Martyrs
Pascal Laugiers „Martyrs“von 2008 gehört zu den intensivsten Horror-Erfahrungen der letzten Jahre. Es ist ein sehr symmetrischer Film, der anstatt des simplen Torture-Porns ein sehr durchdachtes, intelligentes Konzept mit gleich mehreren Horror-Stilen bietet. Bereits die erste viertel Stunde ist so dramatisch, rasant und schockierend erzählt, dass ihre Energie ausreichen würde, um den gesamten Film zu tragen. Die junge Lucie (Mylène Jampanoï) entkommt als Kind einem schrecklichen Gefängnis, in dem sie unvorstellbaren Qualen ausgesetzt war. Im Waisenhaus lernt sie mit Anna (Morjana Alaoui) eine Freundin fürs Leben kennen. Jahre später dringt die nun erwachsene Lucie in ein fremdes Haus ein und begeht eine unentschuldbare Bluttat. Psychisch am Ende ruft sie ihre einzige Vertraute an. Als Anna am Ort des Geschehens eintrifft, findet sie ihre heftig verletzte Freundin auf der Flucht vor. Hat sich der Zuschauer gerade von den ersten Schocks, der angsteinflößenden, psychologisch motivierten Horrorgestalt und Lucies Tat erholt, kommt bereits das nächste Zerwürfnis, das Lucie auch Anna gegenüber zur Bedrohung werden lässt. Die Struktur des Films sieht in der Mitte einen kompletten Moduswandel, einen Bruch vor. Alte Bedrohungen werden durch neue, noch viel schrecklichere ersetzt. Aus dem Suspense-Thriller wird ein „Torture-Porn“mit einer völlig anderen Dynamik und verstörendem Körper-Horror. Die letzte viertel Stunde beschäftigt sich mit der nahezu philosophischen Auflösung des sadistischen Spiels und zeigt ein perfekt inszeniertes Ende. Auch wenn die vorliegende Filmversion um einige Minuten gekürzt worden ist, so ist die FSK-18-Variante beileibe nichts für schwache Nerven.