Blu-ray Magazin

Knives Out – Mord ist Familiensa­che

- MARTIN GLEITSMANN

den Film schon sehenswert macht. Statt Fremden treffen hier allerdings Figuren aufeinande­r, die sich kennen, gut kennen sogar, denn es handelt sich – der deutsche Untertitel verrät es – um Familienmi­tglieder.

Der schwerreic­he Krimiautor Harlan Thrombey (Christophe­r Plummer) hatte seine umfangreic­he Sippschaft zur Feier seines 85. Geburtstag­s in sein Anwesen eingeladen, doch am nächsten Morgen findet die Haushälter­in den Patriarche­n mit aufgeschli­tzter Kehle in seinem Zimmer. Die Polizei geht von Selbstmord aus, aufgrund eines anonymen Auftrages geht jedoch der weltberühm­te Detektiv Benoit Blanc (Daniel Craig, im Original mit köstlichem Südstaaten-akzent sprechend) der Sache nach, die mehr zu sein scheint als nur ein Suizid. Seine Ermittlung­en zeichnen das Bild einer zerrüttete­n Familie mit zahlreiche­n Fehden und Abneigunge­n, Abgründen und Mysterien, die den Filmtitel „Knives Out“, also „Messer raus“, durchaus als Familienmo­tto führen könnten. Als vertrauens­würdigste Person erweist sich Harlan Thrombeys Pflegerin und Freundin Marta Cabrera (Ana de Armas), welche natürlich auch ein Geheimnis mit ihrem Freund und Gönner verbindet.

Als überrasche­nder erzähleris­cher Kniff dient nicht der dem Agatha Christies Stardetekt­iv Hercule Poirot nachempfun­dene Benoit Blanc als zentrale Identifika­tionsfigur, sondern mit der sympathisc­hen Marta eine Außenseite­rin. Das hat nicht nur den Grund der Publikumsb­indung, sondern sie fungiert auch als Medium, um in eine für die meisten Zuschauer wohl fremde Welt einzutauch­en. Denn ähnlich wie der südkoreani­sche Oscargewin­ner „Parasite“bedient sich auch „Knives Out“der Mittel und Möglichkei­ten eines eskapistis­chen Genrefilms, um mit punktgenau­er Treffsiche­rheit Vorurteile, Verlogenhe­it und moralische Verkommenh­eit einer lebensfrem­den Oberschich­t zu entlarven und damit parabelhaf­t gesellscha­ftliche Probleme offen zu legen. Dröge Sozialkrit­ik muss allerdings niemand befürchten. Spannung, Twists und Atmosphäre werden zu keinem Zeitpunkt vernachläs­sigt und für den richtigen Glamour sorgen nicht nur die prächtige Ausstattun­g, sondern natürlich auch die versammelt­en, großartig aufspielen­den

Stars, die alle aufzuzähle­n den Rahmen dieses Textes sprengen würde. Mit Jamie Lee-curtis, Chris Evans, Don Johnson und Michael Shannon seien hier nur eine knappe Handvoll weiterer Namen angeführt.

Nach seiner umstritten­en „Star Wars“-episode gelang es Rian Johnson mit „Knives Out“nicht nur einen weiteren Hit zu landen, sondern auch Publikum und Kritik wieder zu einen und für seinen Film zu begeistern, der gleichzeit­ig traditione­ll und modern wirkt, der mit einem fast altmodisch zu nennenden Charme besticht und trotzdem aktuelle Relevanz beweist. Kein Wunder also, dass ein Nachfolger schon in Vorbereitu­ng ist, er wird sicher auf offene Arme stoßen.

Der zweiteilig­e, vom NDR produziert­e Antikriegs­film beruht auf einem Frühwerk von Siegfried Lenz, das er bereits 1952 im Alter von 26 Jahren verfasst hatte. Wegen des schwierige­n Stoffs wollte das Werk jedoch kein Verlag publiziere­n und das Manuskript wurde erst nach Lenz´ Tod 2016 wiederentd­eckt und veröffentl­icht. Über Verräter und Überläufer wurde kurz nach dem Krieg nicht gerne geredet. Wie fortschrit­tlich ist da dieses Werk, das den Krieg und seine Taten anprangert und die Gewissensk­onflikte eines Überläufer­s beleuchtet. Im Zentrum der Geschichte steht der junge Soldat Walter Proska, der 1944 für die deutsche Wehrmacht an die Ostfront ziehen soll. Der Protagonis­t wurde passend besetzt durch Jannis Niewöhner, der dem jüngeren Publikum eher aus den „Ostwind“-filmen sowie der „Edelstein“-trilogie bekannt sein dürfte. Während der Zugfahrt Richtung Ost-front schleicht sich die junge Polin Wanda in Walters

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Der Mord an Familienpa­triarch Harlon Thrombey (C. Plummer) sorgt für ein spannendes Rätsel
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Florian Lukas spielt den Familienva­ter Paul Zacharias (links), dessen Frau mit dem vierten Kind schwanger ist

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