Star Trek 55. Jubiläum
Die Science Fiction hatte es im Fernsehen und im Kino noch nie leicht. Als Paramount 1969 die originale „Star Trek“serie bereits nach drei Jahren aufgrund mangelnder Einschaltquoten absetzte, gab es zwar schon eine eingeschworene Fangemeinde, jedoch war d
Wann ist eine Serie so berühmt, dass man sie als legendär bezeichnen könnte? Wenn sie jeder kennt? Wenn es Hochschulkurse zu deren fiktiven Sprachen gibt? Wenn Seminare über die Religionsähnlichkeit des Fandoms abgehalten werden? Wenn sich Fans wie die Seriencharaktere verkleiden, zahllose Romane erscheinen, im Netz Fanfiction und Fantheorien kursieren, fiktive philosophische Probleme debattiert werden? Leute gelyncht werden, nur weil sie auf der Fedcon ein Lichtschwert geschwungen haben?
Es ist schon beeindruckend, wie enorm eine ursprünglich erfolglose Serie die komplette Popkultur umkrempeln konnte, als sei sie der heilige Gral harter Science-fiction. Über die letzten fünf Jahrzehnte entstand aus „Star Trek“ein ganzes Film- und Serien-universum, das heute so stark erblüht wie noch nie zuvor. Dem Franchise sind allein im letzten Jahrzehnt mit der J. J.-abramsfilmtrilogie, mit den Alex-kurtzman-serien „Discovery“(2017), „Picard“(2020) und „Strange New Worlds“(ab 2022) sowie mit der Zeichentrick-persiflage „Star Trek: Lower Decks“die unterschiedlichsten Projekte entstiegen, wobei oft debattiert wurde, was „Star Trek“überhaupt ausmache. So stießen die neueren actionfreudigeren Konzepte beispielsweise nicht bei jedermann auf Wohlgefallen, war Gene Rodenberrys Grundgedanke hinter seiner Science-fiction-serie doch immer der eher wissenschaftliche Ansatz und die Faszination, neue Welten zu entdecken.
The Original Series Complete Steelbook
Dies zu erforschen lässt sich nun mit den anlässlich des 55. Jubiläums auf den Markt gebrachten Neuveröffentlichungen der Original-tv-serie und der ersten vier Kinofilme relativ komfortabel bewerkstelligen. Beginnen wir mit der limitierten Steelbook-edition der Originalserie „Star Trek: Raumschiff Enterprise“, die erstmals alle drei Staffeln in je einer stylischen Metall-verpackung präsentiert, welche wiederum in einem Gesamtschuber stecken. Die 20 Blu-ray-discs entsprechen dabei der 2009er-restauration, die damals anlässlich des Kinostarts des ersten J. J. Abrams„star Trek“hervorragend überarbeitete Hd-variante in den Handel kam. Damals wie heute wird dem Publikum die Wahl überlassen, ob es die Episoden mit den Original-effekten oder lieber mit neueren Cgi-effekten sehen will. Häufig betroffen sind davon die kurzen Enterprise-intermezzi, die das Raumschiff durchs Weltall fliegend zeigen. Umschalten lässt sich das ganze sowohl vor jeder Episode, also auch mittendrin, wenn man die Blickwinkel-option per Fernbedienungstaste oder im Popup-menü wählt. Auch der Ton wurde vorbildlich überarbeitet, weshalb sich zumindest im Englischen zwischen Original-monotrack und 7.1-Neuabmischung wechseln lässt. Die deutsche Tonspur bleibt Mono. Und die über neun Stunden Special-features sind mit ihrem reichhaltigen Archivmaterial, Interviews, Dokus, interaktiven Features und Kommentaren ebenfalls Gold wert. Wer die 2009er-blu-rays schon zu Hause stehen hat, braucht sich die neue Steelbook-edition also nur dann zuzulegen, wenn er unbedingt die schönere Verpackung haben möchte, ansonsten ist alles beim Alten.
