Ghostland
Horror
Vor knapp zehn Jahren hat Pascal Laugier mit „Martyrs“einen der extremsten Horrorfilme aller Zeiten geschaffen – ein moderner Genreklassiker, der mit vielen Konventionen brach und sogar Grenzen überschritt. Was daraufhin folgte, war der eher mäßige Mystery-Streifen „The Tall Man“mit Jessica Biel, der viele vermuten ließ, Laugier wäre einer der Filmemacher, die ihr ganzes Berufsleben nur einen großen Coup landen könnten. Nach einer fünfjährigen Schaffenspause beweist er mit seinem neusten Werk „Ghostland“allerdings gekonnt das Gegenteil.
An den radikalen „Martyrs“kommt die französisch-kanadische Co-Produktion zwar nicht ganz heran, sie ist aber dennoch ein wunderbar kompromissloser und ordentlich nervenzehrender Horror-Thriller geworden. Der Franzose bricht mit seiner vierten Regiearbeit vielleicht keine Regeln mehr, dürfte aber dank der überraschenden und schonungslosen Inszenierung selbst Kenner des Genres etwas aus der Bahn werfen – im positiven Sinne, versteht sich.
Der Feind in meinem Haus
Wie bei all seinen Filmen zuvor, so setzt Laugier auch dieses Mal auf starke, weibliche Protagonisten. Im Falle von „Ghostland“sind es die alleinerziehende Mutter Colleen (Mylène Farmer) und ihre beiden Töchter Beth (Emilia Jones) und Vera (Taylor Hickson), die irgendwo in der ländlichen Einöde das alte Haus ihrer verstorbenen Tante beziehen. Doch bereits wenige Stunden nach dem Einzug wird die Familie von zwei Gestalten überfallen und überlebt den Angriff überhaupt nur dank des mutigen Einsatzes von Mutter Colleen.
Rund 16 Jahre später hat Beth (Crystal Reed) die Attacke auf ihre Art ganz gut überwunden und ist als Horror-Autorin weltweit erfolgreich. Vera (Anastasia Phillips) leidet hingegen immer noch unter dem brutalen Überfall. Aufgeschreckt durch einen panischen Anruf ihrer älteren Schwester, beschließt Beth, ihrer Familie im mit schlechten Erinnerungen verbundenen alten Zuhause einen Besuch abzustatten. Als sie dort aber ankommt, dauert es nicht lange, bis merkwürdige Dinge geschehen.
Shyamalan lässt grüßen
Ohne den großen Twist des Films zu verraten, sei gesagt, dass „Ghostland“bei weitem nicht nach den bekannten Mustern verläuft, die man zuerst erwarten würde. Abgesehen von ein paar eingestreuten Jumpscares verzichtet Laugier nämlich größtenteils auf die ausgereizten Horror-Klischees und setzt stattdessen auf ein stringent inszeniertes und gnadenlos brutales Katz-und-Maus-Spiel mit einer clever eingewobenen psychologischen Meta-Ebene. Zusammen mit Darstellern, die sich komplett auf ihre Charaktere einlassen (Jones und Hickson im Besonderen) und intelligenten Schockmomenten hält der Film die Spannung bis zum Schluss aufrecht.
Technisch kann man der Blu-ray-Veröffentlichung auch nur wenig vorwerfen. Das Bild überzeugt mit guten Kontrastwerten und einem soliden Schärfegrad. Dass es in dunkleren Szenen manchmal rauscht, ist da zu verschmerzen. Die verlustfreie 5.1-Tonspur kommt – wie für einen Horror-Thriller üblich – sehr dynamisch und effektgeladen rüber, hätte aber hier und da etwas klarer abgemischt sein können.
Das umfangreiche Bonusmaterial der hier getesteten Mediabook-Special-Edition bietet neben einigen kurzen Interviews mit Darstellern und Regisseur Laugier auch ein fast 80-minütiges Making-Of, das einen umfangreichen Blick hinter die Kulissen des Films wirft. Wer darauf verzichten kann, greift zur günstigeren StandardBlu-ray. An der hohen Qualität von „Ghostland“ändert das zum Glück aber nichts.