The Marksman
Das Motiv von einem Liam-neeson-filmcharakter, der einen jüngeren Begleiter schützt und gefühlt gegen den Rest der Welt kämpft, kommt dem Zuschauer seit „Taken“ziemlich bekannt vor. Jedoch ist in „The Marksman“nicht alles so typisch, wie es anfangs erscheint. Der 11-jährige Miguel (Jacob Perez) ist ein Träumer, der für ein älteres Mädchen schwärmt und bei seinen Hausaufgaben gerne mal abschweift. Er wird jedoch brutal aus seiner Welt gerissen, als seine Mutter einen Anruf erhält. Ihr Bruder Carlos (Alfredo Quiroz) hat es sich mit dem mexikanischen Kartell verscherzt und seine Familie soll, neben ihm selbst, dafür büßen. Miguel und seine Mutter müssen überstürzt über die amerikanische Grenze fliehen. Die Handlung schwenkt nach Naco in Arizona, wo Jim Hanson (Liam Neeson), ein ehemaliger Scharfschüze des Marine Corp, in Bedrängnis ist. Da er seine Schulden nicht zahlen kann, sollen seine Viehranch und sein Haus verkauft werden. Er hat nur drei Monate Zeit, um sein Hab und Gut zu retten. Verzweifelt versucht er, an einen Job zu kommen, um wenigstens sein Haus behalten zu können. Jim ist ein rechtschaffener Mann, dessen Tochter Polizistin ist und der in einem Anflug von Patriotismus mit der Border Patrol und Polizei zusammen arbeitet. Für die beiden ändert sich jedoch alles, als ein Schleuser den Jungen und seine Mutter an die Grenze bringt. Die Flucht gleicht einem Selbstmordkommando, da das Kartell bereits vor Ort ist. Beherzt beschützt der ehemalige Soldat die beiden Flüchtigen und bietet dem Schurken Mauricio (Juan Pablo Raba) die Stirn. Eine Schießerei entbrennt, bei der Miguels Mutter tödlich verletzt wird. Mit ihren letzten Atemzügen handelt sie einen Deal mit Jim aus und verspricht ihm das Geld des Kartells, wenn er Miguel zu seiner Tante nach Chicago bringt.
Ein bewegendes Team
Was als bezahlter Auftrag beginnt, entwickelt sich immer weiter in Richtung Freundschaft. Eine ziemlich ungewöhnliche Freundschaft, denn sowohl Jim als auch Miguel sind gezeichnet vom Verlust geliebter Menschen, der Einsamkeit und einer gewissen Resignation. Durch kleine Gesten wird deutlich, dass Jim nicht nur ein eiskalter, abgebrühter Ex-marine ist, sondern unter seiner rauen Schale einen verdammt weichen Kern versteckt, den Miguel immer wieder zum Vorschein bringt. Der Film lebt von der bewegenden und gefühlvollen Dynamik der beiden. Emotionale Szenen, bei denen sich Jim und Miguel näher kommen und langsam, aber sicher ein Vertrauensverhältnis aufbauen, wechseln sich ab mit Schießereien und brutaler Action. Jim ist zerrissen, von Zweifeln geplagt, aber rafft sich entgegen aller Widerstände immer wieder auf, um seinem kleinen Kumpel auch weiterhin zu helfen. Ihre Charaktere sind gut getroffen, besitzen einige Tiefe und entwickeln sich im Laufe der Geschichte weiter, sowohl von ihren Motiven als auch ihrem Verhalten her. Leider kann man das von ihren Gegnern nicht behaupten. Sie sind das fleischgewordene Klischee von Menschen, die für das Kartell oder die Mafia arbeiten. Ihre Charaktere sind leider relativ flach und eindimensional dargestellt, obwohl zumindest Mauricio Ansätze von Motiven und einer Hintergrundgeschichte erkennen lässt. An Bild und Ton gibt es wenig auszusetzen. Ein gelungener Kontrast mit natürlicher Farbgebung und scharfen Details, die besonders gut in den emotional angehauchten Nahaufnahmen zur Geltung kommen, schaffen ein stimmiges visuelles Erlebnis. Das Audiovergnügen steht dem in nichts nach. Der einzige Makel stammt von der etwas zu hoch eingepegelten Dynamik. Klangqualität und Räumlichkeit gehen Hand in Hand mit einem passenden Soundtrack, der ganze Arbeit leistet, sowohl in den Actionsequenzen als auch den emotionaleren Dialogszenen.