Blu-ray Magazin

3 Engel für Charlie

- MG

Ganz ehrlich, die erste Kinoverfil­mung des Serienklas­sikers „3 Engel für Charlie“von 2000 war gar nicht so schlecht. Die Besetzung war gleicherma­ßen attraktiv wie talentiert, der Humor saß, die Action erstaunte ein Publikum, das durch „Matrix“gerade erst für den Martial-arts-stil des Hongkong-kinos sensibilis­iert worden war. Der Film traf den Nerv der Zeit. Knapp zwanzig Jahre und eine Fortsetzun­g später möchte eine weitere Verfilmung wieder den Nerv der Zeit treffen und scheitert kläglich. Von der ersten pseudo-feministis­chen Dialogzeil­e an schwingt der Film, der gleichzeit­ig Fortsetzun­g und Reboot sein möchte, den Holzhammer, wirkt konstruier­t und falsch, so falsch wie die offenbar nicht vorhandene­n Kampfsport­fähigkeite­n der drei Hauptdarst­ellerinnen, denen leider auch die Chemie ihrer Vorgängeri­nnen abgeht. Kristen Stewart hat in ihrer Post-„twilight“ära wiederholt echtes Talent bewiesen, verkauft sich hier jedoch unter Wert und passt sich der leeren

Model-attraktivi­tät ihrer zwei Kolleginne­n an. In Interviews sprach Regisseuri­n Elizabeth Banks („Pitch Perfect 2“) von der rauen Authentizi­tät der Kämpfe, die sie anstrebte. Im Film ist von dieser Authentizi­tät wenig zu sehen. Drahtunter­stütztes Gehampel, wirkungslo­ses Geballer und wenig aufregende Verfolgung­sjagden sind weit entfernt von „Atomic Blonde“, dem Film, den Banks als Vorbild anführte. Die Story war noch nie eine Stärke der „Charlie‘s Angels“-reihe und erweist sich als blasser bis alberner „Mission Impossible“-verschnitt.

Die Jagd auf eine neuartige Wunder-energieque­lle, die in falschen Händen eine Superwaffe darstellen könnte, vermag vom Mittelmaß des Filmes kaum abzulenken.

Der Publikumsg­eschmack ist ein kapriziöse­s Wesen, seine Launen schwer zu erahnen, geschweige denn mit Sicherheit vorher zu sehen. Wie sonst konnte es ein schwierige­r, unangenehm­er Film wie „Joker“zum Milliarden-blockbuste­r bringen, während ein bunt-schillernd­er, ironisch verbrämter Comic-actioner wie „Birds Of Prey“an der Kinokasse sang- und klanglos unterging. Dabei lehnte sich die Dc-antihelden­verfilmung sogar an ein überaus erfolgreic­hes Vorbild an, nämlich „Deadpool“aus dem Hause Marvel/fox. Wie der rotgewande­te Titelheld des „X-men“-ablegers durchbrich­t auch Harley Quinn regelmäßig die vierte Wand und spricht direkt zum Publikum, wie „Deadpool“verquirlt auch „Birds Of Prey“dramatisch­e und bisweilen tragische Ereignisse mit anarchisch­em Meta-humor und verzichtet ebenso auf eine Altersfrei­gabe ab 12 Jahren, um weder bei Story, Dialogen oder Action Kompromiss­e zugunsten unpassende­r Familienfr­eundlichke­it

eingehen zu müssen. Es hat ihm alles nichts genutzt, der Film ging an der Kinokasse gnadenlos unter und bescherte seinen Machern das bislang schlechtes­te Einspieler­gebnis eines Dcu-filmes. Ja, auch schlechter als der üble „Suicide Squad“. Dieser Film wird hier nicht zufällig erwähnt, spinnt „Birds Of Prey“doch die dort geschilder­te Ursprungsg­eschichte von „Harley Quinn“alias Dr. Harleen Frances Quinzel weiter. Und anders, als es der Filmtitel suggeriert, ist sie auch die zentrale Figur des Streifens. Die titelgeben­den „Birds Of Prey“müssen sich mit besseren Nebenrolle­n begnügen. Der clevere Aufhänger des Filmes ist die im Untertitel erwähnte Emanzipati­on von Harley Quinn. Bis zu Filmbeginn wusste sich die ehemalige Psychother­apeutin als Gefährtin ihres einstigen Patienten Joker auf der Sonnenseit­e von Gothams Unterwelt. Allein die Nennung des Namens ihres schmink-affinen Galans genügte, um Freund und vor allem Feind den nötigen Respekt ihr gegenüber abzunötige­n. Bis der Joker sie schließlic­h vor die Tür setzte und sich die ehemaligen Bücklinge und Speichelle­cker an die Erniedrigu­ngen und Demütigung­en durch sie erinnerten. Plötzlich findet sich Harley Quinn auf der Abschussli­ste eines rachsüchti­gen Mobs wieder, insbesonde­re Gangboss Black Mask (Ewan Mcgregor) glaubt, noch eine gesalzene Rechnung mit ihr begleichen zu müssen. Nun muss Harley selbst für Respekt und Furcht sorgen, zu welchen Zweck sie mit einigen anderen weiblichen Vigilanten kooperiert, die ihrerseits noch ein Wörtchen mit Black Mask zu reden haben.

Frauenpowe­r mit Esprit

Das Wort „Emanzipati­on“im Titel muss man keineswegs in den falschen Hals bekommen. Anders als der neue „3 Engel für Charlie“möchte „Birds Of Prey“kein plumper Frauenpowe­r-film mit noch plumperen Lippenbeke­nntnissen sein, sondern ein smarter und amüsanter Frauenpowe­r-film. Insbesonde­re Margot Robbie in der Titelrolle merkt man den Spaß an, den sie beim Dreh offenbar hatte, wobei ihr urkomische­r Sprachdukt­us in der deutschen Version verständli­cherweise fehlt. Ihren physischen Einsatz hingegen kann man auch in der Synchro-fassung erleben, die Kampfszene­n sind ein ebenso brutales wie akrobatisc­hes Erlebnis und oft genug ist deutlich, dass es sich um Robbie selbst und nicht um eine Stuntfrau handelt. Auch ihre Kostars sind mit Feuer und Energie dabei, nur Mary Elizabeth-winstead als Huntress kommt etwas zu kurz. Letztlich sind es die Actionszen­en, die kunterbunt-stylishen Bilder und die furios agierende Hauptdarst­ellerin, welche bei „Birds Of Prey“für kurzweilig­en und blutigen Spaß sorgen, während die Gangster-rachegesch­ichte trotz netten Aufhängers schnell in funktionel­le, aber sattsam bekannte Routine abgleitet, was es dann doch irgendwie gerecht erscheinen lässt, dass „Deadpool“der erfolgreic­here weil bessere Film war.

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An der Seite von „Twilight“-ikone Kristen Stewart stehen Ella Balinska (mitte) und Naomi Scott (rechts)
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Bösewicht Black Mask (rechts vorne – Ewan Mcgregor) hat Harley Quinn am Schlafittc­hen
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Die Martial-arts-virtuosin Black Canary (rechts – Jurnee Smollett) gesellt sich zu den „Birds of Prey“

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