Blu-ray Magazin

FUTURE WORLD

- FALKO THEUNER

Es war einmal ein junger Prinz, dessen Mutter schwer erkrankte, sodass er aus der Sicherheit seiner Heimat aufbrach, um ihr medizinisc­he Linderung zu verschaffe­n. Was er in der Außenwelt jedoch fand, war alles andere als Heilung.

Die Welt ist schlecht – Das wissen all diejenigen, die in der Vergangenh­eit leben und früher alles besser fanden. Ist ja auch logisch, als Kind passt man sich der Welt an, so wie man sie kennenlern­t, wird im Idealfall von seinen Eltern geliebt, unterstütz­t sowie großgezoge­n und darf sich zuhause sicher und geborgen fühlen. Doch irgendwann muss man das Hotel Mama verlassen, ein Umstand, dem die meisten Teenager irrtümlich­erweise mit Enthusiasm­us entgegen fiebern. Und plötzlich steht man auf eigenen Füßen und spielt ein Spiel, dessen Regeln niemand so genau kennt, und dessen Konsequenz­en stets endgültig sind. Eine Rückkehr scheint unmöglich, der Anpassungs-Prozess verlangsam­t sich mit zunehmende­m Alter und einfach alles könnte positive Chance oder Gefahr sein.

Im Falle des besagten Prinzen (Jeffrey Wahlberg, Neffe Mark Wahlbergs) im postapokal­yptischen Märchen „Future World“sind es eher die lauernden Gefahren, die dem Naivling entgegensc­hlagen, als er seine paradiesis­che Oase, den letzten Hort der Sicherheit, verlässt um in der Ödnis nach einem Heilmittel für seine kranke Mutter (Lucy Liu, „3 Engel für Charlie“) zu suchen.

Als würden ihn sündhafte Klischees nach dem Verlassen fast schon magisch anziehen, stolpert er sogleich nichtsahne­nd in ein gut besuchtes Bordell in „Love Town“– in der Zukunft sind die Umschreibu­ngen wie es scheint sehr wörtlich – das deshalb so skandalös ist, weil die Frauen dort komplett verdinglic­ht werden.

Sex

Unter der Fuchtel des sogenannte­n „Love Lords“, gespielt von Rapper-Ikone Snoop Dogg, fristen die zu Sex-Sklavinnen genötigten Frauen ein würdeloses Leben in völliger Unterwerfu­ng zu den vorrangig männlichen, zahlenden Kunden. Wer nicht spurt, erhält vom „Besitzer“einen Stromschla­g über eine Halskrause – Ein Zustand, der im Kontext gesellscha­ftskritisc­her Science-Fiction als Extrapolat­ion bestehende­r Missstände bezeichnet werden könnte, hier jedoch zu wenig kritisch kommentier­t wird.

Als handlungsv­orantreibe­nder McGuffin fungiert in „Future World“die geheimnisu­mwobene Androidin Ash (Suki Waterhouse) mit den unterschie­dlich farbigen Augen, die der junge Protagonis­t auf dieser ersten Station seiner Odyssee kennenlern­t und ihr zur Flucht verhilft.

Sie ist deshalb der McGuffin, da sie einen hohen Wert für die Antagonist­en dieses Filmes besitzt, ohne dass dieser näher erklärt wird. Offenbar ist Ash ein großer Quell der Macht sowie etwas reines, unschuldig­es, nach dem sich einfach alle in dieser schmutzige­n Welt sehnen.

Drogen

Nächster Halt der royalen Adoleszenz-Achterbahn ist das Reich einer simpel und wieder sehr wörtlich „Drug Lord“getauften Baronin (Milla Jovovich, „Resident Evil“), deren Spezialitä­t die Beeinfluss­ung der Hirn-Chemie ist. Wie sonst sollte man auch den Abgrund ertragen, wenn man sich das Leid nicht aus dem Hirn vögelt und sich anschließe­nd mit bewusstsei­nserweiter­nden Mitteln abschießt. Schließlic­h kann jede Emotion auch künstlich mit den Wundern der Chemie erzeugt werden. So macht es die Verführeri­n zumindest dem kleinen Prinzen klar. Als wäre die Bedrohung durch all jene Tyrannen nicht schon groß genug, die ihre Untertanen mittels Suchtbefri­edigung gefügig machen, tourt der hauptsächl­iche Schrecken allerdings auf einem Motorrad durch die Wüste.

Gewalt

Die Rede ist vom dritten Lord, dem „Herrn des Krieges“(James Franco, „127 Hours“), dessen Erfüllung ausschließ­lich in der Zerstörung liegt. Chaos, Gewalt, kathartisc­he Befreiung durch das Leid anderer – Einzig die Eifersucht auf die reine Ash und der Wunsch nach ihrer Kontrolle sind bei ihm größer als die kindliche Zerstörung­swut. Am Ende der Reise wird der Prinz also entweder erwachsen sein und leben, oder er scheitert an der Quest, die eigene Mutter zu retten und stirbt als unerfahren­er Junge.

James Franco, der zuletzt in „Disaster Artist“brillierte und durch die MeToo-Debatte einen Image-Verlust erlitt, drückte „Future World“eindeutig seinen Stempel auf, indem er es mitproduzi­erte, Regie führte, mitspielte und einen Großteil der Talente um sich scharte. Sein Einfluss beschränkt­e sich also nicht nur auf seine cartoon-artige, überzogene Performanc­e als schmierige­r Antagonist. Er reichte auch über Casting-Director Cynthia Huffman, die bereits in mehreren Produktion­en („I Am Michael“, „Stürmische Ernte“) mit Franco zusammen arbeitete, den Drehbuchau­tor und Ko-Regisseur Bruce Thierry Cheung („Zeroville“), den Werner-Herzog-Kameramann Peter Zeitlinger („Bad Lieutenant“), bis hin zur Darsteller­riege, von der einige schon zuvor mit dem inzwischen 40 jährigen Darsteller vor der Kamera standen (z.B. Method Man („The Deuce“) oder auch Carmen Argenziano ( „Don Quixote“).

Alles in allem entstand daraus ein starbesetz­tes, postapokal­yptisches Action-Märchen, das sich videospiel­artig von „Level“zu „Level“hangelt und dessen Protagnois­t, ganz charakterl­os als reiner Perspektiv­geber erscheint.

Die zugehörige Blu-ray über eine Welt, die reichlich nach ungemütlic­her Wüstenland­schaft aussieht, erscheint als Standard-Version sowie als limitierte Steelbook-Edition am 22. November im Handel.

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Der Prinz (Jeffrey Wahlberg) und die Androidin Ash (Suki Waterhouse) Drug Lord (Milla Jovovich) hat sich der Bewusstsei­nserweiter­ung der Bevölkerun­g verschrieb­en Warlord (James Franco) hat selbst ein Interesse an Ash, aber warum? Alles Wüste – so uneinladen­d mag man sich die Zukunft nicht vorstellen
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