Blu-ray Magazin

Lost Girls And Love Hotels

- DANIEL HORN

Im Schatten der Großstadt, inmitten von Millionen die Einsamkeit zu suchen, klingt zunächst paradox, erscheint auf den zweiten Blick aber ziemlich plausibel. Wo sonst als in einer schillernd­en Metropole wie Tokio ist man als Individuum unauffälli­ger und austauschb­arer. Selbst wer auffallen will, hat es schwer, aus der Masse herauszust­echen. Getrieben von der Flucht aus ihrem alten Leben hat es auch Margaret (Alexandra Daddario) dorthin geführt. Während sie tagsüber japanische­n Flugbeglei­terinnen englisch beibringt, verbringt sie ihre Nächte vorzugshal­ber in sogenannte­n „Love Hotels“– billige Stundenhot­els, in denen sie mit wildfremde­n Männern bedeutungs­losen Sex hat. Zumindest für sie bedeutungs­los, denn wenn einer der Männer ihre Neigungen nicht teilt oder gar mehr für sie empfindet, ist es mit ihrer Lust schnell dahin. Sie möchte nicht reden, sie möchte nicht kuscheln, sie will Sex, harten Sex. Sie will von einem Mann dominiert werden und zeigt dies auch wenig zimperlich. Doch nur selten bekommt sie, wonach sie sich sehnt. Gleiches gilt für ihren Job. Wenngleich sie diesen zu mögen scheint, taucht sie zu spät, verkatert oder herunterge­kommen auf Arbeit auf. Neben den Sex-kapaden liegt das vor allem an den allabendli­chen Kneipenbes­uchen. Am Ende einer dieser Nächte lernt sie den mysteriöse­n Kazu (Takehiro Hira) kennen, ein Yakuza der alten Schule: Tätowiert, resolut und gefürchtet. Kazu umgibt eine Aura, derer sie sich nicht entziehen kann und der sie zunehmend verfällt. Sowohl in sexueller Hinsicht als auch abseits des Bettes ist sie ihm schon bald hörig und wie verloren man sich dabei fühlen kann, wird ihr mehr und mehr bewusst.

Lust und Langeweile

Verlorene Seelen und solche, die es vorgeben zu sein, gibt es gewiss viele. Einige von ihnen entfliehen der alltäglich­en Tristesse, indem sie ihre Gedanken mit Sex, Drugs and Rock’n’roll betäuben. Gleiches versucht Regisseur William Olsson mit seiner Protagonis­tin. Wirkliche Gefühle entfalten sich dabei aber nicht. Viel zu selten geht der Film in die notwendige Tiefe, um dem verlorenen Charakter der Margaret eine glaubhafte Fassade zu verleihen. Selbstzers­törung wird lediglich erzählt, zum Teil angedeutet aber letztendli­ch nicht verkörpert. Ähnlich oberflächl­ich geht es auch bei der Ausgestalt­ung der Sex-szenen zu. Die geforderte Dominanz wird lediglich angedeutet. Lust, Hingabe und interaktiv­es Spiel sind Raritäten, die man im Dunkeln der verwaschen­en Aufnahmen nur erahnen kann. Fifty Shades heiße Luft lautet hier das Motto. Die aufregends­te Provokatio­n sind ein paar Kabelbinde­r in der Handtasche. Darüber hinaus bleibt dem Zuschauer nur Rätselrate­n. Zu stark wurde der bereits 2017 gedrehte Film nachträgli­ch geschnitte­n. Die Idee, damit ein breiteres Publikum anzusprech­en, hat dem Film vermutlich mehr geschadet als gefördert. Das Drehbuch selbst stammt aus der Feder von Catherine Hanrahan, die auch den Roman verfasst hat, auf dem der Film basiert. Entspreche­nd verwunderl­ich ist es, dass der Film derart banal mit dem Thema umgeht. Daran ändern auch die Schauspiel­er nichts. Alexandra Daddario, die sich bereits einen Namen in Produktion­en wie „San Andreas“oder „Baywatch“gemacht hat, schafft es trotz ihrer schauspiel­erischen Klasse nicht aus der Margaret einen vielschich­tigen Charakter zu formen. Ebenso unbefriedi­gend erscheint die optische Qualität des Films. In den Tageslicht­szenen noch auf einem guten Standard, wirken die Nachtaufna­hmen wie ein schräger 1980erjahr­e-film. Wenngleich das grobe, verwaschen­e Bild und die übertriebe­nen Farben dem Film einen gewissen Rotlicht-milieu-charme verleihen, passt es weder zum restlichen Film noch zum heutigen Standard. Die Soundeffek­te sind dahingehen­d schon eher unauffälli­g, weshalb das Klangerleb­nis unspektaku­lär bleibt.

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 ??  ?? Leidenscha­ft ist das Salz in der Suppe eines jeden Lebens, ohne sie schmeckt es fad und alltäglich
Leidenscha­ft ist das Salz in der Suppe eines jeden Lebens, ohne sie schmeckt es fad und alltäglich
 ??  ?? Das Spiel aus Dominanz und Unterwürfi­gkeit scheint beide irgendwie anzuturnen
Das Spiel aus Dominanz und Unterwürfi­gkeit scheint beide irgendwie anzuturnen
 ??  ?? OT: Lost Girls And Love Hotels L: US J: 2020 V: Capelight
B: 1.85 : 1 T: DTS-HD MA 5.1 R: William Olsson
D: Alexandra Daddario, Takehiro Hira, Carice van Houten LZ: 97 min FSK: 16 W-cover: ja
VÖ: 15.01.21
× 1
Extras: 3/10
OT: Lost Girls And Love Hotels L: US J: 2020 V: Capelight B: 1.85 : 1 T: DTS-HD MA 5.1 R: William Olsson D: Alexandra Daddario, Takehiro Hira, Carice van Houten LZ: 97 min FSK: 16 W-cover: ja VÖ: 15.01.21 × 1 Extras: 3/10
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