Blu-ray Magazin

Robinson Jr.

- LARS ZSCHOKE

Robi (Paolo Villaggio) ist ein verwöhntes Muttersöhn­chen, das am Rockzipfel seiner wohlhabend­en Gattin Magda (Anna Nogera), einer Modedesign­erin, hängt. Er selbst bezeichnet sich ebenfalls als Schöpfer adretter Kleidung, auch wenn der Zuschauer ihn nie bei der Arbeit zu sehen bekommt. Als es auf einer gemeinsame­n Kreuzfahrt zu einer Schiffshav­arie kommt, geht Robi verloren. Er landet auf einem verlassene­m Inselchen im nirgendwo. Schnell muss er erkennen, dass die fetten Jahre vorbei sind. Arrivederc­i, schönes Luxus-leben. Den Vorzügen der Postmodern­e, wie den Telespiele­n, gilt es nun abzuschwör­en. Doch Robi ist fest entschloss­en, den Krokodilen und anderen Gefahren den Kampf anzusagen. Eines Tages findet er das ehemalige Domizil vom legendären Robinson Crusoe und macht es sich darin heimisch. Doch bald stellt er fest, dass noch jemand anderes auf die Insel gekommen ist. Eine hübsche Eingeboren­e kreuzt seine Pfade. Robi nennt sie Freitag (Venerdi’ im italienisc­hen Original). Da kommt dem einsamen Mann natürlich nur eines in den Sinn: Sex! Oder wie es in der Sprache von Freitag heißt: Zin-zin (das Snu-snu der 1970er Jahre)! Doch Freitags Inselgott hat etwas gegen diese stürmische Beziehung und beschließt immer dann mit Blitz und Donner einzuschre­iten, wenn Robi Freitag wieder einmal zu nahe kommt. Wie lange kann Robi das aushalten?

Witzig auch ohne Keile

„Robinson Jr.“lief, drei Jahre nach seinem erscheinen in Italien, am 27. April 1979 in den ostdeutsch­en Kinos an und wurde eine kleine Kultkomödi­e in der DDR. Dass die Staatsführ­ung die Aufführung dieses Films überhaupt zuließ, liegt höchstwahr­scheinlich an der leicht antikapita­listischen Botschaft, die der Film in sich birgt. Die moderne (in diesem Fall westliche) Gesellscha­ft wird durchweg als negativ dargestell­t. Vertreten durch Robi und Magda, wird die „zivilisier­te“Welt als dekadent, verweichli­cht, verwöhnt, oberflächl­ich und hilflos inszeniert. Als Gegenpol dienen Freitag und ihr Stamm. Sie sind Gastfreund­lich, sozial und ungezwunge­n. Aus dem Blickwinke­l des Sozialismu­s kann eine Kapitalism­uskritik gegen den dekadenten Westen leicht eingewoben werden.

Regisseur Sergio Corbucci hat mit „Django“1966 eine Western-ikone geschaffen, die von Franco Nero verkörpert wurde. Zwei Jahre später schuf Corbucci einen zweiten Klassiker des italienisc­hen Spaghetti-western: „Leichen pflastern seinen Weg“(1968). Hierzuland­e wird der Regisseur aber zumeist mit andere Werken in Verbindung gebracht. Er übernahm die Regie von „Zwei sind nicht zu Bremsen“(1978) und „Zwei Asse trumpfen auf“(1981) mit Bud Spencer und Terence Hill, ebenso für „Der Supercop“(1980) mit letztgenan­ntem. Mit „Robinson Jr.“zeigt Corbucci, dass er auch ohne Klopperei humorvolle Szenen kreieren kann. Auffällig ist auch diesmal der einprägsam­e Film-song „Il Signor Robinson“, der wie immer, sehr simpel ausfällt und sich wie schon bei den Spencer/ Hill-produktion­en als echter Ohrwurm entpuppt.

Komiker Paolo Villaggio ist hierzuland­e nur wenig bekannt geworden. Daran konnte auch „Robinson Jr.“nichts mehr ändern. In Italien war Villaggio mit seiner Kunstfigur Ugo Fantozzi, aus der Produktion „Fantozzi“, sehr viel bekannter. Der Film, der bei uns unter dem Titel „Das größte Rindvieh weit und breit“bekannt ist, war 1975 ein wahrer Kassenspre­nger und zog zwischen 1976 und 1999 sage und schreibe neun Fortsetzun­gen nach sich.

Freitag wird in diesem Film von der atemberaub­enden Zeudi Araya Cristaldi verkörpert. Cristaldi kommt ursprüngli­ch aus Eritrea in Äthiopien. Um zu Modeln begab sie sich nach Italien und begann in den frühen 1970er Jahren ihre Filmkarrie­re, die sie 1987 beendete. Auf der Blu-ray ist ein 13-minütiges Interview mit Frau Cristaldi zu finden, in dem sie erzählt, wie sie zum Film fand. Die Scheibe beinhaltet im übrigen die original Defa-synchronis­ation. Die Qualität des Bildes schwankt zwischen sehr gut und mittelmäßi­g. In den Innenaufna­hmen sind die Bilder gestochen scharf. Die Außenaufna­hmen wirken dagegen nicht ganz so scharf und sind mit einem starken Filmkorn versehen.

 ??  ?? Ach, so ein gestrandet­es Inselleben ist schon die Hölle auf Erden: Ständig diese Hitze, das Meer, die Palmen, das ganze Obst und diese überirdisc­he Schönheit, die einem ihre Kokosnüsse reicht …
Ach, so ein gestrandet­es Inselleben ist schon die Hölle auf Erden: Ständig diese Hitze, das Meer, die Palmen, das ganze Obst und diese überirdisc­he Schönheit, die einem ihre Kokosnüsse reicht …
 ??  ?? Wenn die Auto-sucht wieder zuschlägt: Auf einer einsamen Insel gibt’s keinen Berufsverk­ehr, weshalb hier Improvisat­ions-talent gefragt ist, um den Alltag wieder herzustell­en
Wenn die Auto-sucht wieder zuschlägt: Auf einer einsamen Insel gibt’s keinen Berufsverk­ehr, weshalb hier Improvisat­ions-talent gefragt ist, um den Alltag wieder herzustell­en
 ??  ?? Vielleicht sollte Robi noch mal seine Rettungswe­ste überprüfen. Er wird sie brauchen
Vielleicht sollte Robi noch mal seine Rettungswe­ste überprüfen. Er wird sie brauchen
 ??  ?? Komödie
OT: Il signor Robinson, mostruosa storia d’amore e d’avventure L: IT J: 1976 V: Capelight Pictures B: 1.85 : 1 T: PCM 2.0
R: Sergio Corbucci D: Paolo Villaggio, Zeudi Araya Cristaldi, Anna Nogara LZ: 108 min FSK: 6 W-cover: ja
VÖ: 27.11.20 × 1 Extras: 2/10
Komödie OT: Il signor Robinson, mostruosa storia d’amore e d’avventure L: IT J: 1976 V: Capelight Pictures B: 1.85 : 1 T: PCM 2.0 R: Sergio Corbucci D: Paolo Villaggio, Zeudi Araya Cristaldi, Anna Nogara LZ: 108 min FSK: 6 W-cover: ja VÖ: 27.11.20 × 1 Extras: 2/10
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