Titelthema: Star Wars: Die letzten Jedi
So ziemlich alles deutet darauf hin, dass Rian Johnsons am 14. Dezember im Kino startende achte Episode der „Star Wars“Saga ein struktureller Neuaufguss von „Das Imperium schlägt zurück“werden könnte. Doch ein Skywalker-Zitat lässt die Fan-Gemeinde hoffen
Zunächst einmal konnten viele Fans aufatmen, als vor rund zwei Jahren „Episode VII“in die Kinos kam und es neben beschwingten Freudenausstößen nur wenig Kritik gab, die man aus dem Zuschauerraum hörte. J. J. Abrams hat dem Universum der „Star Wars“-Nerds wieder einen gewissen Frieden verschafft, der zuvor von George Lucas’ Prequel-Trilogie empfindlich gestört wurde. Es gab wieder das gute alte Gefühl, das die Fan-Herzen seit jeher höher schlagen ließ, wenn Lichtschwerter surren oder jemand durch eine finstere Maske atmet. Neben CGI-Effekten gab es nun wieder mehr analoge Effekte, wofür auch dem Kopf des Creature Shop, Neal Scanlan, nicht oft genug gedankt werden kann. Alles sah plötzlich nicht mehr wie ein Videospiel aus und hatte wieder diese verschmutzte, schrottige Authentizität, für die die ersten „Star Wars“-Filme bekannt sind. Aus den Fehlern der Vergangenheit (die größtenteils mit „J“begannen und mit „ar Jar Binks“endeten) hatte man gelernt, und Kylo Ren war durch die Performance von Adam Driver der wohl coolste Enkel, den sich ein mit Hayden Christensen fehlbesetzter Darth Vader nur wünschen konnte. Das Machtgleichgewicht war wieder hergestellt und statt einer stark von politischen Intrigen geprägten, hintergründigen Handlung bekamen wieder alle einen simplen Märchenplot vorgesetzt, der der Struktur des ersten „Krieg der Sterne“-Films von 1977 folgte und genügend Raum bot, damit die neuen Helden eingeführt und möglichst oft in turbulente Action geraten konnten.
Als J. J. Abrams das Projekt der siebenten Episode übernahm, mussten er und Lawrence Kasdan relativ schnell reagieren, da Drehbuchautor Michael Arndt sein Script nicht im vorgegebenen Zeitrahmen finalisieren konnte. Dementsprechend war der Griff zu den bewährten Handlungsstrukturen mehr als entschuldbar und zugleich auch ein bewusster Kniefall vor den langjährigen Fans sowie vor dem Werk, was George Lucas seiner Zeit geschaffen hatte. Für den zweiten Film erhoffen sich allerdings nun viele, dass sie handlungstechnisch etwas Neues zu sehen bekommen – Jetzt, da die Charaktere etabliert sind und auch kein zeitlicher Notstand mehr beim Drehbuch vorherrscht. Und gerade deshalb wiegen die Parallelen zur fünften Episode des Kanons um so schwerer.
Das Imperium schlägt zurück?
Ähnlich wie damals Irvin Kershner ist Regisseur Rian Johnson im Bereich des großen Hollywood-Kinos ein eher unbeschriebenes Blatt. Immerhin hielt er die ganze Produktion über durch, ohne wie seine Regisseur-Kollegen Phil Lord und Christopher Miller, oder auch Colin Trevorrow aufgrund „kreativer Differenzen“aus dem jeweiligen Projekt entfernt zu werden. Im Umkehrschluss könnte man jetzt denken, Johnson arbeitete daher nicht gegen die Intentionen der Produzenten und seine dementsprechend sehr eingeschränkte Vision stimmte mit deren überein, sodass sie ihn gewähren ließen. Aber das wäre eine recht vage Unterstellung, zumal ja so ziemlich alle existierenden Filme auf der guten Zusammenarbeit von Produzenten und Regisseuren beruhen. Und auch wenn Johnson gerade mal am Anfang seiner Karriere steht und daher sicherlich noch leichter beeinflussbar sein dürfte als der ein oder andere Alt-Regisseur, waren seine bisherigen Visionen alles andere als eingeschränkt. Während er im TV-Meilenstein „Breaking Bad“sein Händchen für glaubhafte Charaktere bewies, war es vor allen Dingen sein Überraschungs-Kinohit „Looper“(2012), in den er so viele innovative Science-Fiction-Ideen einfließen lies, dass er daraus locker hätte mehrere Filme machen können.
