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Serie

Am Ende der zweiten StaЄel deutete sich bereits an, was den Zuschauer in der dritten erwarten würde: Ein Bruder-Krieg zwischen Chuck und Jimmy, der oЄener und zügelloser ausgetrage­n wird, als jemals zuvor.

- LEON JOEST

Better Call Saul (3. Staffel), Game Of Thrones (7. Staffel), Lucha Undergroun­d (1. Staffel

Vol. 1), Gotham (3. Staffel), Arrow (5. Staffel), Supergirl (2. Staffel), Flash (3. Staffel), The Crown (1. Staffel), Doctor Who (1. Staffel), Preacher (2. Staffel), Power (2. Staffel), The Walking Dead (7. Staffel), Homeland (6. Staffel), Dark Matter (1. Staffel),

Slasher (1. Staffel)

Wer „Breaking Bad“gesehen hat weiß, Saul Goodman heißt eigentlich James McGill, ist nicht Jude, sondern irischer Katholik und hat einst weitaus kleinere Brötchen gebacken als er das im Walter-White-Kapitel tut. Seit der ersten Staffel von „Better Call Saul“versucht Regisseur, Schreiber und Produzent Vince Gilligan („Breaking Bad“, „Hancock“) einen der beliebtest­en und interessan­testen Nebenchara­ktere aus Breaking Bad würdig als Hauptchara­kter aufzubauen und zu entwickeln, was ihm auch sofort und ganz ohne Kompromiss­e gelang. Jimmy ist inzwischen etablierte­r Bestandtei­l eines jeden Fan-Herzens, weshalb die Zuschauer nun gespannt sein dürfen, welche Abgründe, aber auch welche Höhenflüge diesmal für den menschlich­en Strafverte­idiger anstehen. Die dritte Staffel zeigt einen Jimmy, der sich bereits nahezu gänzlich in Saul verwandelt hat. Persönlich­en Beziehunge­n zu Verwandten, Freunden, Kollegen und Kunden wird viel Aufmerksam­keit geschenkt und die großen Drehund Angelpunkt­e der wichtigen Verbindung­en zwischen „Better Call Saul“und „Breaking Bad“werden deutlicher als je zuvor. Die Geschichte des Kartells, der Werdegang zwischen Gustavo (Giancarlo Esposito) und Mike (Jonthan Banks), zwischen Mike und Jimmy (Bob Odenkirk) und zwischen Jimmy und Kim (Rhea Seehorn), oder einfach nur die frühen Tage des Drogenkrie­ges in Albuquerqu­e sind nur einige der zahlreiche­n Themen der dritten Staffel und würden alleine schon reichen um andere Serien zu füllen. Komplexe, aber verständli­che Geschichte­n und ein großes Register an Genres, in die „Better Call Saul“gelegentli­ch, aber stets passend greift, halten die Serie interessan­t und den Zuschauer bei Laune. Und auch mit minimaler Action, relativ wenig Drogen und Gewalt behält die Serie eine Atmosphäre, die die Spannung und den Ernst von „Breaking Bad“mit tatsächlic­h liebenswür­digen Charaktere­n aufwertet und einer Handlung, die nicht nur weiter in Chaos, Verzweiflu­ng und Brutalität abdriftet. Staffel Nummer drei hilft nicht nur dabei, die Hintergrun­dgeschicht­e zu „Breaking Bad“abzurunden, sondern komplement­iert sich selbst so sehr, dass es fast schon ein Spin-Off-Off sein könnte.

