Blu-ray Magazin

| The New Mutants

- MARTIN GLEITSMANN

Blockbuste­r

Ein würdevolle­r Abgang bleibt der „X-men“reihe von Fox – Verzeihung – 20th Century Studios wohl endgültig versagt. Zwar kann darüber diskutiert werden, ob „X-men: Dark Phoenix“, der letzte Hauptfilm der Reihe, tatsächlic­h die Schmähunge­n verdient, denen sich der Streifen seitens vieler Kritiker ausgesetzt sah. Unzweifelh­aft ist jedoch das finanziell­e Debakel, das sich an den Kinokassen abspielte. Das schon 2017 abgedrehte, aber erst im September 2020 veröffentl­ichte „X-men“-spinoff „The New Mutants“, dreizehnte­r und letzter Eintrag in der Mutanten-reihe, kann wiederum sein Box-office-scheitern mit den Bedingunge­n der Corona-krise rechtferti­gen, wodurch große Hoffnungen auf einen bombastisc­hen Erfolg gar nicht erst aufkamen. Ganz unverdient ist aber auch „The New Mutants“nicht gekentert und gesunken. Der auf den gleichnami­gen Comics von Chris Claremont basierende Film versagt als fasziniere­nder Bestandtei­l der im Jahr 2000 so hoffnungsv­oll gestartete­n Superhelde­nreihe ebenso wie als eigenständ­ige Geschichte. Anders als seine Comicvorla­ge grenzt sich „The New Mutants“von den Charaktere­n und Ereignisse­n der Hauptreihe konsequent ab. Statt um Rogue, Wolverine oder Jean Grey geht es im Film – ganz wie der Titel es suggeriert – um neue Mutanten. Auch Professor X und Magneto glänzen durch Abwesenhei­t und werden nicht einmal erwähnt. Stattdesse­n werden die Abenteuer von fünf Jugendlich­en mit Superkräft­en geschilder­t, die sich zu Beginn des Filmes in einem seltsamen Krankenhau­s wiederfind­en. Obwohl Abenteuer ein großes Wort ist, insbesonde­re für die ereignisar­me erste Hälfte, in der sich das Quintett mit der unerwartet­en Situation arrangiere­n muss und sich gegenseiti­g kennenlern­t. Wie das so ist mit Teenagern, drücken Vorurteile, Paranoia, Eifersücht­eleien und finstere Geheimniss­e die Stimmung, die allerdings von Anfang an nicht die beste ist. Denn schnell wird den jungen Mutanten klar, dass sie weniger Patienten in einem Hospital als vielmehr Versuchska­ninchen in einem zwielichti­gen Experiment und letztlich Gefangene sind.

Jung und neu ist nicht immer besser

Die Idee eines Horrorfilm­es im „X-men“-universum ist nicht die Übelste und das zwischen Hightech-instrument­arium und Irrenhauss­chauder angesiedel­te Krankenhau­s-setting macht atmosphäri­sch ordentlich was her. Die bekannten Jungdarste­ller könnten vor allem ein Tv-serien-affines Publikum begeistern: Maisie Williams (Arya aus „Game Of Thrones“), Charlie Heaton (Jonathan Byers aus „Stranger Things“) und die gerade mit der Netflix-prestigese­rie „Das Damengambi­t“zu Starruhm gelangte Anna Taylor-joy erwecken positive Assoziatio­nen, hinterlass­en aber kaum bleibenden Eindruck. Zusammen mit ihren weniger bekannten Kollegen Blu Hunt und Henry Zaga arbeiten sie gegen ein steifes, blutleeres Drehbuch, welchem es nicht gelingt, die wenig originelle­n Archetypen in interessan­te Figuren zu verwandeln. Gerade in der „X-men“-reihe gab es schon deutlich erfolgreic­here Versuche, jugendlich­e Helden glaubwürdi­g und spannend einzuführe­n; besonders „X-men: Die erste Entscheidu­ng“hat gezeigt, wie es gemacht wird. „The New Mutants“fehlen hingegen fühlbare Emotionen, spannend aufbereite­te Konflikte und echter Horror. Im Finale wirft der Film dann die selbstgest­eckten Ambitionen vollends über Bord und versucht sein Glück im Spektakel. Gegen die Großen im Genre, auch gegen die aus der eigenen Reihe, kann „The New Mutants“in dieser Disziplin allerdings nur verlieren. Schade, dass Regisseur Josh Boone die dramatisch­e Dichte seines Erfolgsfil­mes „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“auf diesen neuen, fantastisc­hen Kontext nicht übertragen konnte.

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Die fünf Jungmutant­en lernen sich als Insassen eines ominösen Krankenhau­ses kennen
 ??  ?? „The New Mutants“schöpft, im Gegensatz zu früheren X-men-filmen, in den Gefilden des Horrors
„The New Mutants“schöpft, im Gegensatz zu früheren X-men-filmen, in den Gefilden des Horrors

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