Im Prinzip spann er dort den rekursiven, selbstbezogenen Zeitreise-Gedanken von Robert A. Heinleins „All You Zombies“weiter („Was wäre, wenn man sein Ich aus der Zukunft töten möchte, dieses aber andere Intentionen hat?“) und füllte es mit einem weiteren Motiv aus, das am besten mit dem Anime-Titel „Akira“beschrieben werden kann. Auch die Kameraführung und einige Ideen zum Szenenaufbau zeichneten den damaligen „Looper“-Regisseur als Genre-versierten Kreativling und Visionär aus, der zwar handwerklich noch ausbaufähig ist, aber großes Potenzial in sich trägt. Und dieses würde lediglich ein angemessen großes Projekt benötigen, um sich vollends entfalten zu können. Hier stehen wir nun, nur wenige Wochen vom Start des neuesten Johnson-Films entfernt, dessen Name, Dimension und auch Budget kaum größer ausfallen könnten. Und wenn man ihm glauben kann, war er als Drehbuch-Autor und Regisseur keinerlei größeren Einschränkungen ausgesetzt, bis auf die Vorgaben, die „Episode VII“ihm stellte.
Die Suche nach Luke
Als wir die jungen Protagonisten in „Das Erwachen der Macht“das letzte Mal sahen, hatten sie bereits einige schwere Kämpfe hinter sich, um letztendlich die Karte mit den Koordinaten von Luke Skywalkers Rückzugsort in den eigenen Händen zu halten. Dieser „MacGuffin“war im Prinzip das tragende Handlungselement, hinter dem alle Parteien in „Episode VII“hinterher waren, denn Luke wird nach wie vor als strahlende Jedi-Ikone gehandelt, die ein ganzes
Imperium zu Fall brachte und dem Widerstand neue Hoffnung gab. Zugleich ist auch für den Zuschauer Luke Skywalker DER Bezugspunkt schlechthin, wenn es um „Star Wars“und all die positiven Gefühle geht, die damit in Zusammenhang stehen. Sicherlich würde nach wie vor jeder am liebsten (der lebendige, junge) Han Solo sein, wenn er sich eine Identität im „Star Wars“-Universum aussuchen könnte. Dennoch war Luke in der ersten Trilogie stets der Perspektivgeber und damit auch das Fenster in die großartige Fantasy-Welt der Sternen-Kriege. Daher war der Moment, in dem Rey (Daisy Ridley) am Ende des Films nach Ahch-To flog und erstmals ihrem legendären Jedi-Vorbild (Mark Hamill) gegenüberstand, umso erhabener, so als würde ein verschollenes, fast vergessenes Gefühl wiederentdeckt werden.
Was aus Luke in all den Jahren geworden ist, erfuhr der aufmerksame Zuschauer lediglich durch innerfilmische Erzählungen über ihn und seine Jedi-Akademie, die von Skywalkers Lieblingsschüler Ben Solo (Adam Driver) auf sehr unschöne Art und Weise „aufgelöst“wurde, indem er sämtliche „Klassenkameraden“tötete. Wer den Kanon des „erweiterten Universums“kennt, kann sich gewiss auch noch an ein weiteres Drama bezüglich Skywalkers Familie und dem Sohn der Solos erinnern. Sollte das Trauma des Schüler-Verlustes also noch nicht groß genug sein, um sich auf eine einsame „Insel“ ins Eremiten-Dasein zu flüchten, könnte dieser Handlungs-Kniff aus dem alten Kanon also durchaus auch im Film Verwendung finden, zumal dies ein guter Grund wäre, möglicherweise ein Kind wegzugeben. Aber halt – auch wenn sich Luke trotz drohender Gefahren für seine Freunde und seine Schwester Leia von ebenjenen komplett abgewandt hat, um sie ihrem Schicksal zu überlassen, so führt er doch kein Leben in völliger Einsamkeit.
