Deine Juliet
Die Macht von Worten, Büchern sowie dem Lesen und Schreiben im Allgemeinen wurde bereits in zahlreichen Filmen thematisiert. „Der Club der toten Dichter“(1989) verknüpft seine Ode an Prosa mit einer Geschichte über Rebellion gegen den Status Quo. „Forrester – Gefunden!“(2000) baut die Liebe zur Literatur in eine klassische Coming-Of-Age-Story ein. Und auch das gefühlvolle Drama „Deine Juliet“macht Bücher zum Symbol der Hoffnung und des Widerstands.
Basierend auf dem gleichnamigen Roman von Mary Ann Shaffer und ihrer Nichte Annie Barrows (der im Englischen den sperrigen Titel „The Guernsey Literary And Potato Peel Pie Society“trägt) erzählt Regisseur Mike Newell eine traurig-schöne Geschichte über die verbindende sowie heilende Kraft des geschriebenen Wortes zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs. Zusammen mit dem hochkarätig besetzten Ensemble und der rauen Schönheit der britischen Küste ist den Machern damit eine geschmackvolle Buchadaption gelungen, die den tonalen Spagat aus heiterer Leichtigkeit, ernsthafter Dramatik und ehrlicher Romantik fast durchweg bewältigt.
Lesen ist Freiheit
Die recht straff präsentierte Handlung handelt von Juliet Ashton (Lily James), deren Leben eigentlich kaum besser sein könnte: Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gehört sie zu den gefragtesten Autorinnen Englands und ist kurz davor, ihren wohlhabenden Freund Mark (Glen Powell) zu heiraten.
Doch als Juliet eines Tages der Brief des Farmers Dawsey Adams (Michiel Huisman) erreicht, ändert sich alles. Der literaturbegeisterte Schweinezüchter von der Insel Guernsey schildert darin, wie er und andere Bewohner während der deutschen Besatzung den Buchklub „Guernseyer Freunde von Dichtung und Kartoffelschalenauflauf“gegründet haben, um der Unterdrückung durch die Nazis zu entfliehen. Ganz begeistert von der Geschichte reist Juliet daraufhin auf die Insel und wird vom Klub zunächst auch herzlich in Empfang genommen. Doch als die Autorin offenbart, dass ihre nächste Geschichte von den Literaturfreunden handeln soll, sind diese überhaupt nicht begeistert. Denn die Mitglieder tragen alle ein trauriges Geheimnis mit sich herum, das sie niemandem erzählen möchten.
Schreiben ist Macht
„Deine Juliet“setzt bei seiner Inszenierung ganz klar auf britisches Understatement. Regie-Veteran Mike Newell erzählt das Aufeinandertreffen der Großstadt-Heldin und der einfachen Dorfgemeinde fast völlig klischeefrei und nur mit ganz wenig Melodramatik.
Stattdessen konzentriert sich der Film lieber auf seine interessanten Figuren mit ihren teilweise tragischen Hintergründen, die sich im Laufe des Films ganz behutsam entfalten dürfen und dank der engagierten Schauspieler den Zuschauer auch stets emotional berühren.
Vor allem die Darstellungen von Lily James und Michiel Huisman erscheinen sehr nuanciert. Einzig das Ende wirkt leicht übereilt und erinnert dabei etwas an einen Rosamunde Pilcher-Roman. Das liegt vielleicht auch an der genretypischen Präsentation, die mit einer stilsicheren Kameraarbeit, der natürlichen Farbgebung und gutem Schärfegrad punktet.
Ebenso unaufgeregt erscheint auch der Sound, dessen Kompositionen lieber die Handlung untermalen und nicht auf schmalziges Gedudel setzen. Die eher natürliche Tonkulisse wird dagegen nur selten richtig lebendig und ist bis auf ein paar gut platzierte Effekte auch nur bedingt räumlich. Dennoch ist „Deine Juliet“ein feines Filmerlebnis für Buch- und Filmfreunde gleichermaßen.