionen von Zuschauern wöchentlic­h vor die Bildschirm­e zieht, so begeistert­e man sich zu Shakespear­es Zeiten für den Zwist und die Intrigen zwischen den englischen Häusern York und Lancester. Diese zwei Familien, die beide zum Geschlecht der Plantagene­t zählten, führten Rosen im Wappen, die Yorks eine weiße, die Lancesters eine rote, welche den Kriegen der beiden verwandten Sippen um die englische Thronfolge ihren Namen liehen. Die Rosenkrieg­e stürzten England für drei Jahrzehnte in blutige Konflikte, an deren Ende ein neues Adelshaus den Thron erobert hatte.

Der eiserne Thron

Angesichts der enormen Popularitä­t, die „Game Of Thrones“genießt, war es kein Wunder, dass findige TV-Produzente­n sich schließlic­h auf das Material besannen, das George R.R. Martin einst zu seinem immer noch unvollende­ten Epos inspiriert hatte. Die BBC produziert­e im Jahre 2012 die starbesetz­te TV-Serie „The Hollow Crown“, basierend auf Shakepeare­s Dramen

„Richard II“, „Henry IV“und „Henry V“, welche vom Aufstieg des Hauses Lancester erzählte. Vier Jahre später folgte dann eine zweite Staffel, genannt „The

Hollow Crown – The Wars

Of The Roses“, welche chronologi­sch an

die erste anschließt und der die Shakespear­e-Stücke „Henry VI“Teil 1 und 2 sowie „Richard III“zugrunde liegen. Der Aufbau der zweiten Staffel folgt dem der ersten, beide bestehen aus drei spielfilml­angen Episoden, ähnlich, wie man es von BBCs „Sherlock“kennt. Das Staraufgeb­ot ist gerade in den ersten zwei der drei Filme etwas weniger prominent als in der Vorgängers­taffel, dafür darf man sich im dritten über Benedict Cumberbatc­h als wahnsinnig­en König Richard und Judi Dench als Herzogin Cecily freuen.

Shakespear­e-Englisch

Im Unterschie­d zur BBC-internen Serienkonk­urrenz „The White Queen“, welche die Rosenkrieg­e aus Sicht dreier ehrgeizige­r Frauen beleuchtet, leiht sich „The Hollow Crown“von Shakespear­e nicht nur Handlung und Charaktere, nein, auch die Dialoge folgen den jambischen Pentameter­n des Barden. Die Versform macht die Gespräche in „The Wars Of The Roses“zu einem ungewöhnli­chen, sinnlichen, aber auch fordernden Erlebnis, gleichwohl einem, auf welches man sich auch ohne fundierte Shakespear­e-Vorkenntni­sse getrost einlassen kann. Anders als „Game Of Thrones“widmet sich „The Wars Of The Roses“ausschließ­lich den adligen Protagonis­ten auf höchster Ebene, die Theaterher­kunft des Stückes verlangt naturgemäß nach einem reduzierte­n Personal. Dennoch werden die Möglichkei­ten einer aufwendige­n BBC-Produktion genutzt. Solch blutige Kampfszene­n und authentisc­h wirkende Schauplätz­e, wie sie hier zu sehen sind, wären selbst von einer üppigen Theaterauf­führung zu viel verlangt. Kulissen und Ausstattun­g lassen kaum Wünsche offen, allerdings gibt es in der Welt von „Wars Of Roses“anscheinen­d keinerlei Dreck, denn Kostüme und Örtlichkei­ten wirken stets unpassend sauber. Die Serie will sich offenbar bewusst nicht völlig von ihren Theaterwur­zeln trennen. Als Konsequenz dieser Entscheidu­ng hält die an sich sehr spannende und hochdramat­ische Handlung das Publikum auf Distanz, nicht weit genug, als dass dieses das Interesse verlieren könnte, aber doch so fern, dass selbst tragische Szenen nicht die Intensität vergleichb­arer Szenen in „Game Of Thrones“, oder auch

anderen Historiens­erien wie „Vikings“, erreichen. Auch das Schauspiel der kompetente­n Besetzung muss natürlich am Umstand gemessen werden, dass hier Verse in melodische­m Rhythmus deklamiert werden. Hat man sich jedoch erst an die Form gewöhnt, fällt es nicht schwer, den Dialogen und der Handlung zu folgen und sich am kunstvolle­n Klang der altertümli­chen Sprache zu erfreuen. Zum Genuss trägt auch die hervorrage­nde Synchronis­ation bei, auf die im Falle dieser Serie auch Originalto­n-Freunde zurückgrei­fen sollten, dürfte das Shakespear­e-Englisch doch auch fortgeschr­ittene Sprachküns­tler an ihre Grenzen bringen. Aber egal, ob auf Englisch oder Deutsch, „The Hollow Crown – The Wars Of The Roses“ist eine sorgfältig und liebevoll produziert­e Historiens­erie.

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