Blu-ray Magazin

| Peninsula

Neuer Schauplatz, neues Glück: Der Nachfolger zur koreanisch­en Horror-sensation „Train To Busan“pfeift auf vieles, was den Vorgänger ausmachte, nicht jedoch auf die grundsätzl­iche Bedrohung. Wer Zombies sucht, wird hier erneut fündig. Bleibt die Frage, ob

- MARTIN GLEITSMANN

Horror

Als „Train To Busan“2016 die asiatische­n Kinokassen sprengte und sich auch im Westen vom Festival-geheimtipp zur fulminante­n Genregröße entwickelt­e, war nicht eindeutig zu sagen, was oder wem genau dieser Erfolg zu verdanken war. Sicher, die Begrenzthe­it und Enge des Handlungso­rtes Zug sorgten für Spannung und Beklemmung, die soziale Diversität der Figuren für dramatisch­e Entwicklun­gen, die Actionszen­en überrascht­en mit originelle­r Inszenieru­ng, aber über all diese oder ähnliche Qualitäten verfügten auch andere Zombiefilm­e, denen ein vergleichb­arer Erfolg nicht vergönnt war. Vermutlich war es einfach eine ordentlich­e Portion Glück, die „Train To Busan“zur Sensation machte – ein Glück, das dem Nachfolger „Peninsula“nicht beschieden war.

Obwohl Korea die Herausford­erung der Covid19-pandemie deutlich souveräner meisterte als die meisten anderen Staaten, schlug sich der Virus natürlich trotzdem im öffentlich­en Leben des Landes nieder. Die notorisch kinoaffine­n Koreaner blieben auch ohne Lockdown den Lichtspiel­häusern fern, 2020 wurde nur ein Viertel der Tickets des Vorjahres verkauft. Unter diesen Umständen wundert es nicht, dass „Peninsula“deutlich weniger als die Hälfte einspielte als „Train To Busan“, womit er trotzdem zum dritterfol­greichsten Film des Jahres in Korea wurde.

Postapokal­ypse Z

Wenn von „Peninsula“als Nachfolger und nicht als Fortsetzun­g des Zombiekrac­hers gesprochen wird, dann hat das übrigens einen triftigen Grund, denn weder spinnt er die Geschichte der Überlebend­en des Zuginferno­s weiter noch schildert er eine ähnliche Situation. Er spielt einfach in der gleichen Welt wie „Train To Busan“, was angesichts der eher generische­n Ausgangssi­tuation und Zombiedars­tellung kaum konkrete Bezüge zu diesem herstellt.

Vier Jahre nach den Ereignisse­n des Vorgängers hat sich Südkorea in eine ruinöse Endzeithöl­le verwandelt, in der nicht nur die lebenden Toten ihr Unwesen treiben, sondern sich die überlebend­en Menschen in tribalisti­schen und neofeudali­stischen Strukturen unter Führung genreüblic­her brutaler und durchgekna­llter Warlords zusammen gerottet haben. Ein Ort also, den man besser meidet. Dennoch brechen der ehemalige Marinehaup­tmann Jung-seok (Gang Dong-won), sein Schwager Chul-min und zwei weitere koreanisch­e Refugees von ihrem Exil in Hongkong auf, um im Auftrag eines chinesisch­en Triadenbos­ses in die koreanisch­e Hafenstadt Incheon zurück zu kehren. Dort sollen sie einen Lastwagen finden und sichern, in dem 20 Millionen Us-dollar lagern. Die Ankunft übers Meer geht problemlos vonstatten, der LKW wird nach kurzer Suche entdeckt, und auch der Geldschatz ist genau dort, wo er sein sollte. Eine kleine Unachtsamk­eit führt allerdings dazu, dass die Hölle losbricht und sich Horden ausgehunge­rter Zombies auf die vier Schatzsuch­er stürzen. Den folgenden Verteidigu­ngs- und Fluchtvers­uch überleben nur Jung-seok und Chulmin, wobei ersterer von zwei Mädchen gerettet und letzterer von einem Kommando marodieren­der Ex-soldaten gefangen genommen wird. Die zwei Anführer der Einheit 631 unterdrück­en die überlebend­en Reste der Bevölkerun­g mit Gewalt und Terror, die eigenen Truppen werden mit sadistisch­en Spielen auf Leben und Tod bei Laune gehalten. Der gefangene Chul-min muss nun in diesem Spiel ums Überleben kämpfen, derweil Jung-seok mit der Familie seiner Retterinne­n Pläne schmiedet, den Verwandten zu befreien und der Zombiehöll­e zu entkommen.

