LUPIN III. Daisuke Jigens Grabstein
Der Welt charmantester und gewitztester Langfinger ist zurück und wie üblich sorgen seine Diebeszüge unter seinen Gegnern für Aufruhr und lange Gesichter, unter seinen Freunden und Fans jedoch für Vorfreude auf spannende, humorvolle Abenteuer und ein Wiedersehen mit alten Bekannten. Von diesen fehlen dieses Mal jedoch einige.
Bevor im November endlich mit zweijähriger Verspätung der aufwändige Cgi-kinofilm „Lupin III – The First“an den hiesigen Gestaden aufschlägt, werden ungeduldige Fans mit der noch länger überfälligen Veröffentlichung von „Lupin III – Daisuke Jigens Grabstein“zu besänftigen versucht. Bei diesem Titel aus dem Jahre 2014 handelt es sich um den ersten von drei Ova-ablegern zur 2012er Anime-tv-serie „Lupin The Third – The Woman Called Fujiko Mine“.
Frivole Femme Fatale
Wie der Name schon sanft nahe legt, erhält in diesem Prequel zu den klassischen Geschichten Lupins Dauerrivalin, Gelegenheitsflamme und diebische Muse Fujiko Mine den Großteil der Aufmerksamkeit. Obwohl der Lupin-typische Humor hier und da aufblitzt, unterscheidet sich der bisweilen ausgesprochen finstere Erzählton doch ebenso auffällig von der heiteren Unbeschwertheit der Hauptserie, wie die visuelle Gestaltung es tut. Angelehnt an die stylish-grobe Strichführung der frühen Lupin-mangas verblüfft „The Woman Called Fujiko Mine“mit ungewöhnlichen Bildern, harten Kontrasten und schraffierten, fast schon skizzenhaften Schattierungen. Auch der Hang zu sexuellen Eskapaden in den ursprünglichen Comics von Monkey Punch findet sich in der Serie wieder, die ihrer Titelheldin immer wieder die Gelegenheit einräumt, ihren formschönen Körper von ohnehin schon meist hauteng sitzenden Hüllen zu befreien. Doch nicht nur die extravagante Optik und die fesche Heroine machen „The Woman Called Fujiko Mine“sehenswert, auch Geschichten, Themen und Motive heben die Serie
weit über billiges Exploitation-niveau hinaus. Umso bedauerlicher, dass die Serie bislang noch nicht den Weg nach Deutschland fand, und umso überraschender, dass dies nun ausgerechnet den drei Spin-off-ovas gelang, die nach dem Ende der Serie über einen Zeitraum von sechs Jahren in Japan veröffentlicht wurden.
Junge Jahre alter Helden
Jede der drei knapp einstündigen OVAS ist einem der klassischen Gefährten Lupins gewidmet und erzählt ein Abenteuer aus den frühen Jahren ihrer Bekanntschaft. Wenig überraschend widmet sich „Lupin III – Daisuke Jigens Grabstein“dem Schlapphut tragenden Revolverhelden und Meisterschützen im Team, eben jenem Daisuke Jigen, der noch einer Mücke den Stachel wegzuballern vermag. Diese Fähigkeiten könnten ihm nun das Leben retten, denn ausgerechnet ein feindlicher Scharfschütze hat es auf ihn abgesehen, der sich seiner tödlichen Meisterschaft derart sicher ist, dass er Jigen bereits einen Grabstein hat errichten lassen. Doch womit nur hat sich Jigen derart zur Zielscheibe gemacht? Könnte es etwas mit der vor einer Woche ermordeten Sängerin zu tun haben, zu deren Schutz Jigen angeheuert worden war? Oder mit der vertrackten politischen Situation der zwei verfeindeten Bruderländer West- und Ostdoroa, dem Heimatland der Sängerin? Oder mit der Diebesmission, die Jigen gerade mit seinem Kumpel Lupin im Begriff ist anzugehen? Was immer der Grund sein mag, mit solch einem Fadenkreuz im Rücken lebt es sich schlecht. Doch wäre Jigen nicht Jigen und Lupin nicht Lupin, wenn sie im Angesicht einer derartigen tödlichen Gefahr ihr Unternehmen abbrechen würden.
Traditionen und Innovationen
Wirklich neues inhaltliches Terrain beackert „Daisuke Jigens Grabstein“eher nicht, doch im Vergleich zu manch übergeschnapptem Lupin-abenteuer mit übernatürlichen Fabelwesen, grotesken Erfindungen und uralten mythischen Kulturen gibt sich der Film fast schon bodenständig. Die Mixtur aus diffiziler Mission, schönen Frauen (Fujiko schaut auch vorbei) und schnellen Autos vor dem Hintergrund einer politischen Krise erinnert im besten Sinne an alte James-bond-filme. Wie in der Hauptserie geht es aber auch im Ova-ableger
derber und expliziter zur Sache als von Lupin gewohnt. So wird blutig getroffen und gestorben, und Fujiko darf nicht nur blank ziehen, sondern muss sich auch sexualisierter Gewalt erwehren. Zugunsten der Stimmung glänzt Lupins tölpelhaft inkompetente Interpol-nemesis Inspektor Zenigata durch Abwesenheit, dessen ebenso hilflose wie alberne Eskapaden kaum zum recht grimmigen Thriller-plot gepasst hätten.
Durchaus zu Story und Atmosphäre passt hingegen die Präsentation der OVA. Takeshi Koike, am besten bekannt durch fetzige Anime-stilbomben wie „Redline“oder den „Animatrix“-beitrag „World Record“, übernimmt hier die Inszenierung, nachdem er bei der Hauptserie noch für Charakterdesigns und Animationsregie verantwortlich war. Die Bilder von „Daisuke Jigens Grabstein“sind zeitlos schick, die Animationen sauber und aufwändig, ohne allerdings je ins Spektakuläre abzudriften. „Gediegen“beschreibt sowohl Designs als auch Zeichnungen am Besten, doch diese Art künstlerisches Understatement steht der OVA ausgezeichnet.
Auch wenn die Geschichte zu Beginn ein wenig Schwierigkeiten hat, Fahrt und Richtung aufzunehmen, erweist sich „Daisuke Jigens Grabstein“als spannender Eintrag in die „Lupin Iii“-historie, den man durchaus ohne Vorkenntnisse der schon mehrfach erwähnten Hauptserie genießen kann. Ein echter Kritikpunkt ist jedoch die Art der Veröffentlichung selbst. Der übliche Preis ist recht happig für eine 50 Minuten-ova, zumal auch keinerlei Extras das Sehvergnügen verlängern. Hier hätte sich eine Gesamtveröffentlichung der Trilogie förmlich angeboten.