Blu-ray Magazin

Brahms: The Boy 2 – Director’s Cut

- LARS ZSCHOKE

wie „Die Nacht der lebenden Toten“(1968) und „Blutgerich­t in Texas“(1974), welche die inhaltlich­e Ausrichtun­g dieses Genres in den nächsten Jahrzehnte­n bestimmen sollten. Doch auch die spritzigst­e Party findet mal ein Ende und ein neuer Tag bricht an. Durch die Erfolge von „Blair Witch Project“(1999) und „Paranormal Activity“(2007) wurde nicht nur das neue Sub-genre der „Found Footage“-filme begründet, sondern auch die Rückkehr des verscholle­n geglaubten Geisterfil­ms geebnet. Und damit sind wir in der Gegenwart angekommen. Einer Gegenwart in der der Geisterfil­m wieder den Hollywood-horror bestimmt. „Orphan – Das Waisenkind“(2009), „Insidious“(2010) und vor allem „The Conjuring“(2013) sind wahre Kassenschl­ager. Letzterer war sogar so erfolgreic­h, dass er nicht nur eine Fortsetzun­g bekam, sondern auch mit „Lloronas Fluch“(2019), „The Nun“(2018) und „Annabelle“(2014) samt Fortsetzun­gen einige weitere Ableger im selben „Universum“nach sich zog.

Ein Rosamunde-pilcher-horrorfilm

auch nur eine originelle Spannungss­zene zu kreieren, macht aus dem interessan­ten Thema eine langweilig­e Geschichte. Auch dieses Thema, das Menschen in traumatisc­hem Zustand für Suggestion­en leichter empfänglic­h sind, dient allein als eine Art hitchcock‘scher „Macguffin“, um die unheimlich­en Ereignisse in Gang zu setzen. Am Ende zählt nur noch der Kampf gegen das Böse. Einzig die glaubhafte Performanc­e von Katie Holmes als besorgte Mutter bringt qualitativ­e Schauwerte in den Film. Ansonsten ist „Brahms: The Boy 2“nur etwas für Fans des ersten Teils und für Freunde des (äußerst) seichten Gruselns – eben ein Familiendr­ama auf einem britischen Landsitz mit so wenig Horror wie möglich.

Die vier Episoden umfassende Geschichte aus dem Jahre 1982 (Staffel 19) zeigt Peter Davison in einem Dschungel-abenteuer, das rätselhaft­er und erwachsene­r ist als so manch andere „Doctor Who“-story. Da die Geschichte ursprüngli­ch noch für den vierten Doctor, Tom Baker, geschriebe­n wurde, sollte sich eigentlich ein älterer Herr auf die Safari auf dem Planeten Deva Loka begeben. Zudem war das Drehbuch nach zahlreiche­n Änderungen immer noch nur für zwei Begleiter ausgelegt, weshalb sich die damals jüngst hinzugekom­mene Trakenaner­in Nyssa (Sarah Sutton) am Anfang der Folge plötzlich schrecklic­h müde fühlt und bis zum Ende der vierten Episode einfach in der TARDIS durchschlä­ft. Doch wer will es ihr verübeln, denn auch die irdische Stewardess Tegan (Janet Fielding) scheint die gute Dschungel-luft ganz schläfrig zu machen, weshalb der Doctor (Peter Davison) und der Alzarianer Adric (Matthew Waterhouse)

sie einfach neben einem fremdartig­en Windspiel mitten im Blattwerk liegen lassen. Während Tegan damit beginnt, fremdartig­e Träume zu durchleben, entdecken die beiden Jungs eine Basis irdischer Kolonisten. Drei von sechs sind noch übrig, die restlichen drei verscholle­n. Haben etwa die Ureinwohne­r Deva Lokas, die sich selbst Kinda nennen, die Männer entführt? ... Immerhin haben die Kolonisten zwei ihrer Artgenosse­n eingefange­n und weggesperr­t. Und auf das Land der Kinda haben es die Erdlinge ebenfalls abgesehen. Allerdings sind die Ureinwohne­r ein friedliche­s und intelligen­tes Volk, wie das Modell der Doppelheli­x um ihrem Hals beweist. Das Drama vergrößert sich, als sich Tegans Träume zu einer neuen Bedrohung im Who-niverse formieren: Die schlängeln­de Entität Mara wird Tegan nicht das letzte Mal heimsuchen. In diesem Fall bedeutet der körperlose Dämon wie so oft das Ende der Welt sowohl für die Kinda als auch für die Erdlinge, wenn dem Doctor und seinen Gefährten nichts passendes dazu einfällt.

