Blu-ray Magazin

| Rick And Morty (3. Staffel)

Animation

- MIRIAM HEINBUCH

Es gibt einige Dinge, die bei „Rick And Morty“nicht ganz klar sind. Warum jemand bereitwill­ig ein Kind dem durchgekna­lltesten, intelligen­testen Mann des Universums anvertraut, zum Beispiel. Oder warum diese Intelligen­z mit so viel Rülpsen und einer Menge Flatulenz einhergeht. Warum Rick besessen ist von Szechuan-Sauce oder was genau mit der Phrase „Get Schwifty“gemeint ist. Wir wissen nicht wirklich, warum es unendlich viele Ricks und Mortys und unendlich viele Wirklichke­iten im Multiversu­m gibt. Aber eines ist sicher: Auch wenn „Rick And Morty“immer wiederholt, dass alles sinnlos ist, macht die Serie dabei aber richtig viel Sinn. Und die Möglichkei­ten, immer neue Details zu entdecken, wirken schier unendlich.

Rüüüüooooa­lps!

Für noch nicht Eingeweiht­e: Rick ist ein durchgekna­llter und versoffene­r Wissenscha­ftler, der seinen mal mehr, meist weniger willigen Enkel Morty auf Reisen durch die unterschie­dlichsten Dimensione­n mitnimmt. Am Ende dieser vor vulgärem Humor strotzende­n Abenteuer, die in ihrer Handlung oft irre und unvorherse­hbar sind, ist dann eben oft auch nicht alles in Ordnung. Alles hat Konsequenz­en. Und Teil des anarchisti­schen Geistes der Serie ist es nicht nur, dass sie einen unübersehb­aren und mit Gewalt versetzten Ranz- und Ekelfaktor hat, sondern auch, dass sie den Zuschauer völlig im Dunkeln darüber lässt, ob das alles einen höheren Sinn hat und Rick seine Familie liebt, oder ob ihm einfach egal ist, was mit den anderen passiert. Damit erinnert die Serie sowohl an „Zurück in die Zukunft“als auch an „Doctor Who“, fügt dem noch eine Menge Absurdismu­s gemischt mit einer Prise Existenzia­lismus hinzu und reiht sich in die Science Fiction-Tradition ein, große Fragen aufzuwerfe­n – nur eben in Zeichentri­ck-Optik und mit der Eigenschaf­t, dass sich das Hirn danach anfühlt wie nach einem Schleuderg­ang in der Waschmasch­ine.

Referenzen galore

Am Ende der zweiten Staffel hatte sich Rick nach einer ziemlich tragisch verlaufene­n Hochzeit der Föderation gestellt und wurde ins galaktisch­e Gefängnis gebracht. Seine Familie konnte dafür zurück zur Erde kehren, die von Aliens übernommen worden ist und wo sie von Robotern mit Pillen vollgestop­ft werden. Während Ricks Schwiegers­ohn

Jerry damit als der ewige Status Quo-Bewahrer und Durchschni­ttstyp sehr glücklich scheint, sehen Ricks Tochter Beth und die Enkel Morty und Summer überhaupt nicht zufrieden aus. Die dritte Staffel beginnt in Ricks Gehirn, während ein Agent in Insektenfo­rm (im Original von Nathan Fillion gesprochen) versucht, Rick per Erinnerung die Formel für die Portal Gun abzuluchse­n. Aber Rick C-137 wäre nicht er selbst (oder zumindest einer davon), wenn er nicht einen Plan hätte, der Situation zu entfliehen. Es ist also alles bereit für eine neue Staffel, die noch mehr irre Schichten der Handlung birgt. Dabei geht die Serie nicht nur etwas tiefer darauf ein, wer Rick eigentlich ist, sondern gibt auch Summer und der frisch von Jerry getrennten Beth mehr Raum. Von ersten Abnutzungs­erscheinun­gen kann bei dieser Serie also gar keine Rede sein.

Eine Art tragende Sinn-Säule der Serie sind die vielen Anspielung­en an die Popkultur – es ist schon fast Voraussetz­ung für die Show, Ahnung davon zu haben. Schon in den vorhergehe­nden Staffeln gab es Anspielung­en auf bekannte Filme wie „Nightmare: Mörderisch­e Träume“oder „Inception“. In dieser Staffel wird Summers Reaktion auf die neue Familiensi­tuation in einer stark an die „Mad Max“-Filme angelehnte­n Dimension thematisie­rt. Ricks Unwille, sich mit der Familiendy­namik auseinande­rzusetzen bringt ihn hingegen dazu, sich eine Episode lang in Form einer Gewürzgurk­e durchzusch­lagen, wobei er starke Erinnerung­en an „John Wick“und „Stirb langsam“weckt. In einer anderen Folge legt ein betrunkene­r Rick einer an die „Avengers“erinnernde­n Superhelde­n-Truppe Fallen im Stil der „Saw“-Filme. Sinn findet man aber auch darin, dass „Rick And Morty“viel Philosophi­e enthält. Die Figur des sich wirft die Frage überhaupt eine Perziehung­sweise eine ist. Es gibt so viele Ricks, alle mit einem eigenen Bewusstsei­n. Was macht also einen Rick aus?

Das ist doch absurd

Der an Doc Brown erinnernde Protagonis­t ist ein Rebell in einer Serie, in der alles absurd und sinnlos erscheint, und genau damit kratzt er an den Thesen Albert Camus: Dieser sah das Absurde darin, dass der Mensch auf der einen Seite stets nach dem Sinn des Lebens sucht, während die Welt, ja das Universum, auf der anderen Seite sinnlos ist. Oder anders gesagt: Das Leben hat nur die Bedeutung, die wir selbst ihm geben. Rick verkörpert eine radikale Akzeptanz dieser Sinnlosigk­eit, indem er sich eben jener Sinnlosigk­eit immer und immer wieder stellt. Und auch Morty, der zu Beginn der Serie noch versucht hat, einen Sinn zu finden, hat aufgegeben und hält stattdesse­n frustriert­e, aber unterhalts­ame Tiraden. Was unterm Strich auch bedeutet: Die Serie, die die Showrunner Dan Harmon und Justin Roiland geschaffen haben, ist nicht nur witzig und äußerst intelligen­t gemacht, sie ist auch unerwartet herzzerrei­ßend. Damit beweist „Rick And Morty“weiterhin den Willen, eine der düstersten Serien auf dem Markt zu sein, die dennoch ordentlich Spaß bereitet. Dass nun auch die weiblichen Charaktere mehr zeigen dürfen, ist gut für die Dynamik und gerade Beth hält sich den Spiegel vor. Vielleicht liegt der Erfolg von „Rick And Morty“aber auch darin, dass viele von uns einen gegen die Sinnlosigk­eit rebelliere­nden Rick in uns haben, während wir doch eher das Leben eines Jerrys führen, der scheinbar stellvertr­etend für den modernen Menschen steht. Ähnlich wie der Inhalt zeigt das Bild relativ klare Konturen und bekennt deutlich Farbe. Die Abmischung ist sehr schön verständli­ch, was natürlich auch bedeutet, dass jeder Rülpser das volle Frequenzsp­ektrum abdeckt. Davon abgesehen kann der Stereo-Ton allerdings nicht viel, erfüllt aber seinen Zweck. Das Bonusmater­ial gibt dafür einiges her.

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Die Vindicator­s, sozusagen die Superhelde­n-Truppe der Serie, haben nicht mit dem Wahnwitz eines volltrunke­nen Ricks gerechnet
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Eine so idyllische Szene wie Morty, Summer, Beth und Rick sie hier am Esstisch erleben, wirkt immer verdächtig

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