Madame Aurora und der Duft von Frühling
Man wird nicht älter, sondern besser, heißt es so schön. Vor allem Männer gelten selbst im hohen Alter häufig noch als attraktive Gentlemen. Für Frauen sieht die Alltagsrealität allerdings häufig ganz anders aus: Wer seine Fältchen nicht mit dutzenden Beauty-Produkten behandelt, kleinere Fettpölsterchen nicht sofort mit Intensiv-Training verbrennt oder unter enger „Shapewear“versteckt, wird oft nicht mehr als weiblich wahrgenommen. Dieses immer noch allzu gängige Rollenbild versucht „Madame Aurora und der Duft von Frühling“auf äußerst charmante Art zu widerlegen.
Der Film der preisgekrönten Regisseurin Blandine Lenoir präsentiert sich dabei zwar vordergründig als leichtfüßiges Feel-Good-Movie voller Hoffnung und Optimismus, konstruiert aber zugleich auch das erstaunlich reale Lebensmosaik einer Frau um die 50, die mit ihrem eigenen Alter und all den damit einhergehenden Problemen hadert. Getragen von der überaus eleganten Hauptdarstellerin Agnès Jaoui ist die Tragikomödie ein ausbalancierter und interessanter Kommentar auf das Älterwerden, der unbequeme Fragen stellt, um darauf herzerwärmende Antworten zu liefern.
Alte Frau – was nun?
Im Zentrum der Handlung steht die alleinerziehende Aurora (Agnès Jaoui) - eine lebenslustige und junggebliebene Frau, die sich mitten in der Menopause befindet und daher von ständigen Hitzewallungen geplagt wird.
Doch das ist leider nicht ihr einziges Problem: Weil sie mit ihrem neuen Hipster-Chef nicht klarkommt, verliert sie ihren Job als Kellnerin und findet sich in der Mitte ihres Lebens plötzlich zwischen Jobcenter-Terminen und Probearbeiten wieder. Außerdem will ihre jüngere Tochter Lucie (Lou-Roy Lecollinet) zu ihrem Freund nach Barcelona ziehen. Ihre ältere Tochter Marina (Sarah Suco) ist dagegen schwanger und löst mit der bevorstehenden neuen Aufgabe als Großmutter bei Aurora weitere Selbstzweifel aus. Und als dann auch noch ihre alte Jugendliebe Christophe (Thibault de Montalembert) wieder in ihr Leben tritt, ist das Gefühlschaos für die geschiedene Mutter (und somit die Unterhaltung) perfekt.
Die fabelhafte Welt der Aurora
Lenoir inszeniert den bewegten Lebensabschnitt ihrer Hauptfigur weniger durch eine groß angelegte Narrative und vielmehr anhand kurzer, alltäglicher Momentaufnahmen, in denen melancholisches Drama und humorvolle Lebenssatire miteinander verbunden werden. Wenn Aurora mit ihrer Freundin Mano (Pascale Arbillot) herumalbert und in der nächsten Szene beim Putzen in Tränen ausbricht, dann ist das vielleicht dramaturgisch nicht ganz schlüssig, aber definitiv berührend.
Dieses locker-lässige Wechselspiel der Gefühle trägt Agnès Jaoui mit ihrer einnehmenden und sehr körperlichen Performance über die gesamte Laufzeit. Anstatt sich in ihrem Selbstmitleid zu suhlen, stellt sich ihre Rolle jeder noch so großen Krise mit Würde, Esprit und einer verschmitzten Heiterkeit. Das mag für manche vielleicht nach kitschiger Frauenmagazin-Rhetorik klingen, wirkt in „Madame Aurora“aber immer sympathisch, lebensnah und völlig ungekünstelt.
Technisch kann die Blu-ray da nicht ganz mithalten. Das Bild überzeugt zwar mit satten Farben und soliden Kontrastwerten, könnte aber häufig gerne etwas schärfer sein. Und die auf gut abgemischte Dialoge ausgelegte Tonspur bietet bis auf die klassisch-poppigen Songs auch nur wenige Höhepunkte für Surround-Fans.
Dafür klingt die positive Grundaussage von „Madame Aurora“umso klarer: Älterwerden sollte keine Angst machen, sondern vielmehr Hoffnung geben.