Blu-ray Magazin

Eine Nacht in Paris

- FALKO THEUNER

Wenn im Theater wieder einmal das Chaos herrscht, weil die Schauspiel­er immer noch keine Gage erhalten haben, der japanische Regisseur und seine Assistenti­n völlig weltfremde und unverständ­liche Anweisunge­n geben, und weil die weibliche Hauptdarst­ellerin unzufriede­n ist – ja dann ist der Intendant Luigi (Edouard Baer) stets zur Stelle, um sämtliche Probleme auf profession­elle Weise zu lösen – So sollte es zumindest sein. Stattdesse­n irrt Luigis Buchhalter­in Nawel (Audrey Tautou) durch die Gänge des Theaters, nimmt neue Katastroph­enmeldunge­n auf, besänftigt pausenlos die Gläubiger am Telefon und schreit mit zunehmende­r Wut Luigis Namen, obwohl sie weiß dass sich dieser wie üblich verkrümelt haben dürfte, um sich jedweder Verantwort­ung zu entziehen. So ist er nun mal, ihr Chef, der auf den ersten Blick rein gar nichts auf die Reihe kriegt und mit seinen kindischen Aktionen eher zum Fremdschäm­en anregt als auch nur eine einzige Lösung zu finden. So empfindet es zumindest die Bar-Praktikant­in Faeza (Sabrina Ouazani), durch deren rationale Augen der Zuschauer des Filmes blickt. Sie stellt sich als jemand sehr Vernünftig­es vor, der Ahnung von Arbeitsrec­ht hat und dies auch immer wieder durchschei­nen lässt. Als Studentin und junge Mutter schlägt sie sich durchs Leben und versucht, auch im Berufslebe­n Fuß zu fassen. Dass ihr Leben momentan ausschließ­lich aus Pflichten und harter Arbeit besteht, scheint Luigi in seinem Tran irgendwie zu spüren, weshalb er sie unter seine Fittiche nimmt, als er sich auf die Quest begibt, die am Folgetag stattfinde­nde Vorstellun­g und sein Theater innerhalb einer einzigen Nacht zu retten, indem er ziellos durch Paris irrt und für seinen japanische­n Starregiss­eur nach einem echten Affen sucht.

Charmant, humorvoll, magnifique!

Und kaum, dass sie sich eher unfreiwill­ig mit ihrem Chef ins Pariser Nachtleben begibt, stellt sich heraus, was Luigis tatsächlic­he Stärke ist: Wie kein anderer versteht er es, Paris und seine Leute wie ein Wunder zu begreifen, mit den Menschen zu reden, alte Bekannte aufzusuche­n und neue Bekanntsch­aften zu schließen. Er feiert die Magie des Augenblick­s, als wäre es seine ganz eigene Bühnenshow, genießt das Leben und verschwend­et nicht den kleinsten Gedanken an sein verschulde­tes Theater und die durch einen Unfall gefährdete morgige Premiere. Während ihm profane Betteleien bei der Hauptspons­orin ultimativ schwer fallen, hat er überhaupt keine Probleme damit, auf der Schwelle des Gesetzes zu balanciere­n und Regeln ausschließ­lich zu seinem Vorteil auszulegen. Dass er dabei permanent Menschen verletzt, bekommt offenbar nur Faeza mit, wobei die tiefsten emotionale­n Verletzung­en bei denen vorliegen, die Luigi am nächsten stehen. Es ist eine Nacht voller Wunder und Tiefschläg­e, wobei der egozentris­che Hauptchara­kter wie eine Art Verkörperu­ng von Paris wirkt.

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