The Crown
Man kennt die englische Königin Elisabeth II. als eine würdevolle, wenn auch oft unterkühlt wirkende alte Frau. Diese reservierte, auf die Fassade bedachte Art wird ihr zuweilen auch übel genommen, wie der Skandal um den Tod von Prinzessin Diana zeigte – eine Zeit, die im Film „Die Queen“mit Helen Mirren in der Rolle der Würdenträgerin behandelt wurde. Wie sie zu dieser Frau, die immer die Pflicht über alles andere stellt, geworden ist, schildert die Netflix-Serie „The Crown“eindrucksvoll in zunächst zehn Folgen. Ihr Schöpfer ist Peter Morgan, der auch das Drehbuch zu „Die Queen“schrieb. Die Königin war einmal eine junge Ehefrau, Elisabeth Mountbatten, die sich eigentlich ein sehr anderes Leben für sich und ihre Familie gewünscht hätte. Das Historiendrama beginnt kurz vor der Hochzeit der jungen Prinzessin, wundervoll gespielt von Claire Foy („Wölfe“, „Crossbones“), mit Philip Mountbatten, ebenso vorzüglich dargeboten von Matt Smith („Doctor Who“, „Stolz und Vorurteil & Zombies“). Es zeigt ihre frühen Jahre, als noch junge Königin.
Wenn man nur ein Wort benutzen könnte, um „The Crown“zu beschreiben, dann wäre es wohl „elegant“. Nahezu makellose Eleganz zieht sich nämlich durch die gesamte erste Staffel. Damit sind natürlich zunächst Kulissen und Kostüme gemeint, die der Inbegriff eleganten Understatements mit gelegentlichem Pomp sind. Vor allem aber ist die Serie elegant in ihrer Art, für ihre potenziellen Probleme sehr gute Lösungen zu finden. Hier muss viel unter einen Hut gebracht werden: Da wäre zum einen der Grund dafür, dass Elisabeth überhaupt auf dem Thron sitzt, denn eigentlich war ihr Vater Georg VI. (Jared Harris) nicht der Thronfolger, musste den Thron aber besteigen, als sein Bruder Eduard VIII. (Alex Jennings) diesen von sich gab, um skandalös die Frau seines Herzens, Wallis Simpson, zu heiraten.
All work and no play...
Wie ihr Vater also handelt sie aus purer Pflicht und opfert dafür ihr persönliches Glück, und damit auch oft das ihrer Familie – zum Leidwesen ihres Mannes und ihrer Schwester Margaret (Vanessa Kirby). Um zu zeigen, wie ihre Rollen als Frau, Mutter, Schwester und Königin kollidieren, nutzt die Serie gezielt eingesetzte Retrospektiven und folgt immer mehreren der Figuren, um das vielschichtige Gesamtbild zu zeigen. So sieht der Zuschauer die Situation auch des öfteren aus der Sicht des von John Lithgow („Hinterm Mond gleich links“) als wunderbar liebenswert schroff und kauzig dargestellten Winston Churchill. Oder er hört die abfälligen Briefe des abgedankten Onkels. Die unterschiedlichen Erzählstränge werden aber nie zu viel, da sie gerade genug ausgespielt werden, um ein tieferes Verständnis für die Mechanismen zu geben, die aus einer Frau eine königliche Figur machen. All das macht „The Crown“insgesamt als Produktion vielleicht etwas zu glatt, nichtsdestotrotz ist es großartiges Drama, das gefühlvoll ist, ohne die Linie zum Kitsch zu übertreten. Dabei steckt sie voller aussagekräftiger Bilder. Es braucht schon gute Nerven, um keinen Kloß im Hals zu kriegen, wenn Jared Harris als tragischer König, der weiß, dass er sterben wird, mit einer Papierkrone auf dem Haupt zwischen Weihnachtssängern steht und mitsingt. Auch im technischen Sinne liefert das Bild solide Eleganz ab. Es ist aber besonders die musikalische Untermalung, die dabei hilft, das Understatement aufzubrechen und auch den subtil gespielten Momenten die nötige Dramatik zu verleihen. Einzig die deutsche Synchronisation schafft es nicht, den strengen Glamour der Serie zu transportieren, weshalb der Originalton zu bevorzugen ist. Dennoch ist „The Crown“eine absolute Empfehlung – es sei denn, man gewöhnt sich gerade das Rauchen ab. Zigaretten wirken hier nämlich, wie auch der nächste potenzielle Skandal, nahezu allgegenwärtig.