Günstige Unterwanderungsszenarien
Wer die frühere „Star Trek“-blu-ray-edition noch nicht besitzt, wird überrascht sein, wie großartig die Episoden nun aussehen. Beginnend bei der Episode „Das letzte seiner Art“scheinen Pille (Deforest Kelley) und Kirk (William Shatner) bereits ein eingespieltes Duo zu sein. Während Mr. Spock (Leonard Nimoy) mit hochgezogener Augenbraue das Kommando über die Enterprise übernommen hat und die Kommunikationsoffizierin Uhura (Nichelle Nichols) dem Vulkanier schöne Augen macht, führen der Captain und der Schiffsarzt eine Routine-untersuchung bei einem Archäologen und dessen Frau durch. Zumindest ist das ihr Plan, doch auf dem Wüstenplaneten ist nichts wie es scheint. Zu allem Übel ist die Frau von Professor Crater (Alfred Ryder) die Verflossene Mccoys, der seinen Augen kaum traut, als sie durch die Tür ihrer Behausung tritt. Sie sieht noch genauso jung aus wie vor zwölf Jahren. Dass Kirk stattdessen ein paar graue Strähnchen im Haar der 37-jährigen Nancy (Jeanne Bal) erkennt, dürfte an Mccoys rosaroter Brille liegen. Doch warum erkennt dann der Dritte im Bunde, ein junger nichtssagender Enterprise-kadett, der vermutlich eh gleich sterben wird, in ihr eine heiße Blondine? Der Grund, weshalb die Folge im Original „The Man Trap“(„Die Männer-falle“) heißt, wird dem Team alsbald offenbart. Und das Problem wird tragischerweise mit einer tödlichen Phaser-dosis aus der Welt geschafft. Das Unterwanderungsszenario war damals hochaktuell, weshalb die Folge ihre Wirkung zeigte und größeren Erfolg hatte als der eigentliche Pilot „The Cage“, in dem noch Captain Pike (Jeffrey Hunter) über eine bis auf Spock völlig andere Crew gebot.
Auch in der zweiten Episode „Der Fall Charlie“haben Captain Kirk und Mr. Spock mit einer fremden Macht zu kämpfen, die die Menschen täuschen kann. Schlimmer noch: Es ist ein Teenager! Und er stellt pikante Fragen über das Sozialverhalten zwischen Mädchen und Jungen, bei denen selbst sein Vorbild Kirk schon mal ins Stammeln kommt. Charlie ist aber auch allmächtig, kann Menschen verschwinden lassen, Raumschiffe mit Gedankenkraft kontrollieren, Menschen wie Marionetten lenken, ja sogar nichtsahnende Vulkanier in Gedicht-rezitierende Barden verwandeln. Und da er
nicht mit sozialer Ablehnung klar kommt, steht Papa Kirk vor der schwierigen Aufgabe, das Balg autoritär zu erziehen, ohne seine Gefühle zu verletzen. Denn auf Ablehnung reagiert Charlie extrem empfindlich, wie die „Bezaubernde Janice“(Grace Lee Whitney) bald feststellen muss. Die Auflösung des Abenteuers ist weitaus weniger blutig, wenn auch nicht frei von Grausamkeit. So richtig wissenschaftlich wird es allerdings erst in der dritten Episode „Spitze des Eisbergs“, in der ein von einer Weltraumboje gesendeter, 200 Jahre alter Hilferuf die Enterprise Crew zu einem ominösen Kraftfeld führt, welches Lt. Cmdr. Gary Mitchell („2001“-Darsteller Gary Lockwood) zu einem Übermenschen mit silbernen Pupillen werden lässt. Erneut ist ein Wesen an Bord, dass mittels Gedankenkraft die Crew, das Raumschiff oder gar die ganze Menschheit zerstören könnte. Doch diesmal ist es aus einem bekannten Crewmitglied entstanden, welches ja eigentlich „gut“ist. Die Frage, der auch die Psychologin Dr. Elizabeth Dehner (Sally Kellerman) nachgehen möchte, ist, verändert Macht den Charakter einer Person?
Das Spiel mit der menschlichen Psyche und deren Vereinnahmung durch eine fremde Macht ist relativ beliebt in der ersten Staffel. Bereits in Episode vier, „Implosion in der Spirale“, tänzelt Zulu (George Takei) oberkörperfrei mit einem Rapier in der Hand und Uhura unterm Arm wild auf der Raumschiffbrücke herum, bis es Kirk gelingt, den Durchgedrehten zu überwältigen. Episode fünf „Kirk:2=?“spaltet den Captain per Teleporter-störung sogar in zwei physisch vorhandene Persönlichkeiten. In der nächsten Episode wird der männliche Teil der Crew erneut von Frauen bezirzt, die deren Sinne rauben. Und so weiter. So viel Fernes und Neues scheint hier gar nicht erforscht zu werden, geht es doch meistens um den Menschen selbst. Die Bandbreite vergrößert sich selbstverständlich in den folgenden beiden Staffeln, sodass die Abenteuer abwechslungsreicher werden.
Die Kinofilme – Erlaubnis erteilt!
