Blu-ray Magazin

Madame Aurora und der Duft von Frühling

- PHILIPP WOLFRAM

Man wird nicht älter, sondern besser, heißt es so schön. Vor allem Männer gelten selbst im hohen Alter häufig noch als attraktive Gentlemen. Für Frauen sieht die Alltagsrea­lität allerdings häufig ganz anders aus: Wer seine Fältchen nicht mit dutzenden Beauty-Produkten behandelt, kleinere Fettpölste­rchen nicht sofort mit Intensiv-Training verbrennt oder unter enger „Shapewear“versteckt, wird oft nicht mehr als weiblich wahrgenomm­en. Dieses immer noch allzu gängige Rollenbild versucht „Madame Aurora und der Duft von Frühling“auf äußerst charmante Art zu widerlegen.

Der Film der preisgekrö­nten Regisseuri­n Blandine Lenoir präsentier­t sich dabei zwar vordergrün­dig als leichtfüßi­ges Feel-Good-Movie voller Hoffnung und Optimismus, konstruier­t aber zugleich auch das erstaunlic­h reale Lebensmosa­ik einer Frau um die 50, die mit ihrem eigenen Alter und all den damit einhergehe­nden Problemen hadert. Getragen von der überaus eleganten Hauptdarst­ellerin Agnès Jaoui ist die Tragikomöd­ie ein ausbalanci­erter und interessan­ter Kommentar auf das Älterwerde­n, der unbequeme Fragen stellt, um darauf herzerwärm­ende Antworten zu liefern.

Alte Frau – was nun?

Im Zentrum der Handlung steht die alleinerzi­ehende Aurora (Agnès Jaoui) - eine lebenslust­ige und junggeblie­bene Frau, die sich mitten in der Menopause befindet und daher von ständigen Hitzewallu­ngen geplagt wird.

Doch das ist leider nicht ihr einziges Problem: Weil sie mit ihrem neuen Hipster-Chef nicht klarkommt, verliert sie ihren Job als Kellnerin und findet sich in der Mitte ihres Lebens plötzlich zwischen Jobcenter-Terminen und Probearbei­ten wieder. Außerdem will ihre jüngere Tochter Lucie (Lou-Roy Lecollinet) zu ihrem Freund nach Barcelona ziehen. Ihre ältere Tochter Marina (Sarah Suco) ist dagegen schwanger und löst mit der bevorstehe­nden neuen Aufgabe als Großmutter bei Aurora weitere Selbstzwei­fel aus. Und als dann auch noch ihre alte Jugendlieb­e Christophe (Thibault de Montalembe­rt) wieder in ihr Leben tritt, ist das Gefühlscha­os für die geschieden­e Mutter (und somit die Unterhaltu­ng) perfekt.

Die fabelhafte Welt der Aurora

Lenoir inszeniert den bewegten Lebensabsc­hnitt ihrer Hauptfigur weniger durch eine groß angelegte Narrative und vielmehr anhand kurzer, alltäglich­er Momentaufn­ahmen, in denen melancholi­sches Drama und humorvolle Lebenssati­re miteinande­r verbunden werden. Wenn Aurora mit ihrer Freundin Mano (Pascale Arbillot) herumalber­t und in der nächsten Szene beim Putzen in Tränen ausbricht, dann ist das vielleicht dramaturgi­sch nicht ganz schlüssig, aber definitiv berührend.

Dieses locker-lässige Wechselspi­el der Gefühle trägt Agnès Jaoui mit ihrer einnehmend­en und sehr körperlich­en Performanc­e über die gesamte Laufzeit. Anstatt sich in ihrem Selbstmitl­eid zu suhlen, stellt sich ihre Rolle jeder noch so großen Krise mit Würde, Esprit und einer verschmitz­ten Heiterkeit. Das mag für manche vielleicht nach kitschiger Frauenmaga­zin-Rhetorik klingen, wirkt in „Madame Aurora“aber immer sympathisc­h, lebensnah und völlig ungekünste­lt.

Technisch kann die Blu-ray da nicht ganz mithalten. Das Bild überzeugt zwar mit satten Farben und soliden Kontrastwe­rten, könnte aber häufig gerne etwas schärfer sein. Und die auf gut abgemischt­e Dialoge ausgelegte Tonspur bietet bis auf die klassisch-poppigen Songs auch nur wenige Höhepunkte für Surround-Fans.

Dafür klingt die positive Grundaussa­ge von „Madame Aurora“umso klarer: Älterwerde­n sollte keine Angst machen, sondern vielmehr Hoffnung geben.

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Gemeinsam lassen sich die Herausford­erungen des Lebens besser bewältigen
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Aurora (Agnès Jaoui) lässt sich die Lebensfreu­de so schnell nicht nehmen

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