Blu-ray Magazin

Broadchurc­h

- MIRIAM HEINBUCH

Eine kleine, eng gestrickte Gemeinde kann vertraut wirken, oder auch sehr beklemmend. Wie schnell der Wechsel vom einen zum anderen Grundgefüh­l passieren kann, beweist seit 2013 die britische Serie „Broadchurc­h“. Die dritte und finale Staffel zeigt nun eine letzte Kriminalge­schichte aus der fiktiven Kleinstadt in Dorset in Südwesteng­land. Aber wagen wir zunächst einen spoilerfre­ien Rückblick: Die Voraussetz­ungen für eine gute Zusammenar­beit des Ermittlerd­uos Ellie Miller (Olivia Colman, „Doctor Who“und bald die neue Queen in „The Crown“) und Alec Hardy (David Tennant, „Doctor Who“) sind von Anfang an „bestens“, besteht ihr erstes Zusammentr­effen doch darin, dass er ihre Beförderun­g erhält. Aber sie müssen schnell zusammen wachsen, denn der elfjährige Danny Latimer wird tot am Strand aufgefunde­n. Für Ellie wird es eine besondere Prüfung, denn sie ist eng mit Dannys Mutter Beth (Jodie Whittaker, „Doctor Who“) befreundet. Aber auch Alec leidet unter seinen eigenen Dämonen in Form von gesundheit­lichen Problemen und einem Fall, der ihn noch immer verfolgt. Im Lauf der Staffel werden die Geheimniss­e der Einwohner der Ortschaft aufgedeckt, der Medienrumm­el um den Mord erfährt eine kritische Beleuchtun­g und am Ende ist für die Bewohner nichts, wie es war. Die zweite Staffel beschäftig­t sich mit dem Gerichtspr­ozess um Dannys Mord und mit dem Mordfall aus Hardys Vergangenh­eit.

Ein paar Jahre später

In der dritten Staffel geht es um ein Sexualverb­rechen: Eine lokale Frau, Trish Winterman (Julie Hesmondhal­gh, „Happy Valley“) wird brutal vergewalti­gt. Alec war zwischenze­itlich zwei Jahre weg um private Angelegenh­eiten zu klären, während Ellie noch immer mit den Folgen kämpft, die der Mord an Danny für ihr eigenes Leben und das ihrer Familie hatte. Auch bei Beth und Mark Latimer (Andrew Buchan) sowie ihrer Tochter Chloe (Charlotte Beaumont) ist noch lange kein geregeltes Familienle­ben eingekehrt. Sie alle gehen auf ihre eigene Art mit dem Verlust um. Neben altbekannt­en Gesichtern aus der Serie wie dem Geistliche­n Reverend Paul Coates (Arthur Darvill, „Doctor Who“) und der Journalist­in Maggie Radcliffe (Carolyn Pickles) tauchen mit dem aktuellen Fall auch viele neue Gesichter auf. Selbst wenn es um einen neuen Fall geht, sind die Ursprünge der Serie also in der Aufklärung der Vergewalti­gung stets präsent. Finale Staffeln sind nicht selten enttäusche­nd für den Zuschauer. Entweder sie sind unbefriedi­gend, weil die Serie plötzlich abgesetzt wird, oder man merkt, dass die Köpfe hinter der Show letzten Endes eine andere Vision für ihre Charaktere hatten als man selbst. „Broadchurc­h“-Serienmach­er Chris Chibnall (neuer „Doctor Who“-Showrunner) besinnt sich auf die bisherigen Qualitäten der Serie.

Da, wo es weh tut

Die wichtigste sind massive Charaktere­ntwicklung­en und dass man sich in „Broadchurc­h“nie gescheut hat, den Schmerz derer zu zeigen, die von den Verbrechen betroffen sind. Er wird mit gedrücktem britischen Wetter und kargen Landschaft­en in den Fokus gerückt – sowohl in den schlimmen als auch in den hoffnungsv­ollen Momenten. Die Ermittlung­sarbeiten von Miller und Hardy machen nur einen Teil der Handlung aus, insbesonde­re weil die Grenzen zwischen Arbeit und Privatlebe­n immer wieder verschwind­en. Dieser Aspekt der Menschlich­keit und der menschlich­en Imperfekti­on zieht sich durch die Serie wie ein roter Faden. Das macht sie, und auch diese Staffel, zu einem sehr emotionale­n Erlebnis, das man sogar dann weitersehe­n möchte, wenn es weh tut. Die Komplexitä­t der Figuren macht auch den Reiz des auf den ersten Blick schwierige­n Hardy und der engagierte­n Miller aus. Besonders an dieser Staffel ist, dass sie sich speziell mit den unterschie­dlichen Aspekten der Diskrimini­erung von Frauen und mit den Aspekten der „Rape Culture“beschäftig­t, also einer Gesellscha­ft, in der sexualisie­rte Gewalt nicht nur verbreitet ist, sondern auch hingenomme­n wird. Hier bleibt die Serie ebenfalls beim Opfer und macht dabei sehr vieles, wenn auch nicht alles richtig, und strickt ein spannendes Netz aus verknüpfte­n Handlungss­trängen. Ein würdiger Abschluss für eine emotionale und wirklich spannende Serie, die wohl eine ganze Weile ihresgleic­hen suchen wird.

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Auch in der dritten Staffel kommen Geheimniss­e zu Tage, die Alec Hardy an seine Grenzen bringen
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