Nach dem Einstellen der Serie aufgrund fehlender Einschaltquoten und dem unerwartet großen Erfolg durch die Ausstrahlung auf anderen (internationalen) Sendern, entschied man sich ein knappes Jahrzehnt später dafür, statt einer weiteren Staffel einen Kinofilm zu drehen. „Star Trek: Der Film“erblickte 1979 das Licht der Kinoprojektoren und lieferte neben einer hochphilosophischen Handlung auch noch ziemlich große Schauwerte, die jene der Serie weit übertrafen. Die Erforschung des Unbekannten erreichte hier einen Darstellungsgrad, der Kubricks „2001“Konkurrenz machte. Hier lohnt sich also im Gegensatz zur Tv-produktion eine 4K-restauration weitaus mehr. Die neue UHD-BOX beinhaltet die ersten vier Kinofilme, wobei unklar ist, weshalb nicht einfach die ersten sechs Kinofilme in einem Gesamtpaket enthalten sind. Von „Star Trek II: Der Zorn des Khan“ist der rund drei Minuten längere Director’s Cut auf der selben Disc wie der Kinocut enthalten. Dies lässt sich von „Star Trek: Der Film“leider nicht behaupten, weshalb die „Director’s Edition“weiterhin der 2001 veröffentlichten DVD vorenthalten bleibt. Der erste Kinofilm des Franchise zeichnet sich dadurch aus, dass er sich Zeit lässt. Zeit für die Ouvertüre. Zeit, um das Unbekannte in einer seltsamen Wolke zu erkunden. Zeit, um in aller Ruhe die generalüberholte Enterprise zu betrachten. Fast ganze fünf Minuten mussten Shatner und Doohan während der Shuttle-szene so tun, als seien sie überwältigt und gerührt vom Anblick des Schiffs – gewiss eine Tortur für die beiden Darsteller, jedoch auch eine große Verneigung vor dem Publikum, das so lange auf die Rückkehr der Serie gewartet hatte und nun die Möglichkeit erhielt, diese wundervollen Momente genussvoll zu zelebrieren. Sogar einer Romanze wurde Zeit eingeräumt. Und diese ist neben der Wahrnehmung des zunehmenden Alters aller Protagonisten auch das Hauptthema, quasi das größte Mysterium der Menschheit und die Auflösung des Films.
4-Movie Collection (UHD)
Nun fragt man sich natürlich, wie sieht das Ganze auf der Uhd-blu-ray aus, wenn die überarbeitete Serie schon so brillant erscheint. Ist es ultrascharf mit knackigen Kanten, eine Schärfereferenz? Nein, das ist es definitiv nicht. Die Kanten- und Detailschärfe unterscheidet sich nicht sichtbar von der jeweils vorherigen remasterten Blu-rayversion. Die unscharfen Matte-paintings lassen sich hier genauso leicht entlarven wie auf Blu-ray. Verschwommene Szenen wie die Starfleet-notversammlung in der 22. Minute sind leider keine Ausnahme. Fast alle Effekt-shots im Weltraum sind relativ unscharf, was an dem Ursprungsmaterial liegen dürfte. Das Schwarz erscheint tiefer als auf Blu-ray. Das HDR10-BILD ist etwas dunkler und kontrastreicher, Dolby Vision hilft beim szenenabhängigen Helligkeitsmanagement. Immerhin sieht das Filmkorn nun natürlicher aus. Beim Ton bleibt es bei der bekannten 2.0-Abmischung, diesmal allerdings in Dolby Truehd statt in Dolby Digital. Ganz ähnlich sieht es beim zweiten Teil aus, der nur dann wirklich scharf erscheint, wenn man sich vorher Retinax 5 reinpfeift. En Gros ist die Schärfe genauso wie auf Blu-ray recht gut für einen 1980erjahre Film. Die untere Qualitätsgrenze bilden fehlerhafte Kamerafokussierungen wie in der 10. Minute, in der Allergiker Kirk eine Oldschoollesebrille von Pille geschenkt bekommt. In den Shatner-shots fokussiert die Kamera seine Brille in der Hand, weshalb sein Gesicht total unscharf ist. Mccoy hingegen wurde bravourös eingefangen, sein Antlitz bewegt sich auf gehobenem Klarheitsniveau. Unabhängig von solchen Fehlern lässt sich anhand von Ricardo Montalbans Mähne oder auch an Kahns Genossen im Hintergrund der Verhörszene von Chekov und Terrell festmachen, dass trotz des erhöhten Kontrasts und der höheren Datenrate keine weiteren Details hinzugekommen sind. Auch die Kantenschärfe sieht wie bei dem 2016 erschienenen Director’s Cut auf Blu-ray aus. Neutralere Farben bewirken bei der Uhd-version ein authentischeres Bild. Der Sound erhielt ein Upgrade von Dolby Digital 2.0 auf Dolby Truehd 2.0 mit einem leicht runderen Klang dank verlustfreier Komprimierung. Montalbans theatralisch-markantes Spiel als charismatischer Khan, der spannende Kampf ums Genesisprojektil, Spocks Selbstopferung … und vielleicht auch die widerlichen Ceti-aal-parasiten verhalfen dem zweiten „Star Trek“-film zu seiner großen Be
liebtheit. Starke Motive bleiben nunmal länger im Gedächtnis als abstrakte Gedankenexperimente.
