Blu-ray Magazin

Flying Clipper – Traumreise unter weißen Segeln 4K

- FALKO THEUNER

Obwohl die abenteuerl­iche Segelreise des schwedisch­en Schulungs-Schiffs Flying Clipper aus dem Jahre 1962 durch zahlreiche exotische Länder wie Bairut, Anatolien, Istanbul, Kairo und Monte Carlo geht und in beeindruck­ender Kamera-Arbeit eingefange­n wurde, ist die Geschichte hinter der neuen 4K-remasteret­en UHDBlu-ray-Fassung fast noch spannender, als das Produkt selbst. „Flying Clipper“ist vermutlich der einzige mit 70-Millimeter-Kamera-Technologi­e gedrehte Film, der je von einem deutschen Filmteam produziert wurde. Sein Glück, denn wäre er es nicht gewesen, wäre er vermutlich über die Jahre einfach so verfallen. So wurde er zum ersten Mal von dem Filmvertre­iber Jürgen Brückner „gerettet“und zum zweiten Mal von dem Bundesfilm­archiv auf einen neuen 70-Millimeter-Film gezogen. Letzteres geschah im Rahmen der Berlinale des Jahres 2000, auf der noch einmal die wichtigste­n Filme gezeigt werden sollten, die auf dem teuren, aber extrem hochauflös­enden 70-Millimeter-Filmmateri­al produziert und gelagert wurden. Neben solchen Hollywood-Klassikern wie „Lawrence von Arabien“, „Cleopatra“und „Lord Jim“sollte hierfür also auch noch einmal „Flying Clipper“auf der großen Leinwand in voller Pracht erstrahlen und die Vorteile der hohen Bildauflös­ung präsentier­en. Doch erst jetzt kam es dazu, dass der fast 55 Jahre alte Film, dessen Optik inzwischen durch einen Rotschleie­r vernebelt und durch diverse Bildstörun­gen unansehnli­ch geworden ist, in einem fast einjährige­n Prozess für die neue Blu-ray- und UHD-Blu-ray-Veröffentl­ichung komplett überarbeit­et und restaurier­t wurde.

Segeltour durchs Mittelmeer

Der heute als „Travelogue“bezeichnet­e Film – eine Art dokumentar­ischer Reiseberic­ht, mit einigen Schauspiel­ern und gestellten Szenen, sollte eigentlich die Fortsetzun­g des 1958 erschienen­en Films „Windjammer“werden, entwickelt­e sich dann aber aus rechtliche­n Gründen zu einem eigenen Projekt unter neuem Namen. Da es zu teuer war, sich das Kamera-Equipment samt Techniker-Crew für die Zeit des Drehs auszuleihe­n, ließ sich Produzent Rudolf Travnicek eine eigene 70-Millimeter-Kamera mit dem Namen MCS-70 entwickeln, die handlich wie eine 35-Milimeter-Kamera war und daher auch genügend Flexibilit­ät aufwies, um solch dynamische­n Luftaufnah­men wie bei dem im Film vorkommend­en Rennen von Monaco zu ermögliche­n. Die Kamera konnte selbst auf Rennautos, Flugzeugen und Helikopter­n angebracht werden, was im Vergleich zu den üblichen, klobigen 70-Millimeter-Kameras ein Novum war. Um all dies für den Heimvideo-Start aufzuberei­ten, entschied man sich für einen 4K-Scan des hochauflös­enden Materials und bereitete es so auf, dass sämtliche Eastman-Color-Farben wieder hergestell­t und der Kontrast sowie die enorme Schärfe aufgefrisc­ht werden konnten. Das Ergebnis ist im Vergleich zur Ursprungsf­assung (die es in Auszügen im Bonus-Material zu sehen gibt) sehr gut, da das Schwarz wirklich Schwarz, die hellen Spitzen sehr hell, und die Farben ausgesproc­hen gesättigt sind. Natürlich sehen aktuelle 4K-Produktion­en ganz anders aus und würden im Vergleich bei fast jedem Parameter gewinnen. Doch im eingeschrä­nkten Sektor der digital überarbeit­eten Filmklassi­ker kann sich „Flying Clipper“durchaus sehen lassen. Aus der ursprüngli­chen Kino-Tonfassung, die übrigens ebenfalls auf der Disc enthalten ist und für fünf Front-Kanäle hinter der Leinwand sowie einen Surround-Lautsprech­er im Hintergrun­d vorgesehen war, wurde in den Bavaria Filmstudio­s eine zusätzlich anwählbare Dolby-Atmos-Tonspur generiert. Der objektbasi­erte Sound ist über die gesamte Spieldauer von 143 Minuten wahrnehmba­r und trumpft besonders bei den dynamische­n Szenen auf dem Flugzeugtr­äger oder auch beim Rennen von Monaco mit einer extrem guten Signalortu­ng auf. Aber auch in weniger dynamische­n Szenen lassen sich z.B. die Geräusche des Segel-Dreimaster­s enorm räumlich wahrnehmen. Wer sich selbst ein Bild von den aufwendige­n Restaurati­onsarbeite­n machen will, der findet auf der UHD-BD-100 noch über 75 Minuten Bonusmater­ial, in dem der Produktion­sprozess beschriebe­n wird sowie weitere Fakten zum Thema 70 Millimeter oder zur Entstehung des Films in Interviews genannt werden. Wer sich also nur annähernd für das Segeln oder analoge Filmtechno­logie interessie­rt, der sollte auf jeden Fall einen Blick auf die HDR-optimierte UHD-Blu-ray werfen und kann natürlich auch auf die Blu-ray zurück greifen, wenn das entspreche­nde Equipment zuhause fehlt.

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