Das Leben auf Ahch-To
Falls Sie sich beim Schauen der „Die letzten Jedi“-Trailer gefragt haben, was das da für eine putzige, kleine Kreatur auf Chewbaccas Steuerpult ist, dann haben Sie bereits einen ersten Eindruck der Porgs gewonnen. Porgs sehen aus wie eine Mischung aus Pinguin und Meerschweinchen mit Fliegerkappe und bewohnen Ahch-To, ähnlich wie die Papageitaucher den irischen Drehort Skellig Michael bewohnen. Aus irgendeinem Grund scheint Chewbacca eine besondere Beziehung zu den kleinen Tierchen aufzubauen, was nicht nur im Trailer-Ausschnitt zu erkennen ist, sondern auch anhand des im Dezember erscheinenden Kinderbuches „Chewie And The Porgs“. Ob sich hingegen Luke in all den Jahren mit den niedlichen Tierchen anfreunden konnte, bleibt fraglich. Die zweite bislang bekanntgegebene, auf Ahch-To ansässige Art nennt sich im Original „The Caretakers“ (die Verwalter), humanoide Lebensformen, deren amphibische Gesichter entfernt an Schildkröten erinnern. Gekleidet in nonnenähnliche Trachten gehören sie quasi zum „Inventar“des auf Ahch-To beheimateten, ersten Jedi-Tempels, der vermutlich auch der Grund dafür war, dass Luke diesen Ort aufsuchte. Auch mit den Verwaltern des Ortes dürfte Skywalker nicht gerade gut Freund sein, da sie ihn eher als Störfaktor sehen, den sie im Laufe der Zeit akzeptiert haben und daher eben dulden. Würde die Handlung dem Schema von „Das Imperium schlägt zurück“folgen, dann würde Ahch-To also die Sümpfe von Dagobah ersetzen und Luke wäre im Prinzip Yoda, der Jedi-Großmeister, der ganz anders ist, als man ihn sich vorgestellt hatte. Diese Assoziation wurde übrigens durch ein Foto weiter verstärkt, auf dem Daisy Ridley Mark Hamill wie einen gewissen grünen Futzelzwerg auf dem Rücken trägt, der ihr nervigerweise eine Richtung anweist. Auch in den Trailern kann man Rey bei einem Jedi-Training beobachten, bei dem offenbar so viel Zeit vergeht, dass ihre Haare immer länger werden. Die Frage ist nun, wie sich Luke über all die Jahre verändert hat, sodass sich von einem Jedi-Großmeister sprechen lässt, der ganz anders ist, als erwartet.
Vom Opti- zum Pessimisten
Um diese Frage zu beantworten, muss einem bewusst sein, dass Luke in einer Welt, die sich
scheinbar in hell und dunkel, in Gut und Böse teilen lässt, schon immer derjenige war, der die Vorzüge und Nachteile beider Seiten der Macht in sich vereinte. Sein Charakter war stets im Zwiespalt der inneren Mächte, weshalb er sich auch nie so ganz entscheiden konnte, ob er nun helle oder dunkle Klamotten bevorzugt. Genau das machte ihn auch so interessant und so mächtig innerhalb der Geschichte. Sollte er dem Weg seines Vaters folgen? Oder hört er lieber auf seine Lehrmeister, die zuvor allesamt an Anakins emotionaler Zerissenheit und dessen durchaus ehrenvollen Wunsch, für die Weltverbesserung so viel Macht wie nur irgend möglich zu erlangen, gescheitert sind. Doch anders als beispielsweise Han Solo, dessen Charakter ebenfalls aus sympathischen Graustufen anstatt aus Schwarz oder Weiß besteht, wurde Lukes Seele nie von solchen Dingen wie materieller Gier getrübt. Den Versuchungen der Macht zu widerstehen lag daher durchaus im Bereich des Möglichen. Als er in „Episode VI“den drolligen Feierlichkeiten der Ewoks beiwohnte und verheißungsvoll zwischen seinen Freunden in die Zukunft blickte, ahnte er vermutlich noch nicht, zu welch tragischem, düsterem Charakter er einmal werden würde.
„Es ist an der Zeit für die Jedis zu verschwinden“lautet ein Luke-Skywalker-Zitat, das die Fans zum grübeln brachte. Bedenkt man aber, welche Historie dieser Mann bereits hinter sich hat,