Zurück zu den Wurzeln
Nach dem recht abenteuerlichen „Zorn des Kahn“war der dritte Kinofilm „Auf der Suche nach Spock“(1984) einzig und allein Leonard Nimoys Spielwiese. Um seinen Kultcharakter Spock wieder von den Toten auferstehen zu lassen, inszenierte der damals 53-jährige eine umfangreiche Heldengenese, beginnend mit der Wiedergeburt und dem beschleunigten Alterungsprozess vom frierenden Kind zum Pon-farr-süchtigen Teenager bis hin zur Rückführung der Katra in Spocks neu entwickelten Erwachsenenkörper. Für „Star Trek“-fans ist das ein sehr ausführlicher und persönlicher Einblick in den Lebenszyklus ihres Lieblingsvulkaniers. Viel mehr passiert allerdings nicht, bis auf ein seltsames Gerangel mit einer klingonischen Doc-brown-variante und dem Ableben eines anderen (mehr oder weniger) wichtigen Charakters. Das Bild ist wie bei den Vorgängern dunkler, kontrast- sowie farbintensiver. Das Filmkorn ist deutlicher erkennbar als auf der Blu-ray-version, weshalb das Bild auch weniger gefiltert erscheint und z. B. Gesichtsfalten natürlicher wirken. Die auf der BD häufig sichtbaren Verschmutzungen, die insbesondere solche Effekt-shots wie das Andockmanöver der Enterprise in der 12. Minute bevölkern, wurden in der Uhd-version komplett entfernt. Blue-screen-ränder um Raumschiff und Menschen fallen in der dunkleren Bildkomposition wesentlich weniger auf.
Bezüglich des vierten „Star Trek“-films „Zurück in die Gegenwart“scheiden sich ebenfalls die Geister. Während die einen bemängeln, dass die futuristische Science Fiction gegen eine Umweltbotschaft eingetauscht wurde, amüsieren sich die anderen über die distanzierte und humorvolle Betrachtung der Gegenwart. Letzteres macht ja auch gerade die Science Fiction aus, welche die Gegenwart eigentlich immer mittels technologischer oder gesellschaftlicher Überspitzungen betrachtet. Und einen Karate-kid-spock in einem Linienbus gegen einen ruhestörenden Punker antreten zu sehen, ist wahrlich vergnüglich. Dabei ist ihre Mission nicht weniger wichtig als sämtliche Missionen zuvor. Um die Erde zu retten, müssen sie die durch Menschenhand ausgerotteten Buckelwale aus den 1980ern entführen und in ihre Zeit bringen. Und das mündet in eine Reise voller skurriler Entdeckungen und Missverständnisse (Wie jetzt? Bargeld? – Wo geht es hier zum nächsten Atom-u-boot?). Erneut zeigt Leonard Nimoy als Regisseur mit Harve Bennett als Autor, dass ihnen mehr an Charakteren sowie an philosophischen Gedankenspielen gelegen ist. Gerade bei dem juristischen Clinch mit den Klingonen in der 6. Minute lässt sich hervorragend erkennen, wie stark zerfiltert einige Szenen auf der Blu-ray aussehen. Die schwierigen Lichtbedingungen
sorgten hier für viel Rauschen, was so stark rausgefiltert wurde, dass ein sogenannter Wachseffekt z.b. bei den vom Spotlight erhellten Gesichtern Sareks und Kamarogs entsteht. Auf der Uhd-blu-ray ist nur ein leichtes, angenehmes Rauschen ganz ohne Wachs-effekt sichtbar. Mag sein, dass die Zuschauer in den hinteren Reihen des Konzils immer noch recht unscharf sind und selbst die fokussierten Charaktere könnten brillanter sein. Dennoch sieht auf der Uhd-blu-ray alles sehr analog und organisch aus, selbst wenn man den Film auf einer großen Leinwand schaut. Für „Star Trek“-fans lohnt die Neuanschaffung der vier Fime also genau dann, wenn sie auf einer großen Bilddiagonalen schauen, sie auf kräftige, aber neutral eingepegelte Farben Wert legen sowie einen Faible für angenehmes Filmkorn ohne sichtbare Bildverschmutzungen haben. Die 4 Uhd-scheiben garantieren in diesem Fall das größtmögliche, Analogkino-naheste „Star Trek“-filmerlebnis.