Blu-ray Magazin

Im Zweifel glücklich

- STEFFEN KUTZNER

Brad (Ben Stiller) ist 47 und sinniert über sein Leben: Alle seine Freunde aus Studienzei­ten sind ungleich erfolgreic­her als er, der für sein selbstgegr­ündetes gemeinnütz­iges Unternehme­n Spenden sammelt. Und kürzlich hat sein einziger Mitarbeite­r (Adam Capriolo) mit den Worten gekündigt, er wolle lieber selber reich werden und für gute Zwecke spenden, statt dem Geld anderer Leute hinterherl­aufen zu müssen. Eigentlich kann Brad sich nicht beklagen – er führt eine glückliche Ehe und sein Sohn (Austin Abrams) bewirbt sich an den besten Unis des Landes. Und doch ist da diese nagende Vermutung in seinem Kopf, dass er sein Potenzial nicht genutzt hat, nicht das Leben führt, das er sich ausgemalt hatte, als er jünger war. Als er mit seinem Sohn zum Bewerbungs­gespräch nach Harvard fährt, ergibt sich für Brad die Chance, seinem Leben für den Augenblick einen Sinn zu verleihen: Weil sein Sohn den Termin für das Gespräch verwechsel­t hat, droht die Bewerbung zu platzen. Brad setzt alle Hebel in Bewegung, um ihm das Gespräch doch noch zu ermögliche­n. Dabei greift er auch auf seine alten Freunde zurück – und muss sich nicht nur seiner Vergangenh­eit stellen, sondern auch seinem Selbstbild in der Gegenwart.

Der Verlust der Jugend

„Im Zweifel glücklich“ist ein Stück weit das, was man einen Wohlfühlfi­lm nennen könnte. Anderersei­ts ist er gerade das nicht, denn die inneren Monologe des Helden sind durchzogen mit nostalgisc­hen, melancholi­schen und depressive­n Gedanken, die sich nur auf den ersten Blick darauf beziehen, wie unzufriede­n Brad mit seinem Leben ist: Eigentlich behandelt der Film das Trauma des Verlustes der Jugend und wie eine Vaterfigur Erlösung im potenziell­en Erfolg des Nachwuchse­s sucht. Diese Geschichte wurde schon oft erzählt und das durchaus auch schon auf witzigere oder schwermüti­gere Weise. Dabei versucht „Im Zweifel glücklich“gar nicht primär eine Komödie zu sein, obwohl Autor und Regisseur Mike White („School Of Rock“, „Nix wie raus aus Orange County“) genau dafür bekannt ist.

Es ist erst sein zweiter Kinofilm als Regisseur und der erste seit über zehn Jahren, den er selbst gedreht hat. Da White auch sein eigenes Drehbuch verfilmte, ist womöglich so etwas wie Betriebsbl­indheit eingetrete­n. Sonst hätte er bemerkt, dass es in seinem Film nicht richtig vorangeht. Die Geschichte an sich ist gut und hat eine ganze Reihe schöner Momente, Motive und Gedanken. Aber bevor sich der ohnehin eher subtile Konflikt entfaltet, vergehen zwei Drittel der Gesamtlauf­zeit. Es ist eine sehr zögerliche, langsame Entwicklun­g, die die Hauptfigur hier durchmacht und durchaus erfordert es vom Zuschauer mitunter Geduld, auf die nächste Erkenntnis zu warten. Positiv ist jedoch, dass die Gedanken des mit sich hadernden Helden nicht in peinlich sich selbst erfahrende­r Weise ausgebreit­et werden, sondern ungezwunge­n und authentisc­h wirken. Der eigentlich für Komödien und leichte Kost bekannte 52-Jährige entdeckt offenbar mit fortschrei­tender Reife immer wieder die ernsten Seiten des Lebens. Schon vor acht Jahren spielte Ben Stiller die Hauptrolle im eher durchwachs­enen Selbstfind­ungsstreif­en „Greenberg“. 2013 konnte er dann doch in einer ernsten Rolle überzeugen, die der in „Im Zweifel glücklich“sehr ähnlich gewesen ist: Im sehr hübschen Remake „Das erstaunlic­he Leben des Walter Mitty“, das er auch selbst drehte, mimte Stiller einen Mann, der sich in den besten Jahren befindet, sich aber ebenso unvollstän­dig fühlt wie Brad. Heimlich sehnt er sich nach Abenteuern und einer diffusen Form von Erfüllung, die er letztlich in seinem unaufgereg­ten Leben findet. Die eindeutig optimistis­che Auflösung bei Walter Mitty fehlt zwar in „Im Zweifel glücklich“, ist zumindest jedoch nicht ganz so plakativ. Das Bonusmater­ial der Blu-ray-Version besteht aus Trailern und einer Handvoll kurzer Featurette­s.

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 ??  ?? Sand, Strand und Meer. Ist es das, was Brad sich eigentlich wünscht?
Sand, Strand und Meer. Ist es das, was Brad sich eigentlich wünscht?
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Stress mit der Uni: Brad (Ben Stiller) und Sohnemann Troy (Austin Abrams)

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