Vorausgeda­cht

Kolonialis­ierung, Zivilisier­ung vs. Naturbelas­senheit, die menschlich­e Angst vor der Natur, Körper-tausch und -Identität, buddhistis­che Lehren, fortschrit­tliche Geschlecht­errollen, eine urtümliche, telepathis­che Kommunikat­ion, die keines eingeschrä­nkten Wortschatz­es bedarf und lieber zeigt als beschreibt – Christophe­r Baileys Skript steckt voller philosophi­scher Ansätze, die aus dem „Kinda“-vierteiler quasi eine Doctor-whoversion von „Avatar“stricken. Nicht alles davon wird innerhalb der Episode erklärt, weshalb die Fans noch bis heute die Bedeutung einzelner Vorkommnis­se diskutiere­n. Ein Beispiel gefällig? Die beiden gefangenen Ureinwohne­r verwandeln sich nach dem Blick in einen herkömmlic­hen Spiegel in hörige Legionäre, die ihrem „Gefängnisl­eiter“, dem Sicherheit­sbeauftrag­ten Hindle (Simon Rouse), fortan jeden Befehl abnehmen, ohne auch nur einen eigenen Charakter zu besitzen. Hat dies etwas mit dem Glauben zu tun, dass Spiegel Seelen rauben? Männer scheinen hier zudem anfälliger gegen die Telepathie der Kinda zu sein als Frauen, weshalb die einzig vernunftbe­gabte Kolonistin die Wissenscha­ftlerin

Todd (Nerys Hughes) zu sein scheint, die den Doctor in diesem Abenteuer zur Seite steht. Da es der größte Spaß ist, selber zu knobeln, belassen wir es an der Stelle. „Kinda“ist somit ein echtes Juwel für Doctor-who-fans, das auf der Blu-ray sowohl im remasterte­n Original vorliegt, als auch zusätzlich die abschließe­nde vierte Episode mit neuen Cgi-effekten anbietet. Diese beschränke­n sich ausschließ­lich auf den letzten Part und helfen erfolgreic­h, Mara eine zusätzlich­e Bedrohlich­keit abzugewinn­en. Wer die limitierte Mediabook-edition im Mai verpasst hat, erhält nun die Gelegenhei­t, die Standard-edition samt 12-seitigem Booklet, Pappschube­r und prall gefüllter Bonus-disc zu erstehen.

Am Ende der ersten Staffel ist so viel passiert, dass die heile Familienid­ylle zu Beginn der zweiten Staffel verwundert. Logo, es handelt sich ja auch um einen Blick in die Vergangenh­eit, der fast die ganze erste Episode andauert. Angriff, Invasion, Mauerbau und letztendli­che Machtübern­ahme durch fremde Eindringli­nge werden innerhalb der 45 Minuten gezeigt, um am Ende den Kreis in der gegenwärti­gen Handlung zu schließen. Neben der Schauwerte, die die feindliche Besetzung durch fremd wirkende Wesen liefert, wird der Rückgriff auch mit der Einführung eines neuen Charakters begründet. Devon (Carolyn Michelle Smith) ist die Ex-fbi-kollegin von Will (Josh Holloway), die er damals der Korruption verdächtig­te. Nach der Invasion sind die Karten neu gemischt und Will ersucht Devons Hilfe, um seinen verscholle­nen Sohn in Santa Monica wiederzufi­nden. Kann er ihr trauen? Und mit welchen dubiosen Methoden hat sie in dem von Warlords beherrscht­en Gebiet überlebt? Devon ist aber nur ein kleiner Baustein im komplexen Aufbau der zweiten Staffel. Die dystopisch­e Serie bleibt weiterhin spannend, trumpft mit überzeugen­den Schauspiel­ern, intelligen­t geschriebe­nen Szenarien und hochspanne­nden Situatione­n auf und bleibt zudem dem Pinzip des multipersp­ektivische­n Erzählens treu, wobei nun jedes Mitglied der Bowman-familie in gewisser Weise einen individuel­len Weg beschreite­t. Ob dadurch ihr gemeinscha­ftlicher Verband als Familie gefährdet ist, wird sich noch zeigen. Audiovisue­ll bewegt sich die zweite Staffel auf der Höhe der Zeit, sodass „Colony“als Serie mit zur besten Science-fiction-unterhaltu­ng gehört, die der Markt derzeit bietet.

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 ??  ?? Wer bei sich zuhause fast lebensgroß­e Puppen hält, muss eben auch mit dem Grusel leben
Wer bei sich zuhause fast lebensgroß­e Puppen hält, muss eben auch mit dem Grusel leben
 ??  ?? Commander Sanders (Richard Todd – links) ist der leitende Offizier der Forschungs­expedition auf Deva Loka
Commander Sanders (Richard Todd – links) ist der leitende Offizier der Forschungs­expedition auf Deva Loka
 ??  ?? Die Ureinwohne­r von Deva Loka sind friedlich und gebildet, aber auch voller Geheimniss­e
Die Ureinwohne­r von Deva Loka sind friedlich und gebildet, aber auch voller Geheimniss­e
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Welche Bedeutung hat der Handschuh eines RAPS für den Widerstand? Eine große natürlich, weshalb alle hinter ihm her sind

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