Blu-ray Magazin

The Blackout

- LARS ZSCHOKE

Die Zukunft: Und plötzlich ist es Nacht. Überall auf der Welt gehen die Lichter aus. Überall? Nein, denn in einer kleinen Region um Moskau brennen die Neonlichte­r noch immer. Ein Zufall? Ein kolossaler Bug? Oder doch etwas ganz anderes? Wer jetzt denkt: „Bestimmt wieder Aliens!“, ... der hat recht.

„The Blackout“ist eine weitere von vielen russischen Sci-fi-großproduk­tionen die in den letzten zehn Jahren über unsere Filmlandsc­haft hergefalle­n sind wie ein Schwarm biblischer Heuschreck­en. Ob „Attraction“(2017, samt Fortsetzun­g „Attraction 2 – Invasion“, 2020), „Coma“(2019) oder „Sputnik“(2020) – in Russland wird die Science-fiction wertgeschä­tzt wie ein guter Schluck Wodka. Es wäre nur zu wünschen, dass sich diese Liebe auch mal in guten Filmen ausdrückt.

Regisseur Egor Baranov feuert mit seiner Coregisseu­rin, der Schauspiel­erin Nathalia Hencker, ein regelrecht­es Spezialeff­ekt-feuerwerk ab, welches sich sehen lassen kann. Man kann an diesem Film vieles kritisiere­n, doch die Inszenieru­ng

der Cyberpunk-welt („Blade Runner“lässt grüßen) und auch die futuristis­che Militärmas­chinerie ist, im wahrsten Sinne des Wortes, fantastisc­h. Auch wenn Regisseur Baranov in einem Interview erklärt, dass es sich bei „The Blackout“mehr um einen Anti-kriegsfilm handelt, verbringt der Zuschauer die meiste Zeit der Geschichte über mit den Soldaten. Im Laufe der Handlung schließen sich alle Figuren den russischen Streitkräf­ten an. Auch wird das High-tech-waffenarse­nal, welches futuristis­che Kampfhubsc­hrauber und hundeähnli­che Aufklärung­sdrohnen umfasst, in vielen Szenen zelebriert. Der Fakt, dass während der Dreharbeit­en echtes Militärequ­ipment benutzt wurde, dürfte der Aussage des Regisseurs ebenfalls nicht dienlich sein.

Plan 10 aus der Tundra

„The Blackout“ist die Filmversio­n einer sechsteili­gen Mini-serie, die seit dem 14. November 2020 auf Amazon Prime einsehbar ist. Die sechs Stunden der Serie wurden im Film auf schlanke 2,5 Stunden herunter gekürzt. Im Film werden viele Handlungss­chauplätze daher nur angerissen. Das Tempo ist schnell und die Geschichte der Staffel ist gut komprimier­t worden. Die Charaktere kommen in der Filmversio­n aber leider zu kurz – sind dann aber ohnehin nicht sonderlich interessan­t. Wem solche eher blassen Protagonis­ten nicht den Spaß verderben können, der sollte einen Blick in die Serie werfen.

Der Fokus der Handlung liegt in der Filmversio­n mehr auf den Militärakt­ionen und wechselt zwischen den verschiede­nen Personengr­uppen hin und her. Viel zu wenig macht „The Blackout“

aus der interessan­ten Ausgangsla­ge, die zu Beginn der Erzählung auftritt. Die ganze Welt scheint vernichtet, nur Moskau und Umgebung sind noch übrig. Aus dieser Isolierthe­it sollte sich ein ganz dynamische­s Gesellscha­ftsbild entwickeln. Und tatsächlic­h geht der Film kurz darauf ein und zeigt eine von Aufständen und Ausschreit­ungen geschlagen­e Stadt. Doch wie viele Handlungse­lemente dauert der Unmut der Bevölkerun­g nur eine einzige Szene lang. Und so geschieht es, dass der Überblick während der 150 Minuten über die Figuren, ihre Beweggründ­e und die allgemeine Handlung irgendwann verloren geht.

Der hektische Erzählstil ist nicht das größte Problem von „The Blackout“. Der Film erzählt eine der schwächste­n Apokalypse-szenarien der letzten Jahre … mit Aliens, die aussehen wie aus einer 1960er Jahre „Star Trek“-folge. Hier erlebt man Kämpfe gegen Zombies (ja – richtig gelesen, die gibt es auch) wie in jedem anderen Genre-vertreter. Über die Klischees hinaus hat der Film nur auf der visuellen Ebene Potenzial, sich abzuheben. Aber auch kleine Missgriffe schleichen sich hier ein wie z.b. das übermäßige Einsetzen von Slow-motion in den Action-szenen – wohl, um diese in die Länge zu strecken. Merke: zu viel Slow-motion, vor allem zum falschen Zeitpunkt, sieht reichlich bescheuert aus. Was soll man auch von einem Film halten, der sich Ed Woods Trashgrana­te „Plan 9 aus dem Weltall“zum inhaltlich­en Vorbild nimmt?

 ??  ?? In „The Blackout“stehen das russische Militär und die Soldatengr­uppen im Vordergrun­d. So wurde auch mit vom Militär zu Verfügung gestellten Waffen und technische­n Geräten gedreht
In „The Blackout“stehen das russische Militär und die Soldatengr­uppen im Vordergrun­d. So wurde auch mit vom Militär zu Verfügung gestellten Waffen und technische­n Geräten gedreht
 ??  ?? Großeinsat­z gegen das Unbekannte: da sollen die Jungs doch mal zeigen, wie sie den außerirdis­chen Störenfrie­den ordentlich in den Hintern treten 1,5/3
Ton
Großeinsat­z gegen das Unbekannte: da sollen die Jungs doch mal zeigen, wie sie den außerirdis­chen Störenfrie­den ordentlich in den Hintern treten 1,5/3 Ton
 ??  ?? Die Russen verwenden in „The Blackout“modernste Militärtec­hnik, um die Invasoren zu vertreiben
Die Russen verwenden in „The Blackout“modernste Militärtec­hnik, um die Invasoren zu vertreiben
 ??  ?? OT: Avanpost L: RU J: 2019 V: Splendid Film
B: 2.39 : 1 T: DTS-HD MA 5.1 R: Egor Baranov, Nathalia Hencker D: Aleksey Chadov, Pyotr Fyodorov, Svetlana Ivanova LZ: 153 min FSK: 16 W-cover: ja
VÖ: 27.11.20
× 1
Extras: 0,5/10
OT: Avanpost L: RU J: 2019 V: Splendid Film B: 2.39 : 1 T: DTS-HD MA 5.1 R: Egor Baranov, Nathalia Hencker D: Aleksey Chadov, Pyotr Fyodorov, Svetlana Ivanova LZ: 153 min FSK: 16 W-cover: ja VÖ: 27.11.20 × 1 Extras: 0,5/10
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany