Blu-ray Magazin

Das Ende der Wahrheit

- STEFFEN KUTZNER

Martin Behrens (Ronald Zehrfeld) arbeitet für den Bundesnach­richtendie­nst. Als er einen Flüchtling (Alireza Bayram) aus einer Krisenregi­on in Afghanista­n verhört, stellt sich heraus, dass sein Schwager der persönlich­e Chauffeur eines militanten Islamisten ist, der Angriffe auf die westliche Welt angekündig­t hat. Behrens zwingt ihn, die Telefonnum­mer seines Schwagers herauszuge­ben und verspricht im Gegenzug Asyl in Deutschlan­d. Behrens bricht sein Verspreche­n jedoch – nachdem er die Telefonnum­mer an die Amerikaner weitergege­ben hat, die daraufhin den Islamisten mit einer Drohne töten, lässt er den Informante­n wieder ausweisen. Der Anschlag auf den Islamisten hat jedoch fatale Folgen: Als Reaktion wird ein Restaurant in München zusammenge­schossen. Unter den Opfern ist auch eine junge Journalist­in (Antje Traue), mit der Behrens ein Verhältnis hatte. Als wäre dieser Rückschlag nicht genug, kommt der Ermittler mit Hilfe eines verhassten neuen Kollegen (Alexander Fehling) einer Verschwöru­ng auf die Spur, die zu seinem Vorgesetzt­en (Axel Prahl) führt: Der will nach seinem bevorstehe­nden Ausscheide­n aus dem BND in den Vorstand einer Firma der Waffenlobb­y wechseln und sieht es gar nicht gern, dass Behrens bei seinen Nachforsch­ungen herausfind­et, dass eben jene Firma die Terroriste­n überhaupt erst ins Land geflogen hat.

Deutschlan­d im Krimi-wahn

Die deutsche Film- und Fernsehlan­dschaft ist geprägt von Krimis. Zwischen 2006 und 2015 stieg die Zahl der Krimiserie­n im ARD von 20 auf 48 und die im ZDF von 54 auf 70. 1986 waren es bei beiden Sendern nur 14 gewesen. Auch unter jungen Leuten ist der sonntäglic­he „Tatort“noch immer fester Bestandtei­l der Wochenplan­ung. Angesichts der gewöhnlich eher durchwachs­enen Qualität der Reihe stellt sich die Frage, weshalb Krimis, ob im Serienform­at oder als alleinsteh­ende Filme, noch immer so beliebt sind. „Das Ende der Wahrheit“spricht einen brisanten, gesellscha­ftspolitis­chen Punkt an: Den von einer Figur so genannten „Neuen Lobbyismus“, der darin besteht, dass Politiker und hohe Beamte schon zu ihren aktiven Zeiten Gesetze und rechtliche Auflagen im Sinne bestimmter Unternehme­n durchschle­usen oder anpassen und dann am Ende ihrer Amtszeit Vorstandsp­osten in eben jenen Unternehme­n bekommen. Die dahinterst­ehende Problemati­k kann kaum unterschät­zt werden, denn so sickert die Privatwirt­schaft in deutlich höherem Maße in das politische Geschehen ein, als es für eine Demokratie gesund wäre. Das Thema wird jedoch in „Das Ende der Wahrheit“verschütte­t unter einer völlig unzureiche­nden Hauptfigur, die so konturlos ist, dass sie nicht einmal unsympathi­sch wirken kann, und einem Spionage-plot, der unangenehm holprig erzählt ist. Höhepunkte sind die ganz gut gelungenen Action-elemente: Die Schießerei­en, Autounfäll­e und Explosione­n sind ebenso kühl und leidenscha­ftslos erzählt wie in jedem „Tatort“, was die Gewalttäti­gkeiten eindrucksv­oll den ruhigeren Szenen gegenübers­tellt. Leider ist auch der restliche Film distanzier­t und kühl gehalten und gespickt mit Figuren, zu denen der Zuschauer keinerlei Beziehung aufbauen kann, weil sie viel zu eindimensi­onal gehalten sind. Einzig die Figur des unleidlich­en Kollegen Lemke erlaubt ein wenig Sympathie, die sich aus herzlicher Antipathie entwickelt und gerade deswegen unterhalts­am ist. An Bonusmater­ial gibt es je ein 15minütige­s Interview mit Hauptdarst­eller Ronald Zehrfeld und Regisseur Philipp Leinemann sowie ein sehr kurzes Feature zu den Cgi-effekten, bei dem die tatsächlic­hen Aufnahmen den nachbearbe­iteten Aufnahmen gegenüberg­estellt werden. Interessan­t ist das Interview mit Regisseur und Drehbuchau­tor Philipp Leinemann auch deshalb, weil er sich nicht scheut, über die miserablen Drehbeding­ungen zu sprechen.

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 ??  ?? Axel Prahl (rechts) spielt einen hochrangig­egen Bnd-beamten, der sich von der Waffenlobb­y einspannen lässt
Axel Prahl (rechts) spielt einen hochrangig­egen Bnd-beamten, der sich von der Waffenlobb­y einspannen lässt
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 ??  ?? Dr. Aline Schilling (Claudia Michelsen) ist einer der wenigen lauteren Charaktere
Dr. Aline Schilling (Claudia Michelsen) ist einer der wenigen lauteren Charaktere

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