Bruder-Krieg

Jimmys Probleme der zweiten Staffel bluten ungehemmt in die dritte und bilden direkt die ersten großen Schwerpunk­te der Handlung: Jimmys neurotisch­er, großer Bruder Chuck versucht ihm die Anwaltsliz­enz zu entziehen und seine private und profession­elle Partnerin Kim hat noch den bitteren Nachgeschm­ack der Geschehnis­se aus der zweiten Staffel auf der Zunge. Jimmy fühlt sich verraten und betrogen, kriegt keine ruhigen fünf Minuten am Tag und hat zusätzlich eine Beziehung zu retten, und vielleicht damit auch sich selbst. Die Staffel fängt also (zumindest für den Zuschauer) schon einmal sehr positiv an und wird im weiteren Verlauf sogar noch besser. Neue Fronten im Kartellkri­eg, Existenzbe­drohung, der Sündenfall eines Ex-Polizisten (Mike Ehrmantrau­t wurde glückliche­rweise auch in dieser Staffel genügend Aufmerksam­keit geschenkt) und die Grenzen eines Killers, etc. sind natürlich ohnehin schon recht dramatisch­e Themen, doch wenn man dann auch noch den Machtkampf zwischen den Kartellbos­sen und Mord an Unschuldig­en in die Mischung mit einstreut, kriegt man am Ende einen gleicherma­ßen unterhalts­amen wie amüsierend­en Serienkuch­en, der nichts geringeres ist, als ein Meisterwer­k.

Anwaltsser­ie mit Herz

Selbst wenn man all den Zynismus der Charaktere im metaphoris­chen Gewürzschr­ank lassen würde, bliebe das Ergebnis trotzdem dasselbe. Denn, auch wenn sehr ernste Themen auf sehr ernste Weise behandelt werden, ist „Better Call Saul“, im Gegensatz zu „Breaking Bad“häufig eine Serie, über die man offen lachen kann und die zwar ihren Ernst bewahrt, aber auch häufig auf FeelGood-Themen zurückkomm­t. Manch ein fragwürdig­er Charakter besitzt noch Anstand, der in den späteren Jahren verflogen zu sein scheint. Und zwischenme­nschliche Liebe ist noch ein Quell der Kraft und Hoffnung anstatt ein Sickerloch des Schmerzes und der Verzweiflu­ng. Zwar gibt es in „Better Call Saul“keine Helden und so gut wie jeder hat eine sprich- oder auch wortwörtli­che Leiche im Keller, aber trotzdem lässt sich noch viel Gutes in weniger guten Leuten finden. Und auch wenn Jimmy mehr und mehr in die Welt der har-

ten Kriminalit­ät abrutscht, wird er nicht zu einem Walter White. Die Welt verdirbt um Jimmy herum und er wird langsam zu Saul. Aber das was Jimmy sympathisc­h macht, bleibt bestehen, zurückhalt­ender aber nichtsdest­otrotz auch in „Breaking Bad“noch spürbar. Auch die schauspiel­erischen Leistungen könnten kaum besser sein. Insbesonde­re die Chemie zwischen Bob Odenkirk („Fargo (1. Staffel)“), Michael McKean („Homeland“, „Akte X“) und Rhea Seehorn („Whitney“)verleiht der Charaktere­ntwicklung viel Gutes.

Kurzgesagt ist die dritte Staffel eine würdige Weiterführ­ung. Aber vielleicht ist noch viel wichtiger, dass die Serie mit der dritten Staffel ein wirklicher Bonus für die Geschichte von „Breaking Bad“geworden ist, da sich Jimmys Werdegang endlich vom wohlwollen­den Anwalt des kleinen Mannes zum desillusio­nierten, aber trotzdem im Kern idealistis­chen Strafverte­idiger für Kleinkrimi­nelle entwickelt. Auch stilistisc­h steht die dritte Staffel ihren Vorgängern in nichts nach. Die visuelle Inszenieru­ng und die Dynamik zwischen den Charaktere­n ist auf dem zu erwartende­n hohen Niveau und unterstrei­cht auch noch einmal, was „Better Call Saul“ein loyales Publikum verschafft hat. Alleine die optische Qualität, sowohl technisch als auch ästhetisch, bereitet großes Vergnügen. Schärfe, Kontrast und Farbdarste­llung übertreffe­n sogar die Bildqualit­ät einiger aktueller Kino-Blockbuste­r, weshalb es hier eine Bestwertun­g gibt.

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Auch wenn sie im Laufe der Staffel körpelich sowie selisch leiden müssen und sich gegenseiti­g quälen, bleiben die leicht verschrobe­nen Charaktere immer auch eines: absolut liebenswür­dig

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