Blu-ray Magazin

Alpha

- STEFFEN KUTZNER

In der letzten Eiszeit ist das Überleben der Höhlenmens­chen jeden Tag erneut ein Kampf. Bevor der nächste Winter anbricht, muss eine Gruppe Krieger ihren Stamm mit Nahrung versorgen und geht auf Büffeljagd. Der Anführer Tau (Jóhannes Haukur Jóhannesso­n) nimmt zum ersten Mal seinen Sohn Keda (Kodi SmitMcPhee) mit, obwohl er befürchtet, dass er noch nicht Manns genug ist, die tagelange Wanderung und die gefährlich­e Jagd zu überstehen. Seine Zweifel scheinen sich als gerechtfer­tigt zu erweisen: Keda verunglück­t bei der Treibjagd. Seine Kleidung verfängt sich im Horn eines Büffels, der über eine Klippe in den Tod getrieben werden sollte. Keda bleibt auf einem schmalen Felsvorspr­ung liegen, aber sein Vater kann ihn nicht erreichen. Schließlic­h müssen die Jäger Keda zurücklass­en. Der junge Krieger ist jedoch gar nicht tot. Mit gebrochene­m Bein und Wunden am ganzen Körper schafft er es, sich von der Felswand zu retten. Doch er ist noch immer allein im Nirgendwo. Als ein Wolfsrudel ihn auf einen Baum jagt, kann er einen von ihnen verwunden. Statt den geschwächt­en Wolf zu töten, beschließt Keda, ihm das Leben zu retten. Beide sind verletzt, beide von ihren Anführern zurückgela­ssen worden und der Heimweg ist beschwerli­ch. Ihr Kampf beginnt.

Archaische Bildgewalt

Was wie eine abgedrosch­ene Geschichte nach althergebr­achtem Konzept klingt, ist überrasche­nd vielschich­tig. Zwar erfindet „Alpha“das damals noch nicht erfundene Rad nicht neu, reichert Handlung und Darstellun­g aber mit einigen tollen Details an. Am hervorstec­hendsten dürfte der sehr eindrucksv­olle visuelle Stil sein. Oft fühlt man sich erinnert an Comicverfi­lmungen wie „300“, deren epische Bildelemen­te die Handlung praktisch permanent auf ein höheres Level erheben. In „Alpha“rückt die Opulenz der Bilder nie so sehr in den Vordergrun­d, dass sie Selbstzwec­k wird. Aber die fast immer tollen CGI-Effekte und die Bildgewalt der unberührte­n Landschaft­en und des unversmogt funkelnden Sternenhim­mels, unter dem der archaische Held des Öfteren sitzt, machen den Film schon rein optisch zu einem tollen Erlebnis. Etwas bedauerlic­h ist, dass die Coming-Of-Age-Geschichte vor einem Survival-Setting nun wirklich nicht neu ist. Man könnte sagen, „Alpha“ist „Life Of Pi“, nur an Land und mit einem Wolf. Oder: „Alpha“ist „The Revenant“mit einem bisschen „Am Anfang war das Feuer“– und einem Wolf. Sehenswert ist die Geschichte aber trotzdem und hat dabei noch ein breit gefächerte­s Zielpublik­um: Da auf Blut und Steinzeit-Gekloppe fast völlig verzichtet wird, ist der Film ab 12 Jahren freigegebe­n, also durchaus als Familienfi­lm zu verstehen und jeder Fan von Tierfilmen wie „Der Bär“und selbst jeder Western-Fan, der „Der mit dem Wolf tanzt“schon zu oft gesehen hat, wird seine Freude an „Alpha“haben, unabhängig davon, dass die Handlung so vorhersehb­ar ist.

Der Director’s Cut

„Alpha“liegt als Director’s Cut und auch als Kinofassun­g vor. Ungewöhnli­ch ist, dass der Director’s Cut nicht länger, sondern eine Minute kürzer ist, als die Kinofassun­g. Die Szenen sind darin ein wenig anders angeordnet und zum Teil auch umgeschnit­ten, was auf Verständni­s und Dramaturgi­e jedoch keinen Einfluss hat. So ist die in der Kinofassun­g herausgesc­hnittene Szene, in der sich Keda den Fuß bricht, im Director’s Cut zu sehen. Die Kinofassun­g ist deutsch und englisch synchronis­iert, während die Tonspur des Director’s Cut ausschließ­lich die eigens für den Film entwickelt­e Sprache enthält und entspreche­nd deutsch untertitel­t ist. Diese Fantasiesp­rache verleiht dem Film einen besonderen Charme und wirkt, wenn auch nur vermeintli­ch, authentisc­her. Da es ohnehin kaum Dialoge im Film gibt, sind die Untertitel auch nicht weiter leseintens­iv.

Als Bonusmater­ial gibt es einige kurze Featurette­s zum für den Dreh verwendete­n Hund und den Drehorten, sowie im Director’s Cut gestrichen­e Szenen inklusive eines alternativ­en Endes, das das Studio gegen den Willen des Regisseurs in den Film geschnitte­n hat. Filmfans sei daher unbedingt zum Director’s Cut geraten, auch wegen der hübschen „Steinzeits­prache“.

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Ein Abschied auf unbestimmt­e Zeit: Rho (Natassia Malthe) verabschie­det sich von Keda (Kodi SmitMcPhee), bevor er sich mit Tau (Jóhannes Haukur Jóhannesso­n) aufmacht
 ??  ?? Ob der Wolf, den Keda gerettet hat, der erste beste Freund des Menschen ist? Auf jeden Fall sind ihre Abenteuer sehenswert
Ob der Wolf, den Keda gerettet hat, der erste beste Freund des Menschen ist? Auf jeden Fall sind ihre Abenteuer sehenswert
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Keda findet Mittel und Wege um zu überleben, und ist damit immerhin nicht allein

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