Magical Girl Raising Project
Kinder der 1980er und 1990er Jahre sind mit „Sailor Moon“aufgewachsen, was unter anderem an dem geringen Anime-angebot für Teenager im deutschen Fernsehen zu tun hatte. Aber auch in Japan ist das „Magical Girl“-genre Kult, weshalb unzählige Genre-vertreter folgten, in denen meist weibliche Schulgänger nach einer magischen Verwandlung mit vielen Herzchen, Blümchen und Zuckerguss in verzierten Matrosen-anzügen bzw. knappen Schuluniformen rum rennen und im Namen der Liebe finstere Fieslinge verkloppen. Das von Nicht-fans häufig abschätzig belächelte Genre erfuhr allerdings einen Wandel, als pinke Schleifchen und Einhörner durch einen erwachseneren Ansatz plötzlich mit Blut besudelt werden konnten. Ein prominentes Beispiel ist die „Magical-girl“-serie „Madoka Magica“(2011), wo der künstlerische Anspruch, der (alb-)traumhafte visuelle Stil und die psychologisch aufgeladene Metaebene im starken Kontrast zu den zuckersüßen, kindlichen Heldinnen stehen, was im durchaus positiven Sinne handlungstechnisch ausgenutzt wurde.
Magical GANTZ Raising Project
Dass sich „Magical Girl Raising Project“in ähnlichen Bahnen bewegen will, zeigt sich im blutüberströmten Prolog, der eben keine heile Welt suggeriert. Hauptfigur Koyuki Himekawa entpuppt sich zudem schnell als die ideale Heldin dieser Serie. Lieb, schüchtern, naiv, hilfsbereit und hartnäckig an das Gute glaubend ist sie seit ihrer frühsten Kindheit der Faszination für „Magical Girls“-tv-serien und -Mangas erlegen. In ihrer Stadt wird immer häufiger von Sichtungen echter Heldinnen berichtet. Außerdem ist noch ein weiteres Gerücht im Umlauf. Angeblich soll jeder 10 000. Spieler von Koyukis Lieblings-handyrpg die Chance bekommen, zu einem echten Magical Girl zu werden. Et Voila, Koyoki wird angesprochen, drückt die Schaltfläche und wird in der magischen Welt hilfsbereiter Superheldinnen willkommen geheißen mitsamt einem Magical Phone, einem Magical Chatroom und einem Magical Skill, der Koyuki befähigt, die Gedanken gefährdeter Menschen hören zu können. Klischees werden übrigens nicht nur bedient, sie sind sogar Pflicht für diesen Erzähl-ansatz, um den entsprechenden Widerspruch bzw. Ausbruch aus bekannten Mustern zu erzeugen. So gibt es die üblichen Stereotypen unter den magischen Mädchen wie die „Tsundere“-ninja-braut, die nachsichtige Nonne, die kecke Hexe, die „Deredere“protagonistin etc. Der Genrebruch ist wiederum folgender: Koyuki ist die 16. unter den Girls, die sich das Territorium und damit auch die gemeinsame magische Kraft teilen. Es sind also zu viele, weshalb das Hauptprogramm in Form einer süßen Kaulquappe-pon kurzerhand beschließt, dass die Anzahl halbiert werden muss. Wer die wenigsten Magical Candys (Belohnungen für gute Taten) sammelt, fliegt raus aus dem „Big Brother“-haus, bis nur noch acht Mädchen übrig sind. Kein Problem denkt man sich, dann müssen sie halt einfach ihre Herzchenstäbe wieder am Empfang abgeben. Doch wenn der Spielestatus eines Magical Girls gelöscht wird, stirbt das Mädchen auch in der realen Welt. Plötzlich sind die Teilnehmerinnen dieses „Battle Royale“gar nicht mehr so erpicht darauf, Gutes zu tun, sondern zielen eher auf möglichst hohe Punktzahlen und das Ausschalten ihrer Konkurrentinnen. In den ersten sechs Episoden des ersten Volumes geht es daher mächtig zur Sache – nicht ganz so fatal wie in der Fsk16-serie „Madoka Magica“, aber dennoch ungewöhnlich ernst für ein Genre, das die meisten mit Prinzessinen-kram in Verbindung bringen. Volume 1 von insgesamt zwei Blu-ray-volumes enthält zusätzlich ein Poster sowie ein 28-seitiges Booklet, Charakter-artworks, Kulissen-entwürfen, einem Interview mit dem Regisseur sowie Drehbuchschreiber Takao Yoshioka.