Action-feuerwerk

Die Richtung, welche „Pensinsula“erzähleris­ch und dramaturgi­sch einschlägt, wird schon mit der Wahl von Protagonis­ten und Antagonist­en vorgegeben: Ex-militär trifft auf Ex-militär, üppig bewaffnet sind beide Parteien, es darf also ohne Zögern und ohne Reue geballert werden. Schon „Train To Busan“war nicht eben actionarm, zog aber doch einen Großteil seiner Spannung aus der Hilflosigk­eit seiner Figuren, die sie zum Improvisie­ren, Verstecken und Ausweichen zwang. Das zu tun, haben die „Peninsula“-charaktere kaum Grund. Der Kampf ums Überleben ufert spätestens bei den halsbreche­rischen Verfolgung­sjagden in „Mad Max“-typische Materialsc­hlachten aus. Sowohl Kämpfe wie auch Schießerei­en und Verfolgung­sjagden begeistern – so man sich denn darauf einlassen kann – mit überzogene­r Comicästhe­tik, die allerdings wiederum all jene verschreck­en dürfte, die sich von großzügige­m Cgi-einsatz abgestoßen fühlen. Die Effekte sind gut gemacht, keine Frage, und passen auch ins leicht artifiziel­le visuelle Gesamtbild, dennoch kann man manchen Szenen eine gewisse Künstlichk­eit nicht absprechen. Obwohl sich Regisseur Yeon Sang-ho, der schon den Vorgänger und den Zeichentri­ckableger „Seoul Station“inszeniert­e, um Figurenzei­chnung und menschlich nachvollzi­ehbare Konflikte müht, erreicht „Peninsula“in dieser Disziplin das Niveau seiner früheren Filme leider nicht, trotz manch schrullige­r und eigenwilli­ger Charaktere. Auch die sozialen Kommentare, die „Train To Busan“, insbesonde­re jedoch seine Zeichentri­ckfilme wie „The King Of Pigs“oder „The Fake“, auszeichne­ten, blieben weitestgeh­end zu Gunsten des Spektakels auf der Strecke. Da dieses Spektakel jedoch richtig Spaß macht und zudem in eine temporeich erzählte, spannende Handlung eingebaut wurde, sei ihm diese reißerisch­e Oberflächl­ichkeit verziehen. „Pensinsula“erscheint in Deutschlan­d ungeschnit­ten. Neben den normalen Fassungen auf Blu-ray, Uhd-blu-ray und DVD ist erneut ein schickes Mediabook erhältlich, das neben einem informativ­en Booklet noch mit einer zweiten Bluray mit dem koreanisch­en Mystery-actionthri­ller „Haunters“aufwarten kann. Auf der Film-blu-ray selbst gibt es leider keine Extras. Wer die gesamte Zombietril­ogie von Regisseur Yeon Sang-ho kennenlern­en möchte, greift zur limitierte­n Deluxeedit­ion.

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B: 2.39 : 1 T: DTS-HD MA 5.1 R: Yeon Sang-ho D: Gang Dong-won, Lee Jung-hyun, Lee Re LZ: 116 min FSK: 16 W-cover: ja
VÖ: 26.02.21 ×1 Extras: 2/10
Jung-seok (Gang Dong-won) ballert sich durch die Zombiehöll­e der Hafenstadt Incheon
OT: Bando L: KR J: 2020 V: Splendid Film B: 2.39 : 1 T: DTS-HD MA 5.1 R: Yeon Sang-ho D: Gang Dong-won, Lee Jung-hyun, Lee Re LZ: 116 min FSK: 16 W-cover: ja VÖ: 26.02.21 ×1 Extras: 2/10 Jung-seok (Gang Dong-won) ballert sich durch die Zombiehöll­e der Hafenstadt Incheon

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