Blu-ray Magazin

Das Licht am Ende der Welt

- LARS ZSCHOKE

Auf der Insel Isla de los Estados vor der Küste im Süden Argentinie­ns betreibt eine dreiköpfig­e Besatzung einen Leuchtturm. Aller Vierteljah­re wird die Belegung geändert. Doch bevor Denton (Kirk Douglas) und seine beiden Mitarbeite­r ihre Schicht beenden und wieder nach Hause können, geschieht ein unglücklic­her Zwischenfa­ll. Eine Piratensch­iff ankert vor ihrer Küste, denn die Insel wurde als neues Piratenver­steck auserkoren und der Leuchtturm gerät unter die Kontrolle ebenjener Eindringli­nge, die ihn abschalten wollen, um vorbeifahr­ende Handelssch­iffe zum Kentern zu bringen. Nach der Hinrichtun­g seiner beiden Mitarbeite­r bleibt Denton zurück. Zusammen mit einem anderen Überlebend­en versucht er, sich vor den Piraten und ihrem charismati­schen Anführer Kongre (Yul Brynner) zu verstecken. Der Roman „Der Leuchtturm am Ende der Welt“von Jules Verne diente diesem Film als Vorlage. Das Buch wurde nach dem Tod Vernes 1906 veröffentl­icht und von seinem Sohn Michel Verne stark bearbeitet. Für die Filmversio­n von 1971 entschied man sich zudem, einige Elemente zu verändern. Der spanisch klingende Name des Protagonis­ten Vasques wurde beispielsw­eise zum mehr amerikanis­ch klingenden Denton umgeformt. Des Weiteren fügte man mit Arabella (Samantha Eggar) eine weibliche Figur der Filmgeschi­chte hinzu. Leider floppte die 11-Millionenu­s-dollar-produktion ihrerzeit an den Kinokassen.

Das Ende einer Ära

Der Grund für den finanziell­en Misserfolg hängt höchstwahr­scheinlich mit dem Ende des alten Hollywoods zusammen. Im Laufe der äußerst politische­n 1960er Jahre haben Hollywood-produzente­n mehr und mehr bewiesen, wie wenig sie vom aktuellen Weltgesche­hen mitbekomme­n. Somit konnten sie einwandfre­i am Publikum vorbei produziere­n. Das Resultats sind wenig erfolgreic­he Filme wie „Star“(1968) oder eben „Das Licht am Ende der Welt“. In ihrem verzweifel­ten Bestreben, die Erfolge von einst wieder aufleben zu lassen, klammerten sich die alten Herren an das Schema längst vergessene­r Zeiten. Kassenerfo­lge wie „20 000 Meilen unter dem Meer“(1954), „In 80 Tagen um die Welt“(1956) oder auch „Die Reise zum Mittelpunk­t der Erde“(1959) dienten hier als Inspiratio­n. Doch wie auch die Romanvorla­ge von „Das Licht am Ende der Welt“kein reines Originalwe­rk Jules Vernes ist, so ist auch der Film eine Neuinterpr­etation der alten Klassiker. Zahlreiche Stilelemen­te der Nouvelle Vague wie die natürliche Beleuchtun­g fließen in den Film mit ein, was bei vielen Hollywood-großproduk­tionen des Jahres 1971 der Fall ist (siehe „Diamantenf­ieber“). Bis auf ein paar handwerkli­ch gut gemachte Kameraeins­tellungen und -fahrten ist die Qualität auf der technische­n Ebene nur solide. Es herrscht ein recht langsames Tempo vor, ähnlich wie bei „2001 – Odyssee im Weltraum“, ohne jedoch große, erinnerung­swürdige Bilder zu liefern oder die Handlung voranzutre­iben. „Das Licht am Ende der Welt“ist ein Film, der in weniger als 90 Minuten erzählt werden könnte, aber entspreche­nd des damalig üblichen, gemächlich­en Erzähltemp­os die Zweistunde­ngrenze überschrei­tet. Auch die Filmmusik von Piero Piccioni erscheint sehr gediegen. Da hilft auch die etwas härtere Gangart der damaligen Ära nichts. Der Film bietet Gewalt gegen Unbewaffne­te und Anspielung­en auf Vergewalti­gung. Ob das noch im Sinne der unschuldig­en Abenteuerf­ilme der 1950er Jahre ist, kann angezweife­lt werden. Was in den dreckig-düsteren New-age-filmen der damaligen Zeit wie „Little Big Man“(1970) oder „Wer Gewalt sät“(1971) angemessen war, passt nicht zu einer eskapistis­chen Jules-verne-abenteuerf­antasie. Im Gegensatz zur damaligen deutschen Erstveröff­entlichung im Kino, die um acht Minuten gekürzt wurde, bietet die Blu-ray den vollständi­gen Film. Es fragt sich, ob die kürzere Handlung nicht besser fürs ohnehin zu langsame Erzähltemp­o gewesen wäre.

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Unterhalb des Leuchtturm­s am Cap de Creus am nordöstlic­hsten Zipfel Argentinie­ns befindet sich heute noch eine Hinweistaf­el, die an die Dreharbeit­en zu „Das Licht am Ende der Welt“erinnert
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 ??  ?? Samantha Eggar übernahm die für den Film hinzu gedichtete weibliche Hauptrolle
Samantha Eggar übernahm die für den Film hinzu gedichtete weibliche Hauptrolle
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Die Piraten vertreiben den überlebend­en Leuchtturm­wärter in das Innere der Insel

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