Alpha
In der letzten Eiszeit ist das Überleben der Höhlenmenschen jeden Tag erneut ein Kampf. Bevor der nächste Winter anbricht, muss eine Gruppe Krieger ihren Stamm mit Nahrung versorgen und geht auf Büffeljagd. Der Anführer Tau (Jóhannes Haukur Jóhannesson) nimmt zum ersten Mal seinen Sohn Keda (Kodi SmitMcPhee) mit, obwohl er befürchtet, dass er noch nicht Manns genug ist, die tagelange Wanderung und die gefährliche Jagd zu überstehen. Seine Zweifel scheinen sich als gerechtfertigt zu erweisen: Keda verunglückt bei der Treibjagd. Seine Kleidung verfängt sich im Horn eines Büffels, der über eine Klippe in den Tod getrieben werden sollte. Keda bleibt auf einem schmalen Felsvorsprung liegen, aber sein Vater kann ihn nicht erreichen. Schließlich müssen die Jäger Keda zurücklassen. Der junge Krieger ist jedoch gar nicht tot. Mit gebrochenem Bein und Wunden am ganzen Körper schafft er es, sich von der Felswand zu retten. Doch er ist noch immer allein im Nirgendwo. Als ein Wolfsrudel ihn auf einen Baum jagt, kann er einen von ihnen verwunden. Statt den geschwächten Wolf zu töten, beschließt Keda, ihm das Leben zu retten. Beide sind verletzt, beide von ihren Anführern zurückgelassen worden und der Heimweg ist beschwerlich. Ihr Kampf beginnt.
Archaische Bildgewalt
Was wie eine abgedroschene Geschichte nach althergebrachtem Konzept klingt, ist überraschend vielschichtig. Zwar erfindet „Alpha“das damals noch nicht erfundene Rad nicht neu, reichert Handlung und Darstellung aber mit einigen tollen Details an. Am hervorstechendsten dürfte der sehr eindrucksvolle visuelle Stil sein. Oft fühlt man sich erinnert an Comicverfilmungen wie „300“, deren epische Bildelemente die Handlung praktisch permanent auf ein höheres Level erheben. In „Alpha“rückt die Opulenz der Bilder nie so sehr in den Vordergrund, dass sie Selbstzweck wird. Aber die fast immer tollen CGI-Effekte und die Bildgewalt der unberührten Landschaften und des unversmogt funkelnden Sternenhimmels, unter dem der archaische Held des Öfteren sitzt, machen den Film schon rein optisch zu einem tollen Erlebnis. Etwas bedauerlich ist, dass die Coming-Of-Age-Geschichte vor einem Survival-Setting nun wirklich nicht neu ist. Man könnte sagen, „Alpha“ist „Life Of Pi“, nur an Land und mit einem Wolf. Oder: „Alpha“ist „The Revenant“mit einem bisschen „Am Anfang war das Feuer“– und einem Wolf. Sehenswert ist die Geschichte aber trotzdem und hat dabei noch ein breit gefächertes Zielpublikum: Da auf Blut und Steinzeit-Gekloppe fast völlig verzichtet wird, ist der Film ab 12 Jahren freigegeben, also durchaus als Familienfilm zu verstehen und jeder Fan von Tierfilmen wie „Der Bär“und selbst jeder Western-Fan, der „Der mit dem Wolf tanzt“schon zu oft gesehen hat, wird seine Freude an „Alpha“haben, unabhängig davon, dass die Handlung so vorhersehbar ist.
Der Director’s Cut
„Alpha“liegt als Director’s Cut und auch als Kinofassung vor. Ungewöhnlich ist, dass der Director’s Cut nicht länger, sondern eine Minute kürzer ist, als die Kinofassung. Die Szenen sind darin ein wenig anders angeordnet und zum Teil auch umgeschnitten, was auf Verständnis und Dramaturgie jedoch keinen Einfluss hat. So ist die in der Kinofassung herausgeschnittene Szene, in der sich Keda den Fuß bricht, im Director’s Cut zu sehen. Die Kinofassung ist deutsch und englisch synchronisiert, während die Tonspur des Director’s Cut ausschließlich die eigens für den Film entwickelte Sprache enthält und entsprechend deutsch untertitelt ist. Diese Fantasiesprache verleiht dem Film einen besonderen Charme und wirkt, wenn auch nur vermeintlich, authentischer. Da es ohnehin kaum Dialoge im Film gibt, sind die Untertitel auch nicht weiter leseintensiv.
Als Bonusmaterial gibt es einige kurze Featurettes zum für den Dreh verwendeten Hund und den Drehorten, sowie im Director’s Cut gestrichene Szenen inklusive eines alternativen Endes, das das Studio gegen den Willen des Regisseurs in den Film geschnitten hat. Filmfans sei daher unbedingt zum Director’s Cut geraten, auch wegen der hübschen „Steinzeitsprache“.